Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
Scherz, ein Scherz, dem Hill überhaupt nichts abgewinnen konnte.
Nach dem Mittagessen würde er vielleicht Bescheid bekommen. Könne er bis dahin nicht irgendwelche Büroarbeiten erledigen?, schlug Harry Runsten vor und versprach, sich so bald wie möglich wieder zu melden.
Ulf Gårdeman klopfte rasch an den Türrahmen und riss Hill damit aus seinen unzähligen Überlegungen.
»Wie ist die Lage, Hill?«
»Beschissen.«
»Wieso beschissen?«
»Hier«, sagte Hill und reichte ihm das Fax.
Gårdeman überflog die Mitteilung. Er war zwar mit dem Fall nicht sonderlich vertraut und verstand – wie Hill im Übrigen auch – nicht so ganz, was vorging, aber er begriff, dass dieses Fax Hill stresste, obwohl er nicht recht wusste, warum.
»Und?«
»Das könnte sie sein!«, rief Hill entrüstet.
»Ach?«
Gårdeman starrte noch eine Weile auf das Fax, aber es sagte ihm trotzdem nichts.
»Wer?«, wollte er schließlich wissen.
Hill sah ein, dass er sich erneut auf einem Egotrip befand.
»Entschuldige, ich meine sie hier«, sagte er und deutete auf Elin Starbecks Namen auf dem glatten Papier. »Sie ist eine gute Kandidatin für unsere Tankstellenmörder.«
Jetzt sprach das Blatt, das Gårdeman in der Hand hielt, plötzlich laut und deutlich zu ihm. Zur Sicherheit las er es noch ein drittes Mal.
»Aber dann ist es doch verdammt eilig!«, rief er.
»Richtig«, pflichtete ihm Hill bei, »verdammt eilig. Wenn es wirklich die Richtige ist, dann lebt sie verdammt gefährlich. Und hier sitzen wir und drehen Däumchen.«
»Warum?«
»Weil die Führung sich erst noch über die PR einigen will. Für den Fall, dass wir die Sache versieben.«
»Dass die Reklame heutzutage so eine große Rolle spielen muss. Aber was glauben die erst, was passiert, wenn du dorthin kommst, und zwar zu spät?«
»Das ist wirklich eine gute Frage.«
Hill klang verärgert und teilte Susanna über die Wechselsprechanlage mit, dass in dieser Sache bestenfalls nach dem Lunch etwas entschieden würde. Die Zeit bis dahin würde ihnen lang werden.
Aber Gårdeman hatte wirklich nicht die Absicht, zuzusehen, wie sein Kollege dasaß und den Kopf hängen ließ. Er erinnerte ihn daran, dass sie eine Verabredung zum Mittagessen hatten: ein heimliches Treffen mit dem Chef der Rockerbande aus Lönnarp.
Satt würde Hill bei diesem Lunch nicht werden, aber er fühlte sich bereits gestärkt bei dem Gedanken, dass er jetzt endlich die Namen seiner Peiniger erfahren würde.
Jonas D. schluckte so angestrengt, als er die unerwarteten Gäste vor der Tür sah, dass sein Adamsapfel auf seinem jugendlich-pickligen Hals auf und ab tanzte.
Den Terminator und seine Jungs waren die Letzten, die er jetzt treffen wollte, aber es blieb ihm nichts anderes übrig.
»Nein, aber – so eine Überraschung«, brachte er zum Schluss über die Lippen.
Jedenfalls tischte er ihnen keine Lüge auf, zumindest nicht in diesem Fall.
Es war ganz offenbar, dass sie ihn überrascht hatten. Sittsam hielt er sich ein T-Shirt um die Hüften und fingerte nervös an den Ärmeln, mit denen er es zusammenhielt. Offenbar hatte er nicht vorgehabt, jemanden in die Wohnung zu lassen, aber jetzt blieb ihm nichts anderes übrig.
»Die gefallen dir doch«, sagte der Terminator und drängte sich an dem Jungen vorbei in die Diele, »solche Überraschungen.«
Den Terminator ließ man in die Wohnung, ob man wollte oder nicht. Mit den Männern in seiner Gesellschaft wollte Jonas ebenfalls keinen Streit anfangen. Sowohl Raymond als auch Käge waren in der Stadt bekannt dafür, nicht zimperlich zu sein.
»Wir müssen uns unterhalten«, meinte der Terminator mit falscher Freundlichkeit.
Jetzt war nicht der Augenblick, Einwände zu haben. Das sah sogar Jonas D. ein.
Die Besucher machten sich nicht einmal die Mühe, ihre Schuhe auszuziehen. Offenbar – das hoffte zumindest ihr unfreiwilliger Gastgeber – hatten sie nicht vor, länger zu bleiben.
»Wir suchen nach so ein paar Typen, mein Junge. Aus dem Osten, vielleicht aus Polen oder Tschechien? Weißt du da was?«
Der Terminator richtete seinen katzengrünen no-nonsens Blick auf Jonas D.
»Tja … was soll ich sagen. Wie sehen sie aus?«, fragte er mit matter Stimme. »Wie heißen sie denn?«
»Der eine ist schon etwas älter. Klein und etwas glatzköpfig. Die anderen sind jünger und mittelgroß. Der eine blond, der andere schwarzhaarig. Der Schwarzhaarige wird Stoján genannt.«
»Stoján?«
Jonas spielte dumm und gewann dadurch ein paar
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