Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
heruntergelassen und die Unterhosen heruntergezogen, bis seine Hinterbacken schamlos entblößt gewesen waren.
Bernard hatte es nicht lassen können, zuzuschauen. Magnetisch hatte der abscheuliche Anblick seinen Blick auf sich gezogen.
Der Mann auf dem Fußboden weinte jetzt. Der Rotz lief ihm aus der Nase, und sein Mund zitterte und bebte. Wie besessen sagte er Gebete vor sich hin. Aber seine geschwungenen Lippen wurden immer näher an Stojáns von gekräuselten Haaren bedeckte Hinterseite herangezwungen.
Bernard hatte die Miene des Jugoslawen gesehen, als die nassen Lippen gegen seine Pobacken gedrückt worden waren: ein machtvollkommenes, lüsternes Grinsen. Sein verhangener Blick war der eines Siegers. Vorne beulte sein Hemd aus. Die Wollust schien vollkommen zu sein.
Und doch hätte Bernard schwören können, dass Stoján Stefanis nicht homosexuell war. Nein, das war der Rausch, jemanden ganz bezwingen zu können, die vollkommene Unterwerfung eines anderen im Kampf um Leben und Tod zu erleben. Das war es, was Stoján wirklich genoss, und das verschaffte er sich, wo immer er es bekommen konnte.
Es begann gefährlich zu werden, sehr gefährlich, sich auch nur in seiner Nähe aufzuhalten.
»So ist’s gut«, hatte Adrian gesagt und den am Boden zerstörten Tankstellenbesitzer an den Haaren hochgezerrt. »Das war doch gar nicht so schlimm, oder?«
Hinter sich her hatte er ihn an die Wand gezogen, ihn dort aufgestellt und die Binde vor seine Augen gebunden.
»So, jetzt ist’s gleich vorbei. Nur ruhig, ruhig! Jetzt müssen wir nur noch was machen, was du besser nicht siehst, weißt du. Still stehen bleiben, gleich ist’s vorbei.«
Und das war es gewesen. Stoján hatte seine Hose hochgezogen, war über den sauberen Fußboden geschlendert und hatte Adrian die Pistole aus der Hand genommen. Er hatte seinem Opfer die Pistole zwischen die Lippen gestoßen, ihn angegrinst, obwohl der andere nichts hatte sehen können, und abgedrückt.
Plötzlich war ein Kunde an eine der Zapfsäulen herangefahren, an denen man mit Karte zahlen konnte.
»Schnell, verdammt!«, hatte Bernard gezischt. »Durch die Hintertür! Ihr seid doch nicht ganz bei Trost, hört ihr, ihr Idioten!«
Sie verließen das Tankstellengelände durch die Büsche hinter dem Shop gerade in dem Augenblick, als ein weiterer Kunde auf den Vorplatz fuhr.
Wer nur tanken wollte, brauchte den Shop gar nicht zu betreten. Sehr bequem, diese Karten der Mineralölgesellschaften. Und der Kunde, der sie aufgeschreckt hatte, hatte bereits seine Quittung erhalten und die Tankstelle wieder verlassen. Aber derjenige, der nach ihm gekommen war, hatte Pech. Er benötigte eine Zündkerze, und es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Shop zu betreten.
Sie hatten ihn aus den dichten Büschen auf dem kleinen Lärmschutzwall heraus beobachtet und wussten alle drei, dass es höchste Zeit war, zu verschwinden.
»Das Los, wo zum Teufel ist das Los?«, hatte Adrian gefragt und erst zu spät eingesehen, dass er viel zu laut gesprochen hatte.
»Schnauze, du hast es doch in der Hand!«, hatte Stoján gezischt.
»Nein, das ist nur das eine. Er hatte zwei!«
»Verdammt, du Idiot, hast du nur das eine genommen?«
»Nein, beide, aber das hatte er bereits aufgerubbelt. Ich hatte sie beide, als wir den Kassentisch kontrolliert haben. Wo ist das andere?«
Stoján hatte gefährlich leise gesprochen, aber Bernards Wut war plötzlich noch gefährlicher gewesen als alles, was sie bisher gekannt hatten.
Er schrie nicht, er schlug nicht. Aber die vollkommene Eiseskälte, die aus seiner Stimme sprach, wenn er die absolute Grenze seiner Geduld erreicht hatte, war etwas, was sie zu respektieren gelernt hatten. Sie war es, die sie bisher auf Abstand gehalten hatte.
»Ihr Schwachköpfe«, hatte er gefaucht, »wenn ihr nicht mit diesem ganzen Unsinn beschäftig gewesen wärt, dann hätten wir Zeit gehabt, saubere Arbeit zu machen! Wer soll das jetzt beichten? Wer soll Alexej Igorin mitteilen, dass wir wegen eines fetten Kusses auf den Arsch die Sache versiebt haben? Wer?«
Darauf hatte niemand geantwortet, denn das war offenbar eine rhetorische Frage gewesen.
»Ja, das werde ich!«
Obwohl er den Wahnsinn in Stojáns Blick bemerkt hatte, war Bernard viel zu wütend gewesen, um nicht genau das zu sagen, was ihm auf der Zunge lag.
»Mit Vergnügen werde ich ihm das erzählen, Stoján. Er wird dich um genau dasselbe bitten, wozu du den armen Teufel da unten gezwungen hast!«
»Sei still,
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