Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten
engen Straße zur Verfügung standen, beteiligen zu müssen.
Plötzlich flog die Tür hinter ihm auf. Er bekam sie in den Rücken und wurde schonungslos weiter in die winterkalte Wirklichkeit gedrängt.
»Oh, Verzeihung! Bist du das, Joe Hill?« Der Kollege, Polizeiinspektor Ulf Gårdeman, legte entschuldigend die Hand auf seine Schulter.
»Tut mir Leid, das wollte ich nicht. Alles in Ordnung?«, fragte er aufrichtig besorgt.
»Ach, du bist das, alter Rowdy?«, lachte Hill. »Nein, so schlimm war es nicht, keine Angst. Machst du auch Feierabend?«
»Ja«, sagte Gårdeman zufrieden, »wie schön, endlich mal ein bisschen früher Schluss zu machen.«
Hill nickte zustimmend.
»Ich hab auch keine Ahnung, warum es heute so ungewöhnlich ruhig war«, fuhr Gårdeman fort, schauderte und schlug den Mantelkragen hoch. »Es könnte ja sein, dass der erste knackige Frost seine kühlende Hand über die Unterwelt legt. Doch die gewöhnt sich leider rasch, und deswegen ist es wohl am besten, wir nutzen die Ruhe, so lange sie anhält.«
»Dagegen ist nichts einzuwenden«, meinte Hill. »Gehst du direkt nach Hause?«
»Ja, und zwar schnurstracks«, versicherte Gårdeman. »Muss nur noch kurz ein paar Sachen einkaufen. Ich hab vor, Lena heute Abend mit etwas richtig Raffiniertem zu überraschen, wenn sie von der Arbeit kommt.«
»Mhm, hört sich gut an«, gab Hill fröstelnd von sich, als würde er an etwas ganz anderes denken. »Ja, so oft kommen wir ja nicht in den Genuss«, fügte er hinzu. »Und was planst du Leckeres?«
Ulf Gårdeman war nicht nur ein geschickter Fahnder, den seine typisch schonische Geduld auszeichnete, sondern auch ein Gourmet. Lena behauptete allerdings nachdrücklich, dass er alles andere als jovial und geduldig war, wenn er in der Küche wirbelte. Da trieb er mit starkem Enthusiasmus seine Kochkunst in ungeahnte kulinarische Höhen und war nicht eher zufrieden, bevor das Essen auf dem Tisch stand und die Weinflasche entkorkt war.
»Ich dachte an etwas ganz Einfaches«, führte er enthusiastisch aus. »Was hältst du von … Schweinefilet mit frischen Champignons an Sahnesoße und einem knusprig goldenen Kartoffelgratin?«
»Klingt nicht schlecht«, sagte Hill abwesend, denn gerade war ihm eine Idee gekommen.
»An einem solchen Abend muss das Essen sättigen und wärmen«, erklärte Gårdeman. »Die Finessen gehören dem Wochenende. Ich habe übrigens neulich eine brasilianische Rezeptsammlung im Internet gefunden …«
»Ich selbst dachte an einen Hamburger und eine Tüte Pommes«, unterbrach Hill die kulinarischen Ausführungen seines Kollegen polemisch.
»Oh, Mann.« Gårdeman schlug sich die Arme um den Oberkörper, um die Wärme zu halten.
»Da fällt mir ein, ich könnte ja auch nach Lund fahren und Catharina überraschen. Sie hat bis um sieben Dienst. Aber um die Zeit ist der Abend ja noch jung – also, wer weiß?«
Die Ärztin Catharina Elgh aus Lund war völlig unvorhergesehen im Frühling in sein bis dahin so eingleisiges Leben getreten. Gerade als das Grün am zartesten gewesen war und er mit seinen verdammten Rubbellosmorden dagestanden hatte.
Sie war eine der Hauptzeuginnen in diesem Fall gewesen, und Hill hatte es nie so sehr genossen, eine Zeugenaussage aufzunehmen und die Details doppelt zu kontrollieren. Ihre Intelligenz, gepaart mit ihrem durchtrainierten, verführerischen Körper hatten einen höchst stimulierenden Einfluss auf ihn. Außerdem waren ihm ihre Fertigkeiten als Ärztin schneller, als er hätte ahnen können, zugute gekommen. Ein romantisches Abendessen auf der Sundfähre Aurora war völlig anders als geplant abgelaufen, aber immerhin hatte sie ihn hinterher liebevoll und geschickt verpflastert, nachdem ein paar ziemlich brutale Typen geglaubt hatten, ihn auf bequeme Weise zum Schweigen bringen zu können.
Seitdem waren sie einander stetig näher gekommen, und sein Wunschtraum war ebenso sanft wie leidenschaftlich Wirklichkeit geworden. Sie waren jetzt gewissermaßen ein Paar – wenn auch räumlich getrennt.
»Ja, klingt auch gut«, erwiderte Gårdeman ebenso fröstelnd. »Viel Spaß dann!«
Er machte sich auf den Weg zum Lebensmittelgeschäft, dessen erhellte Front sich hinter dem Parkplatz abzeichnete.
»Warte«, sagte Hill, »ich glaube, ich leiste dir Gesellschaft! Ich brauche noch Milch und Butter, bevor ich mich auf den Weg nach Süden mache. Falls sie danach mit zu mir kommt, muss ich ja ein gutes und nahrhaftes Frühstück anbieten
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