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Kommissar Morry - Das Phantom

Kommissar Morry - Das Phantom

Titel: Kommissar Morry - Das Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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durchlief Ernest Pookfields Körper, als er an den letzten dieser zwei hintereinanderfolgenden Morde denken mußte. Die Laute die jetzt zu hören waren, gaben seiner ängstlichen Natur die Gewißheit, daß er nicht allein auf der nebligen Themse war. Sein gemartertes Gehirn malte sich die über ihm geführte Übergabeverhandlung zwischen Rob Austick und dem Schlitzäugigen in allen Einzelheiten aus. Als er jetzt Papier reißen hörte, wußte er, daß Rob Austick die übernommene Ware auf ihre Echtheit überprüfte. Um nicht gutes Geld gegen wertloses weißes Mehl einzutauschen, wurde die Umhüllung aufgerissen und eine Probe genommen. Bei diesen Gelben war alles möglich. Ein erneutes Papierknistern zeugte davon, daß die Ware wirklich echt war und daß nun der Gelbe seinerseits die Geldscheine nachzählte.
    Tiefes Schweigen folgte, dann erschien die schwere Gestalt Rob Austicks oben an der Reling. Katzenhaft glitt er an der Strickleiter herunter, und auch Swen Collins stand kurze Zeit später im Boot.
    „All right, rauschen wir ab!" gab er flüsternd den Befehl zum Rückmarsch.
    Keine unnützen Reden, keine Fragen wurden gestellt, und als sie dreißig Minuten später das Regents Dock hinter sich liegen hatten, war es wieder so weit, daß sie den Rest ihrer nebligen Themsefahrt mit Motorkraft zurücklegen konnten. Dumpf blubberte der mit Decken verhüllte Motor los. Mit äußerster Vorsicht glitten sie am ostwärtigen Ufer dem Lime Kiln Dock zu. Ihre Augen bohrten sich nach allen Richtungen schweifend durch den Nebel. Wo sie auch hinschauten: Nebel vor ihnen, Nebel links neben ihnen und der dunkle Streifen des Ufers zu ihrer Rechten. So blieb es, bis sie den Limehouse- Pier passiert und hinter dem Lime Kiln Dock ans Ufer gingen. Wie schon beim letzten Mal, so wurde auch jetzt wieder knirschend das Boot auf Sand gesetzt. Nachdem es in dem von Trusty Godophin hergestellten Verschlag verstaut war, trabten sie gemächlich dem „Palast" des Knochenmenschen zu.
    Trusty Godophin blickte mit trüben Augen den Eintretenden entgegen.
    „So, du Wicht! Den ersten Teil der Arbeit haben wir hinter uns. Jetzt bist du dran", war die Begrüßung Rob Austicks. Krachend ließ er seine zwei Zentner auf einen wackligen Stuhl fallen. Fast stumpfsinnig ruhten die Augen des Alten auf dem Unterführer. Leicht schob er die Unterlippe hervor und krächzte heiser: „Keinen Grund, um mein Mobiliar zu ruinieren! Setz dich gefälligst das nächste Mal anständig auf meine Stühle. Habe by gosh keine Lust, von den Kröten, die ich bekomme, neue zu kaufen."
    „Kröten ist gut, alter Hecht. — Aber sag' mal old fellow", begann Rob Austick mit einem gefährlichen Unterton in seiner Stimme. „Wo warst du vorhin, als wir dein Boot nahmen und die Ware holten? Ernest hatte deinen Fuchsbau leer angetroffen, als er dich nach der allgemeinen Lage hier unten am Fluß fragen wollte."
    Die Stellung des Alten blieb unverändert. Auf ihn schien Rob Austicks drohende Haltung keine Wirkung zu haben.
    „Meine Sache, Austick", kam es ruhig zwischen seinen halbgeöffneten Lippen hervor. „Ich soll die Ware hier empfangen und sie zur Morant-Street bringen. Vierundzwanzig Uhr war ausgemacht, jetzt haben wir zwanzig Minuten darüber und ich bin hier. Was ich vor oder nach Erledigung meines Auftrages mache, ist meine ureigenste Angelegenheit. — Ich hoffe, du begreifst es endlich, daß ein Trusty Godophin sich nie herumkommandieren läßt."
    „Was soll denn dieses ewige Gezanke zwischen euch wieder bedeuten?" mischte sich Swen Collins in den sich anbahnenden Streit der beiden Männer ein.
    „Laßt uns lieber zusehen, daß wir von hier verschwinden. Und du Trusty, mach, daß du mit dem Zeugs nach Dickens kommst, damit der Rest schon bald über die Bühne geht."
    Das so leicht dahingesprochene Wort „Rest" erwies sich kurze Zeit danach als der schwierigste Teil ihres Auftrages. Im Augenblick bewirkte es jedoch die Einstellung scharfer Worte zwischen Trusty Godophin, dem eigensinnigen Knochenmenschen und dem Riesen Rob Austick. Das auf dem Stuhl liegende Paket an sich nehmend, verschwand der Alte ohne ein weiteres Wort aus seinem „Palast".
    „Bless my soul!" fluchte Rob Austick ärgerlich auf, als die Tür hinter Trusty Godophin zugefallen war.
    „Der old Boy wird mir mit jedem Tag widerspenstiger. Wenn er so weiter macht, kann ich eines Tages für nichts mehr garantieren."
    „Laß gut sein, Rob", beschwichtigte Swen Collins den aufbrausenden Unterführer.

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