Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
zwischen den Wänden wider und drang vom Kaffeeautomaten zu ihm.
Er hatte bereits das Gefühl, gerettet zu sein, noch ehe er das Lachen als ihres identifiziert hatte.
Er schob seinen Schreibtischstuhl so heftig zurück, dass es an der Wand einen hässlichen Kratzer gab. Ohne sich weiter darum zu kümmern, eilte er auf den Gang, ehe noch jemand anderer Susanna mit Beschlag belegen konnte.
»Susanna, hallo!«
»Hallo, Joakim, wie … geht es dir?«
Sie starrte in sein blau geschlagenes Gesicht und brachte den Satz eher automatisch zu Ende. Dann dachte sie einen Augenblick nach. Die nächste Frage ergab sich fast von selbst:
»Was hast du jetzt schon wieder angestellt?«
»Eine lange Geschichte, Susanna. Ich brauche deine Hilfe.«
»Wann?«
»Tja … passt es … jetzt gleich?«
Sie hielt den Stapel Papier hoch, den sie in den Händen hielt. Ihr Pflichtgefühl trug einen Kampf gegen den Wunsch aus, dem Freund einen Gefallen zu tun. Er schämte sich nicht im Geringsten, sie zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
»Ich kann dir solange alles erzählen. Bitte!«
Sie lächelte.
Sie lächelte mit funkelnden Augen. Das gefiel ihm immer so gut. Und so unglaublich das noch vor einem Augenblick gewirkt hatte, schien plötzlich die Sonne direkt durch die Wände zu scheinen. Sie war an diesem Morgen die zweite Person, die ihm zu seiner Rache verhalf.
»Okay, let’s roll, Hillie.«
Offenbar sah sie sich ebenfalls häufiger Polizeirevier Hill Street an. Aber er war für ihre Zusage dankbar, besonders an einem Tag wie diesem. Heute genügte es nicht, einfach anzurufen und zu sagen, man sei von der Polizei. Das würde die Leute nur misstrauisch machen, und sie würden einem nicht erzählen, was man wissen wollte.
Wenn sich hingegen Susanna das Telefon hinters Ohr klemmte, war sie eine Naturbegabung und außerdem eine hervorragende Schauspielerin. Höflich und korrekt, wenn das erforderlich war, und kollegial informell, wenn das besser funktionierte. Vom Tonfall her abwechselnd Sekretärin und Chefin. Dadurch brachte sie die Leute dazu, ihr Informationen anzuvertrauen, die sie normalerweise für sich behalten hätten, oder ihr zu sagen, an wen sie sich stattdessen wenden sollte. Langsam, aber sicher ergab sich dann ein immer deutlicheres Bild.
»Penninglotteri?«, fragte sie und klemmte den Hörer zwischen Kinn und Schlüsselbein, um die Hände frei zu haben, »guten Tag, hier ist die Polizei Helsingborg. Ich würde gern mit jemandem sprechen, der …«
Es hatte Zeit und Mühe gekostet, ins Allerheiligste des Glücksspielhimmels vorzudringen, aber schließlich war es Susanna geglückt.
Sie hatte den Chef der Lotterie oder zumindest seine Sekretärin persönlich an der Leitung.
Was Susanna da behaupte, sei vollkommen unmöglich, meinte die eine Spur beleidigte Dame.
Es ginge einfach nicht, die Rubbellose der Penninglotteri zu durchleuchten. Das stelle schon die Folie sicher. Und dafür garantiere auch ein Notar durch genaueste Kontrollen.
Aber als es Susanna endlich gelungen war, die Fakten über die neuen Forschungen, der sie auf die Spur gekommen waren, zu vermitteln, und die fatale Information erst einmal verarbeitet war, fand die Dame das alles unerhört!
Dass jemand so durchtrieben, so frech und so unehrlich sein könne! Schließlich stehe das Ansehen der gesamten Penninglotteri auf dem Spiel. Das sei vollkommen unerhört!
Susanna verzog das Gesicht und warf Hill einen viel sagenden Blick zu. Wie einfältig durfte man sein? Ging es um Geld, dann blieb natürlich nichts unversucht. Daran dachten die properen Leuten natürlich nicht, die im Garten ihres Eigenheims kein Unkraut hatten. Sie dachten keinen Augenblick an die schwarzen Schafe der Gesellschaft, die Unterwelt, die sich am Überfluss der Konsumgesellschaft bediente.
Susanna hörte, dass die Stimme am anderen Ende der Leitung unglücklich klang.
Das sei ein fürchterliches Verbrechen gegen die gesamte staatlich kontrollierte Lotterie! Wie sollte die Öffentlichkeit noch länger ihren Trissbingo-Rubbellosen vertrauen, wenn das erst ruchbar werde? Ganz zu schweigen davon, dass es zu solchen abscheulichen Gewalttaten führe. Ob sie sicher seien, dass das eine mit dem anderen zu tun habe? Ob es sich nicht einfach um einen unglücklichen Zufall handeln könne?
Das nicht, nein.
Wie sie helfen könnten? Wie den Hooligans das Handwerk gelegt werden könne?
Susanna ging davon aus, dass mit Hooligans die Verbrecher gemeint waren, und hakte nicht nach.
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