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Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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rauher Stimme. „Überall wirst du die gleiche Antwort hören. Sie haben es alle satt bis zum Hals. Sie wissen genau so gut wie wir, daß am Ende das Gefängnis wartet. Warum aber sollten wir uns hinter Gitter setzen, he? Wir haben das doch gar nicht nötig. Wir brauchen weder dein Geld, noch die Belobigungen deiner Auftraggeber. Wir wollen lediglich unseren Frieden haben.“
    „So, wollt ihr das?“ höhnte Antony Fingal mit ätzender Schärfe. „Leider geht das jetzt nicht mehr. Wer A sagt, muß auch B sagen. Ihr seid dabei, und ihr bleibt dabei.
    Übrigens habe ich noch eine Neuigkeit! Ich erfuhr von dritter Seite, daß einer von uns geplaudert hat. Man könnte es auch Verrat nennen. Na, wer von euch ist denn so redselig?“
    Seine Blicke tasteten hämisch die Runde ab. Auf dem blassen Gesicht Thomas Cooks blieben sie schließlich haften. „Du bist es gewesen, nicht wahr?“ murmelte er mit hohler Stimme. „Warum hast du nicht den Mut, es zuzugeben? Ich warte auf deine Antwort.“
    Thomas Cook grub nervös die Zähne in die Lippen. Scheu irrten seine Augen über die versammelten Freunde. Mühsam würgte er nach einem Wort. Antony Fingal schielte zu ihm hin wie eine Schlange auf ein hypnotisiertes Kaninchen. Er weidete sich an der Qual des ändern. Genießerisch und mit lässigen Bewegungen führte er sein Weinglas zum Mund. Am Fuß des schöngeschliffenen Kelches blieb der Untersatz hängen. Antony Fingal wollte ihn auf den Tisch zurücklegen, da entdeckte er plötzlich eine Visitenkarte. Es war eine elegante, weiße Büttenkarte, die schon minutenlang unter dem Untersatz gelegen haben mußte. Erschreckt nahm sie Antony Fingal in die Flände. „G. E. Morry, Kriminalkommissar“, las er mit bröckelnder Stimme. Hätte ein Blitz unmittelbar neben Antony Fingal eingeschlagen, so wäre er nicht verstörter gewesen als in diesem Augenblick. Seine Überlegenheit zerbrach wie morsches Holz. Sein Gesicht bekam einen Stich ins Grünliche. Die Hände zitterten auf einmal so stark, daß er den Wein verschüttete. „Eh, lest das“, sagte er hastig zu seinen Freunden. „Dieser Kommissar scheint sich auf Zaubertricks zu verstehen. Wenn mich nicht alles täuscht, hat er unsere ganze Unterredung belauscht.“
    Er benahm sich auf einmal wie ein altes furchtsames Weib. Er stieß seinen Stuhl zurück, rannte auf die schwere Samtportiere zu, die ins Nebenzimmer führte und riß sie mit zitternden Händen zur Seite. Wie ein Irrer hetzte er durch den großen Raum.
    Ängstlich kontrollierte er jeden Winkel. Aber damit gab er sich noch nicht zufrieden. Er durchsuchte auch die langen Korridore und Galeriegänge. Dann wies er die Klubdiener an, sämtliche Räume und Säle zu kontrollieren. Völlig erschöpft kehrte er ins Beratungszimmer zurück.
    „Ich verstehe das nicht“, ächzte er mit hervorquellenden Augen. „Gerade heute habe ich alle Eingänge mit zuverlässigen Posten besetzt. Nicht einmal ein Gespenst wäre durch diese scharfen Sperren gekommen.“
    Während er sprach, schielte er unablässig auf die Tür. Jeden Moment glaubte er, der gefürchtete Kommissar würde ins Zimmer treten. Sein Hemd klebte naß am Körper. Über sein Gesicht lief klebriger Schweiß.
    Es hat keinen Sinn, jetzt noch weiter zu reden“, murmelte er schließlich gehetzt. „Wir verschieben alles auf morgen. Im Moment ist mir verdammt flau zumute.“
    Er sagte die Wahrheit. Jeder konnte es sehen, daß er mit seinen Nerven am Ende war.
    Er schwankte hinaus wie ein Betrunkener. Unsicher stolperte er die Treppe hinunter. Wortlos lief er durch das Portal ins Freie hinaus. Auf dem Gehsteig blieb er stehen. Forschend spähte er nach allen Seiten. Seine Blicke tasteten über alle Häuserecken und Mauervorsprünge. Dieser Schuft ist mir auf den Fersen, dachte er in panischer Erregung. Er will mich weich machen. Deshalb dieser teuflische Trick. Es ist ihm tatsächlich gelungen, mich buchstäblich auf die Palme zu bringen. Vier, fünf Minuten lang war Antony Fingal keines klaren Gedankens fähig. Dann endlich kam er wieder zur Vernunft. Sein diabolisches Gehirn überlegte den nächsten Schachzug. In eisiger Berechnung kalkulierte es die nächsten Schritte. So kam es, daß Antony Fingal schon zehn Minuten später in Lizzy's Hafenschenke am Poplar Dock auftauchte. Er bahnte sich stürmisch einen Weg durch die gröhlenden Matrosen und tappte mit hastigen Schritten an die Theke heran.
    „Hay, Lizzy“, begrüße er die hagere Person hinter dem Schanktisch.

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