Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
zweifellos für überaus bemerkenswert, dass der Anführer der Gangster aus Lönnarp über den Lunch genau dort gewesen war, im Chez Lulu, einem Geschäft für eher ungewöhnliche Damenwäsche, von dem er noch am Vortag versichert hatte, es sei ihm unbekannt.
Gårdeman war plötzlich nicht mehr hungrig, wofür er nicht undankbar war. Sofort erwachte sein Jagdinstinkt, und er drückte sich in eine der Nischen zwischen den Strebepfeilern der Kirche, wo ihn der Terminator nicht sehen konnte.
Der rotbärtige Anführer der Rockerbande hatte zwar keine Plastiktüte aus dem Geschäft dabei, grinste aber so zufrieden, dass sich Gårdeman über die Natur seines Besuches dort keine Illusionen machte.
Auffallend gut gelaunt ging der Terminator die Norra Kyrkogatan entlang und pfiff dabei vor sich hin. Das passte Ulf Gårdeman ausgezeichnet. In dieser Verfassung wurden Leute unvorsichtig und ließen sich leicht beschatten.
Vorsichtig trat er aus dem kühlen Schatten der Kirchenmauer und überquerte die Straße. Den anderen ließ er dabei nicht aus den Augen.
Als der Bandenführer plötzlich stehen blieb, tat der Beamte so, als sei er ganz in die staubige Auslage eines Trödlers versunken. Einen Moment lang schien sich der Terminator tatsächlich zu erinnern, dass er alle Vorsicht hatte fahren lassen, und nutzte die Gelegenheit, das Schaufenster eines Süßwarengeschäfts in Augenschein zu nehmen, das an der Ecke unterhalb der rhododendrongesäumten Hallbergstreppe lag.
Gårdeman war sicherheitshalber bereits in den Kellerräumen des Trödlers verschwunden. Der Terminator würde also nichts Außergewöhnliches sehen, wenn er seine Umgebung im Spiegelbild des schmutzigen Schaufensters des Süßwarengeschäfts absuchte.
Und deshalb breitete sich sofort wieder ein zufriedenes Grinsen auf seinen Zügen aus. Er ging die Fußgängerzone Södra Storgatan in nördlicher Richtung weiter, fest davon überzeugt, allein zu sein.
Gårdeman hatte gleichzeitig alle Hände voll zu tun, unbehelligt zu bleiben, denn nur selten verirrte sich ein Kunde in den Laden des Trödlers. Für den Inhaber ging es jetzt darum, das Möglichste aus dieser Gelegenheit zu machen.
»Guten Tag, womit kann ich dienen?«, erkundigte er sich eilfertig. »Interessieren Sie sich für alte Ansichtskarten? Die finden in letzter Zeit immer mehr Liebhaber, und ich kann Ihnen versichern, dass ich einige Raritäten zu bieten habe. Hier sind noch mehr, falls Sie nach hinten kommen wollen.«
»Danke, nicht nötig«, versicherte Gårdeman, der schon wieder auf der Treppe war. »Ich wollte mich nur rasch umsehen.«
»Natürlich, natürlich, kein Problem. Wir haben gerade viele schöne Sachen reinbekommen. Was sagen Sie zu einem echten russischen Samowar mit Griffen aus feinstem Ebenholz?«
»Nein … nein danke«, sagte Ulf abwehrend und schaute vorsichtig auf die Straße.
Der Terminator war verschwunden.
»Vielen Dank, ich komme in den nächsten Tagen wieder«, versuchte Gårdeman sich aus der Affäre zu ziehen.
»Aber das hier«, meinte der Ladenbesitzer beharrlich, »das ist heute erst reingekommen. Das ist eines von Haile Selassies Champagnergläsern, geschliffenes schwedisches Kristallglas.«
»Interessant«, meinte Ulf und sah nicht so aus, als würde er das wirklich meinen. »Ich werde das mal mit meiner Frau besprechen, dann lasse ich wieder von mir hören.«
Der Inhaber des Trödlerladens hatte noch mehr feilzubieten und hob einen Finger, um die Bedeutung von dem, was er zu verkaufen hatte, zu unterstreichen. Aber der Kunde war bereits verschwunden. Genauso schnell und unvermutet wie er aufgetaucht war.
Gårdeman wetzte zur Ecke mit dem Süßwarenladen und sah erstaunt auf die Hallbergstreppe hoch. Die ganze Zeit war er davon ausgegangen, dass der Terminator dorthin unterwegs wäre, da oberhalb ein großer Parkplatz lag.
Aber keine Menschenseele stieg die steile Treppe hinauf. Vielleicht war der Terminator wirklich in den Süßwarenladen an der Ecke gegangen, um sich etwas zu kaufen?
Gårdeman warf einen verstohlenen Blick in den Laden, aber dort war es ebenso leer wie beim Trödler.
Er geriet in Panik. In der Frühlingswärme brach ihm der kalte Schweiß aus, und er stierte in alle Richtungen. Jetzt ging es um seine Berufsehre. Das durfte einfach nicht passieren, dass man jemanden aus den Augen verlor. Wirklich überaus stümperhaft! Dass gerade ihm das passieren musste, gefiel ihm nicht.
Da!
Da war er! Der Terminator war auf dem Weg Richtung
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