Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
Norden. Eiligen Schritts ging er die Norra Storgata entlang und war bereits auf der Höhe der Terrassen unterhalb des Festungsturms Kärnan angekommen. Spornstreichs eilte ihm Gårdeman hinterher; als er wieder ein Stück aufgeholt hatte, verlangsamte er seinen Schritt und sah zu, in Deckung zu bleiben.
Der Terminator ging noch ein kurzes Stück in nördlicher Richtung weiter und bog dann resolut nach links in die schmale Strömgränd ein, die direkt auf das geschäftige Einkaufsviertel Kullagatan zuführte, auf eine Fußgängerzone.
Was ein erhebliches Problem darstellte. Beschatten war auf der menschenleeren Straße relativ einfach, aber auf der Kullagatan war das Gedränge so groß, dass einem sogar der eigene Schatten abhanden kommen konnte.
Vielleicht hatte der Terminator ja einen Hintergedanken?
Gårdeman wurde plötzlich unsicher. Aber da sah er den roten Haarschopf auf einmal wieder über den anderen Köpfen weiter unten auf der Straße. Der Terminator war also auf dem Weg zum neuesten Shoppingcenter der Stadt, ins Magnus Stenbock, der Antwort der Innenstadt auf sämtliche Ladenpassagen und extravaganten Einkaufszentren der Vororte. Hier gab es alles, was der moderne Mensch brauchte, einschließlich einer Apotheke für Naturheilmittel, die den Terminator wohl kaum interessierte.
Gerade eben verschwand er im Gewimmel von Konsumenten im Kaufrausch. Aber damit würde Gårdeman schon klarkommen!
Hill kam sich lächerlich vor, als er Catharina Elgh endlich das geheimnisvolle Kästchen zeigte. Schließlich hatte er nicht den blassesten Schimmer, um was es sich handeln könnte.
Ihr Arbeitsplatz lag nur ein paar Hundert Meter weit von dem Schnellimbiss entfernt, und er begleitete sie dorthin. Im Augenblick tat sie in der Universitätsklinik von Lund Dienst, die im Volksmund einfach »der Block« genannt wurde, und da sie in der Notaufnahme arbeitete, war es wenig verwunderlich, dass sie nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen war.
Es war ihm ganz natürlich vorgekommen, sie zu begleiten, als seien sie bereits …
Außerdem hatte er, um die Wahrheit zu sagen, etwas Angst, dass sie einfach wieder verschwinden würde, wie an dem Abend in Berga. Er musste sich also anstrengen.
Anstrengen, um dieses Mal ein deutlicheres Interesse zu wecken.
Deswegen nutzte er die Gelegenheit, ihr von dem geheimnisvollen Metallkästchen zu erzählen und es ihr zu zeigen, während sie den Fußgänger- und Fahrradweg zur Notaufnahme entlanggingen. Er wollte sie unwiderruflich in seine Angelegenheiten verwickeln. Vielleicht sollte sie sich auch seiner erbarmen und ihm in dieser rätselhaften Welt der Gelehrsamkeit, die schließlich ihr ureigenstes Element war, den Weg weisen.
Und sie zeigte wirklich Interesse.
Das konnte er an ihren Gesten erkennen. Sie wandte sich ihm zu und gestikulierte ausdrucksvoll. Plötzlich hatte sie eine brillante Idee.
»Es könnte sich um ein optisches Gerät handeln, aus der Lichtforschung, das noch in der Erprobungsphase ist. Muss man es ans Netz anschließen?«
»Nein, offenbar nicht. Es hat eine Batterie.«
»Okay, dann kann man davon ausgehen, dass das Gerät nicht für den ständigen oder regelmäßigen Einsatz vorgesehen ist.«
»Nein, vermutlich nicht. Da würde man bei Batteriebetrieb nicht weit kommen.«
»Also, nur zum gelegentlichen Einsatz«, lautete ihr unvermeidlicher Schlusssatz.
»Aber was für Gelegenheiten?«
Sie fand plötzlich, dass er sie wie ein kleiner Cockerspaniel ansah, erwartungs- und hingebungsvoll, und wurde wieder etwas reserviert.
»Keine Ahnung. In der Notaufnahme haben wir solche Dinger jedenfalls nicht.«
»Aber Sie bedienen sich dort doch auch modernster Technik, Ultraschall und so?«, beharrte er.
»Doch, schon, aber …«
»Und technische Neuerungen gibt es doch auch ständig, optische Methoden, um Krankheiten und fremde Stoffe nachzuweisen?«
»Das stimmt«, musste sie zugeben.
»Wer an der Universität versteht sich auf so was? Bei wem fragen Sie normalerweise nach?«
»Am ehesten bei den Physikern.«
Mit einem Mal war sie wesentlich zugeknöpfter. Vielleicht lag das daran, dass sie sich der Notaufnahme näherten. Ihre gemeinsame Zeit näherte sich unerbittlich dem Ende. Die Pflicht rief sie beide. Kranke Menschen benötigten ihre Betreuung und Tote seine Nachforschungen.
Das Beste war, keine weiteren Umschweife zu machen.
»Kennen Sie da jemanden? Ich meine, bei den Physikern. Jemanden, den ich fragen könnte?«
»Doch, an sich …« Sie
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