Kommissar Morry - Der Judas von Sodom
Huck Polland grimmig. „Wir werden ihm die Hölle heiß machen, Freunde!“
Da sie Steff Milligan nicht mehr helfen konnten, warfen sie krachend die Tür ins Schloß und trabten in Richtung Limehouse los. Keiner von ihnen redete ein Wort. Sie quälten sich alle mit dem beklemmenden Gedanken, daß sie immer weniger wurden. Der Tod griff sich ein Opfer nach dem ändern.
„Heute Nacht muß Schluß sein“, knirschte Buster Lorre zwischen den Zähnen. „Ich warte so lange in der Wohnung, bis dieses Scheusal zurückkehrt. Eher bringt mich keiner weg.“
Sie standen vor der dunklen Mietskaserne an den Hopemakers Fields. Sie öffneten die Tür mit einem Sperrhaken. Zu dritt zwängten sie sich in den Hausflur. Hintereinander gingen sie die Treppe hinauf. Sie schlichen auf leisen Sohlen. Sie wollten niemand wecken. Im Dachgeschoß hielten sie an. Wütend bearbeiteten sie die Zugglocke. Laut klang das blecherne Scheppern durch die Wohnung.
„Er ist wieder nicht da“, fluchte Ronald Mursell gereizt. „Dieser Schuft hält uns zum Narren. He was machen wir nun?“
Buster Lorre hielt sich nicht lange mit Worten auf. Er führte einen Sperrhaken ins Schloß. Er ruhte nicht eher, bis die Tür nach innen schwang. Sie traten ein. Sie stießen die Türen auf. Dann sahen sie sich niedergeschlagen an. Die Wohnung war leer. Der Vogel hatte sich aus dem Staub gemacht. Überall gähnten nackte Wände. Die alten Möbel hatte anscheinend ein Trödler abgeholt.
„Verfluchtes Pech“, zischte Buster Lorre. „Da hat er uns ein ganz schönes Schnippchen geschlagen, wie? Wo sollen wir ihn jetzt suchen?“
Sie standen da wie die Kühe. Keiner wußte einen vernünftigen Rat. Mit völlig leeren Händen räumten sie das Feld. Wie drei schweigsame Trauergäste kehrten sie in den Bouillonkeller zurück. Die Bedienung wollte ihnen eine Fleischbrühe anbieten, aber sie lehnten mürrisch ab. Sie hatten im Augenblick weder Durst noch Hunger. Der Grimm wühlte in ihren Gedärmen. Die Galle kam ihnen hoch. Mutlos ließen sie die Köpfe hängen.
Bis Huck Polland plötzlich auf die Tür deutete. „Ay“, zischte er, „der Kommissar.“
Das hatte ihnen noch gefehlt. Mit schiefen Blicken äugten sie dem gefürchteten Detektiv entgegen. Sie hatten ein verflucht schlechtes Gewissen. Sie wagten ihn kaum anzusehen. Der Kommissar aber tat, als wüßte er von nichts. Er ließ sich mit freundlichem Lächeln am Tisch nieder.
„Lange nichts von euch gehört?“ sagte er schmunzelnd. „Wo sind denn die beiden andern?“
Keine Antwort. Lähmendes Schweigen ringsum. Verzerrte, angstvolle Gesichter.
„Na?“ fragte Morry wieder mit schier endloser Geduld. „Was ist denn los? Warum seid ihr so zusammengeschmolzen?“
Buster Lorre biß sich auf die Lippen. Er wollte etwas sagen, aber Huck Polland gab ihm einen heimlichen Stoß in die Seite. Dem Kommissar war das Zeichen nicht verborgen geblieben. Er schaltete rasch. Er sah die drei Burschen der Reihe nach an.
„Verräter sind notwendig“, murmelte er, „man braucht sie. Aber wenn Verräter auch ihre Auftraggeber verraten, dann wird es etwas zuviel. Ich hoffe, ihr versteht mich. Ihr wollt nicht mehr mitspielen, wie?“
Nun endlich brach es aus Buster Lorre heraus. Er konnte seine Enttäuschung und seinen Zorn nicht mehr für sich behalten. „Verlangen Sie nicht ein wenig zuviel von uns?“ brüllte er los. „Wir haben getan, was wir konnten. Chris Longman hat die Jagd auf den Mörder mit dem Leben bezahlt. Das gleiche gilt von Steff Milligan. Gehen Sie doch in seine Baracke. Er liegt noch dort. Man hat ihn ermordet.“
„Erwürgt?“ fragte Morry rasch.
„Ja, erwürgt. Mit seinem Wollschal. Wissen Sie, wer sein Mörder war? Ich könnte es Ihnen sagen.“
„Burt Lukin, nicht wahr?“
„Ja, es war Burt Lukin.“
„Wissen Sie, wo er wohnt? Haben Sie das inzwischen herausgebracht?“
Buster Lorre überlegte kurz. Es konnte nichts schaden, wenn er dem Kommissar die Wohnung an den Hopemakers Fields verriet. Sie war ja leer. Sie besaß ohnehin keinen Wert mehr für sie.
„Ich kann Ihnen seine Adresse geben, Kommissar“, brummelte Buster Lorre leise weiter. „Die Wohnung liegt an den Hopemakers Fields in Limehouse. Nummer 16. Sind Sie jetzt zufrieden?“
Im Gesicht Morrys veränderte sich keine Miene. „Besten Dank“, murmelte er. Gleich darauf griff er in die Tasche und drückte Buster Lorre etwas in die Hand. „Macht nur so weiter“, sagte er zum Abschied, „dann werdet ihr die
Weitere Kostenlose Bücher