Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
seufzte und dachte eine Weile nach. »Dort kenne ich allerdings nur einen Dozenten, der sich mit Licht und so beschäftigt.«
Er hielt den Atem an. Würde sie ihm wirklich endlich etwas anvertrauen?
»Dr. Corell, versuchen Sie es bei Hans Corell.«
»Megabit!«, hätte Sahlman jetzt vermutlich gesagt.
»Danke, noch einmal vielen Dank.«
Der Block ragte jetzt über ihnen auf. Groß, grau und wuchtig. Wie ein Riese hielt er ein wachsames Auge auf die Ebene von Schonen und ihren Flickenteppich aus fruchtbaren Äckern. Zu Füßen des Kolosses waren sie und die anderen Menschen nur Ungeziefer, das in seinem gewaltigen Schatten emsig hin und her eilte.
Wie war es wohl, an einem solchen Ort zu arbeiten?
An einem Arbeitsplatz, der so groß schien wie eine Welt für sich, abgeschirmt und autark wie ein Staat im Staate. Beiläufig fragte er sich, ob man dort auch eigenen Gesetzen gehorchte, die mit der Realität der Straße nichts zu tun hatten …
Er ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, ihr ein letztes Mal die Hand zu drücken, ehe sie durch den Personaleingang verschwand.
»Entschuldigung!«, rief er in letzter Sekunde.
»Ja?«
Fragend streckte sie ihren Kopf wieder durch die Tür.
»Mögen Sie das Meer?«, wollte er wissen.
»Natürlich!«
»Dann rufe ich Sie bei Gelegenheit an, wir müssen einen Ausflug machen!«
»Sehr interessant«, lautete der Kommentar, den Dr. Corell mehrmals wiederholte, »wirklich sehr interessant.«
Hill war wieder Richtung Schnellimbiss zurückgegangen, aber jetzt hatte nicht Hunger, sondern Wissensdurst seine Schritte gelenkt. Er hatte die Sölvegata überquert und war wieder zu dem Gebäude gekommen, das er am Vortag so übereilt verlassen hatte.
Heute kam es ihm angenehm bekannt vor, und dass ihm Catharina Elgh einen Namen genannt hatte, ersparte ihm das Herumirren in den abweisenden Korridoren.
Er hatte nur kurz den Übersichtsplan im Entree studiert und festgestellt, dass Dr. Hans Corells Büro in Zimmer 417 im zweiten Stock lag. Sein Namensschild hing exzentrisch schief, aber davon hatte sich Hill nicht abschrecken lassen, sondern angeklopft. Als er Katharina Elghs Namen nannte, wurde er mit weit offenen Armen empfangen. Hill hatte den Verdacht, dass er es sonst nicht so leicht gehabt hätte.
Obwohl es sich herausgestellt hatte, dass es sich bei Corell um einen älteren Herrn mit einer großen weißen Mähne handelte, so wie es das Klischee forderte, wurde Hill kindisch eifersüchtig und misstrauisch. Aber mit Rücksicht auf den dienstlichen Charakter der Sache versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen.
Mit zärtlicher Vorsicht legte Corell nun das merkwürdige Gerät auf einem Tisch auf ein weiches Tuch. Dann setzte er sich eine Spezialbrille auf und knipste eine irritierend grelle Lampe an. Er drehte das Gerät hin und her und fingerte daran herum, während Hill nachdenklich und schweigend auf dem Besuchersessel saß.
»Außerordentlich interessant! Woher kommt das, hatten Sie gesagt?«, wollte der Dozent schließlich wissen.
Hill erwachte aus seiner Versunkenheit, setzte sich auf und erklärte es noch einmal.
»Wirklich erstaunlich!«, rief der Dozent und betrachtete das Instrument noch einmal genau.
Wieder schien er die Anwesenheit Hills vergessen zu haben. Unablässig drehte Corell den Gegenstand hin und her.
»Das ist wirklich … erstaunlich.«
»Was?«, wollte Hill wissen und fand, dass es jetzt langsam an der Zeit sei, dass er etwas Vernünftiges erfuhr, sonst musste er den Versuch als gescheitert betrachten.
»Ich weiß da nur ein Institut … ja, ein anderes Projekt kommt da nicht in Frage«, murmelte Corell.
»Bitte?«
»Ja, Sie wissen schon …«
Corell entsprach wirklich in allem dem Klischee eines zerstreuten Professors. Auf seine interessante Auskunft folgte eine ewig lange, nachdenkliche Pause, und Hills Nerven wurden vor eine Zerreißprobe gestellt.
»… diese paramilitärische Unternehmung da drüben«, fuhr der Dozent endlich fort.
»Nein«, erwiderte Hill und zwang sich ruhig zu bleiben, »davon weiß ich nichts. Aber Sie dürfen es mir gerne erklären.«
»An der Helsingin Yliopisto.«
»Bitte?«
»In Helsinki natürlich, an der Universität.«
Aha! Helsingin Yliopisto, kein Problem.
»Aber worum geht es bei diesem Projekt?«, wollte Hill wissen und entschloss sich, die Erörterung des finnischen Worts für Universität auf später zu verschieben.
Ob er heute noch eine Antwort erhalten würde?
»Es handelt sich um
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