Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
getrieben wissen.
»Ja, weißt du, unkonzentriert, als wäre man lieber ganz woanders.«
Catharina lachte und kam sich ertappt vor.
»Ganz und gar nicht«, versicherte sie wahrheitswidrig und nahm ihr Tablett, »da besteht keine Gefahr. Bis bald.«
Im Fahrstuhl des Krankenhauses sah sie ein, dass es unvermeidlich war.
Im Personalzimmer setzte sie sich in einen durchgesessenen Sessel und wählte die Nummer von Joakim Hill. Besetzt.
Erst als sie schon mit ihrem Erdbeerjoghurt angefangen hatte, kam sie durch.
»Hill.«
»Was machen die Blessuren heute?«
»Catharina?«
»Ja, hattest du mit jemand anderem gerechnet?«
»Ja, in der Tat. Mit der Bankaufsicht.«
Sie war enttäuscht und holte rasch Luft.
»Aber ich unterhalte mich viel lieber mit dir«, versicherte er eilig. »Wie geht es dir?«
Sie aß den letzten Löffel Joghurt und beschloss, das Käsebrötchen bis zum Nachmittagskaffee aufzuheben.
»Gut, die Arbeit ist etwas stressig.«
»Hier auch«, erwiderte Hill ungerührt. »Ich habe den Eindruck, dass wir langsam Fortschritte machen.«
»Gut.«
»Was machst du gerade?«, wollte er wissen.
»Ich esse, aber dann muss ich wieder arbeiten … bis sechs!«
»Klingt gut, kann ich dich heute Abend zurückrufen?«
»Klar, ich bin zu Hause.«
Hill verstummte vollkommen. Was sollte er sagen? Kuss?
Catharina half ihm aus dieser Verlegenheit.
»Joakim, du willst doch nicht etwa … diesen Typen selbst hinterher?«, wollte sie wissen.
»Ich weiß nicht, vielleicht.«
Sie schwieg eine Sekunde und beendete dann das Gespräch. »Sei auf jeden Fall vorsichtig. Bis dann!«
»Klar.«
Hill saß lange mit dem Hörer in der Hand da und starrte dumm auf den leeren gelben Besuchersessel vor sich.
Auf ihre Art hatte sie zumindest Kuss gesagt!
Jetzt hatten sie drei zu je einer halben Million.
Außerdem besaßen sie sieben zu 5000, fünfzehn zu 10000, achtzehn zu 1000 und einen Millionengewinn. Als sie den Gewinn zu einer halben Million in Landskrona geholt hatten, hatten sie fast zu viel riskiert. Aber jetzt war Bernard froh, dass es ihnen wirklich gelungen war.
Es handelte sich um große Summen. Sogar in Schweden war dieser Betrag nicht zu verachten, und wenn er erst einmal gewaschen und in Ostvaluta gewechselt war, war er regelrecht gigantisch. Auch wenn sie nur einen kleinen Teil abbekamen, so war dieser doch noch beträchtlich im armseligen Riga, wo die meisten kaum genug zu essen hatten.
Aber leider hatten sie auch zwei Nieten. Lose, die der Scanner nicht korrekt durchleuchtet hatte. Sie waren als Hauptgewinn gedeutet worden, waren aber in Wirklichkeit Nieten gewesen. Aber dieses Risiko mussten sie eben eingehen. Sie hatten von Anfang an Nieten einkalkuliert, aber das milderte nicht die Enttäuschung.
Nieten war im Übrigen ein Ausdruck, der im Augenblick auch sehr gut auf seine Kollegen gepasst hätte.
Stoján döste vor dem Sportkanal im Fernsehen, und Adrian bearbeitete im Badezimmer seine Pickel. Ihre Runde war ertragreich, aber auch anstrengend gewesen. Und noch war sie nicht zu Ende.
»Du, auf dieses Weib da in der Waldlichtung ist irgendwie kein Verlass!«, rief Adrian und goss Rasierwasser auf einen eben ausgedrückten Pickel. »Ich meine bloß. Sie wirkt irgendwie verschlagen.«
»Sehen nicht alle so aus?«, zischte Bernard verärgert.
Er ließ sich nicht gerne bei der Abrechnung stören. Das gefiel ihm überhaupt nicht. Den Gewinn auszurechnen und das Beenden der Operation zu planen waren das Einzige, was ihm an diesen langweiligen Abenden in den Hotel- und Pensionszimmern überhaupt Spaß machte.
»Ich sag das ja nur.«
Adrian war ebenfalls reizbar. Das war er immer, wenn er sich mit seinen Pickeln befasste. Vielleicht hatte er einfach Urlaub in Riga nötig. Er brauchte eine Frau und musste sehen, dass Hormone und Nerven wieder in Ordnung kamen.
Jetzt waren sie schon lange von zu Hause weg. Aber die Regeln waren in dieser Beziehung eindeutig – Finger weg von den Frauen! Ist man darauf aus, eingebuchtet zu werden, dann lässt man sich während der Arbeit mit Frauen ein. Man benimmt sich auffällig und erhöht dadurch das Risiko, identifiziert werden zu können. In diesem Punkt gab es kein Pardon. Während eines Auftrags lebten sie wie Mönche.
Mördermönche.
Aber nach einiger Zeit zeigten sich die Nachteile. Die Natur forderte ihr Recht, und Adrian war vermutlich derjenige, dem die Frauen am meisten fehlten. Es war fast schon lächerlich. Man sah es ihm fast an, wenn er
Weitere Kostenlose Bücher