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Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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einfach auf das Schiff hinüber werfen? Er tat drei, vier Schritte aus seinem Versteck hervor. Dann hielt er an. Unmittelbar vor ihm lag der Flutkanal. Schwärzlich glänzte das Wasser zu seinen Füßen. Schon in der nächsten Sekunde gellte ein schriller Alarmpfiff von einer Hebebühne herunter. Gleichzeitig tastete ein Scheinwerfer über Sam Berry hin. Verstört duckte er sich zusammen. Die gefährliche Kapsel brannte plötzlich wie glühendes Feuer in seiner Faust. Er ließ sie los. Sie schlug klatschend ins Wasser und sank augenblicklich auf den Grund. Sam Berry aber wandte sich ab, als wären tausend Teufel hinter ihm her. Er schlug ein paar verzweifelte Haken, dann kroch er wieselflink unter dem Schott durch und schwankte keuchend ins Freie. Auch diesmal hatte er Glück. Er mußte den Mechanismus des eisernen Tores berührt haben. Das Schott schloß sich hinter ihm. Mit leisem Ächzen senkte es sich zu Boden.
    „Uff!“ stöhnte Sam Berry erschöpft. „Das ging verdammt hart am Knast vorbei. Ein andermal soll Guy Hamper allein gehen. Ich mache seine dreckigen Geschäfte nicht mehr mit.“
    Er drehte sich verächtlich um. Guy Hamper stand noch immer so in der Mauernische, wie er ihn verlassen hatte. Sein Gesicht wirkte feig und verschlagen. Um den Mund Spielte ein spöttisches Grinsen.
    „He“, zischte Sam Berry wütend. „Wach auf! Sie werden gleich hier auf der Bildfläche erscheinen. Wollen es ihnen nicht zu leicht machen, denke ich. Los, wir türmen!“
    Guy Hamper rührte sich nicht von der Stelle. Wie ein Klotz blieb er in der Nische lehnen. In seinem Gesicht bewegte sich keine Miene. Das Grinsen um seinen Mund war wie eingefroren.
    „Verflucht!“ raunte Sam Berry gereizt. „Komm doch endlich zu dir. Die Sache ist schief gegangen. Wir müssen verschwinden.“
    Er streckte die Hand nach Guy Hamper aus und rüttelte ihn derb an den Schultern. In diesem Moment verlor der schwere Körper den Halt. Er sackte zusammen und glitt lautlos auf den Boden nieder. Kein Laut kam von den verkniffenen Lippen. In dem wächsernen Gesicht veränderte sich keine Miene. Jetzt erst sah Sam Berry, daß er sich mit einem Toten unterhalten hatte. Die gelbe Schlinge, die um den Hals Guy Hampers lief, redete eine deutliche Sprache. Er hatte seinem Mörder nicht entrinnen können. Der Tod war ihm buchstäblich nachgelaufen. Ein namenloses Grauen krallte sich in Sam Berry fest. Wie gebannt blickte er auf den Toten nieder. Ihm wurde so übel, daß er sich an die Mauer lehnen mußte. Seine Knie waren weich wie Gummi.
    Erst als er hinter dem stählernen Schott erregtes Stimmengemurmel hörte, kam er wieder zu Besinnung. Gehetzt und ruhelos stürmte er die enge Gasse hinunter. Hastig lief er über den Hafenplatz. Instinktiv schlug er die Richtung zu Lizzy's Hafenschenke ein. Dieser Bursche scheint ein wahrer Teufei zu sein, sinnierte er in fiebernder Erregung. Ich habe mich da auf ein wahnwitziges Spiel eingelassen. Es wird mir in Zukunft genauso gehen wie Guy Hamper. Ich werde nicht mehr aus den Klauen dieses Schurken kommen. Er wird mich erpressen, solange noch ein Funke Leben in mir ist. Und am Schluß werde ich eine gelbe Seidenschnur um den Hals haben. Genauso wie Guy Hamper. Ich habe freiwillig seine Nachfolge übernommen.
    Erschöpft und völlig gebrochen wankte er eine Viertelstunde später in das Nebenzimmer von Lizzy's Hafenschenke. Alle, die ihn sahen, glaubten, er sei einem Gespenst begegnet. Er machte auch wirklich den Eindruck, als hätte er schon im Graben gelegen und sei eben von den Toten auferstanden.

    16

    Allan Raymond war es nun schon gewöhnt, daß er Philip Cantrell immer stockbetrunken antraf, wenn er die kleine Kneipe an der Straßenecke betrat.
    Er hätte sich auch heute abend nicht gewundert, wenn er den Freund mit stierem Blick und aufgedunsenem Trinkergesicht vorgefunden hätte. Umso erstaunter war er, als er sah, daß Philip Cantrell in dieser späten Abendstunde einen verhältnismäßig vernünftigen Eindruck machte. Er schien ziemlich aufgeregt. Nervös rückte er einen Stuhl zurecht. Seine Blicke glitten unruhig hin und her.
    „Was ist denn?“ fragte Allan Raymond kopfschüttelnd. „Schmeckt es dir heute nicht?“
    Philip Cantrell schob brüsk die Gläser und Flaschen zur Seite. „Hier, lies“, brummte er hastig. „Diesen Wisch habe ich heute abend von einem Gassenjungen erhalten. Was hältst du davon?“
    Allan Raymond nahm den Zettel rasch zwischen die Finger. „Wenn Sie den Mörder Ihrer

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