Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
Jönköping gefahren waren.
Bernard war es zwar gelungen, die Stimmung während der Autofahrt nicht ganz abstürzen zu lassen, indem er den anderen versprochen hatte, dass sie abends ausgehen würden. Es wirkte klüger, die Jungen, wenn sie das nun so dringend brauchten, in einer Stadt loszulassen, in der sie noch nie zuvor gewesen waren. Dort riskierten sie es nicht, jemandem zu begegnen, den sie von früher kannten – oder der sie erkannte.
Er hatte also die Kreditkarte benutzt. Mit einer einfachen Handbewegung war es ihnen ermöglicht worden, in das große Hotel an der Autobahn mit seinem Gewirr aus Korridoren einzutauchen. Endlose Korridore mit anonymen, absolut identischen kleinen Zimmern, die alle gleich bequem waren.
Ihm würde diese Karte fehlen, wenn er erst einmal zurück in Riga sein würde. Diese praktische kleine Kreditkarte, die einfach überall zu gebrauchen war.
Vielleicht würden die wirtschaftlichen Verhältnisse sogar einmal zu Hause in Lettland besser werden, und dann wäre er der Erste, der sich eine Kreditkarte zulegen würde. Die, die er jetzt benutzte, gehörte eigentlich Alexej Igorin, und er war ihm über jeden Posten Rechenschaft schuldig.
Es war fast lachhaft, wie einfach alles war, wenn man nur die Karte und den gefälschten Personalausweis vorzeigte. Als hätte man den Goldenen Schlüssel der Stadt verliehen bekommen. Bernard gefiel das wirklich. Man bekam Essen und Trinken auf den Tisch, ein sauber bezogenes Bett und ein weiches Kissen, sobald man mit den beiden Utensilien wedelte.
Und das Wunderbare war, wie gesagt, dass es dann Alexej Igorins Sache war, für die Kosten aufzukommen.
Sehr bequem, Bernard würde die Karte wirklich fehlen.
Im Unterschied zu Stoján Stefanis. Zurück in Riga, würde er als Erstes versuchen, diesen elenden Typ loszuwerden. Stoján schien das nicht recht zu verstehen, aber Bernard hatte Kontakte in Riga, mit denen nicht zu spaßen war. Sie würden diesem Scheißkerl noch einiges an Demut beibringen.
Mit Adrian war das jedoch etwas anderes. Wenn er nur etwas reifer würde, sich zusammennahm und wieder seinem alten Selbst glich, dann wäre Bernard der Letzte, der sich weigern würde, mit ihm zusammenzuarbeiten.
Nein, Adrian war okay. Dieser Stoján war nicht in Ordnung. Krank im Kopf, um es ohne Umschweife zu sagen.
Stoján hatte auf der Fahrt nicht viel gesagt, aber seine bloße Anwesenheit hatte Adrian bereits aufgeheizt. Wenn sie erst im Hotelzimmer waren, dann war nichts mehr zu machen. Diese Fernsehsender, für die man extra bezahlen musste, hatten eine fürchterliche Wirkung. Es gab nicht einmal eine Handlung und auch kein Drehbuch in den Filmen, die dort gezeigt wurden! Nur abartigen Sex und perverse Gewalt. Sex von einer Art, dessen Anziehung Bernard nie begriffen hatte.
Seine eigene kleine Jalinka war in Liebe und Zärtlichkeit gezeugt worden, nicht dadurch, dass er jemanden erniedrigt hatte, was diese perversen Typen vorzuziehen schienen.
Mit unheimlichem Instinkt hatte Stoján sofort den richtigen Kanal gefunden, als sie das Zimmer betreten hatten. Er warf sich aufs Bett und war nicht mehr ansprechbar.
Bernard hatte sich im Badezimmer eingeschlossen. Schon den ganzen Tag hatte ihm sein Magen zu schaffen gemacht. Sicher der Stress oder vielleicht was, was er gegessen hatte. Er ließ sich Zeit, las die Hotelbroschüren und entspannte sich.
Es war wie eine Befreiung, als sein Magen endlich die Entschuldigungen für die schlechte Behandlung, die er ihm zugemutet hatte, akzeptierte und wieder in Gang kam.
Anschließend war die warme Dusche ein Genuss gewesen, den er nötig gehabt hatte. Solchen Luxus war er von zu Hause nicht gewohnt. Seife, Handtuch, saubere Fliesen und unbegrenzte Mengen dieses Wassers, das wahre Wunder wirkte. Darauf zu verzichten, daran würde er sich auch erst wieder gewöhnen müssen, wenn ihr Auftrag in Schweden so allmählich abgeschlossen sein würde.
Er fühlte sich wie ein anderer Mensch, als er die Badezimmertür wieder öffnete. Gestärkt, erleichtert und voller Zuversicht. Hungrig auf die Leckerbissen, die das Hotelrestaurant bereithielt laut der Broschüre, die er gerade gelesen hatte.
Stoján saß kerzengerade im Bett.
Seine Augen glühten, und sein trainierter Brustkorb bewegte sich hektisch.
Die rothaarige Frau auf dem Bildschirm schrie herzzerreißend. Schniefte und bat um ihr Leben und wurde dann doch mit einem Rasiermesser verstümmelt. Stoján nahm nicht einmal für eine halbe Sekunde seinen
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