Kommissar Morry - Die Todesstrasse
auszustrecken, würde seine vernichtende Kraft zu spüren bekommen. Ein teuflischer Plan entstand im Gehirn eines Wahnsinnigen.
*
Öde und verlassen lag das Gebiet der Surrey-Commercial-Docks vor Hugh Martiway, als er an der Lower-Road das Auto verließ und zu Fuß die Redriff-Road bis zur Rotherhithe Street entlang wanderte. Der Fahrer des Wagens hatte sich zwar anfangs etwas gewundert, daß er zu dieser Stunde noch einen Fahrgast nach der Redriff-Road bringen sollte. Aber die ihm versprochene und überreichte Prämie für diese Fahrt versöhnte ihn schnell. Er war gern bereit, den stark nach Alkohol riechenden Gast an das genannte Ziel zu bringen. — Er glaubte zunächst, auf dieser Fahrt von einer dunklen Limousine verfolgt zu werden, doch schon im Rotherhithe-Tunnel überholte ihn diese Limousine; dann waren aber diese ungleichen Schlußlichter, die auch ihm
aufgefallen waren, nicht wieder in dem Dunst des Nebels vor ihm aufgetaucht.
Der Mörder wartete bereits auf das Opfer, das sich ruhig und nichtsahnend der Silver- Walk näherte. Als der geldgierige Hugh Martiway seinen Fuß in die finstere Silver-Walk setzte, hatte er damit sein eigenes Todesurteil gefällt. Ahnungslos lief er in die Falle, die ihm der entmenschte Mörder gestellt hatte. In dem Augenblick, als Hugh Martiway sich gerade an die Worte des ,Philosophen' erinnerte, das Päckchen befände sich in einem Raum der ersten Etage des einzelnen, auf der ostwärtigen Straßenseite stehenden Hauses, geschah es.
Zunächst glaubte Hugh Martiway, kratzende Geräusche hinter sich zu vernehmen. Und als er sich umwandte, stand, wie aus dem Erdboden gewachsen, eine hohe Gestalt vor ihm. Erschreckt über die von ihm mehr geahnte als erkannte Gefahr wich er einen Schritt zurück. Plötzlich fühlte er sich brutal gegen die Wand gedrückt. Nur eine Sekunde verspürte er den harten Stoß in seinem Rücken, dann wurde er durch eine unsichtbare Gewalt nach vorn gerissen. Ein heißer Schreck durchzuckte ihn. Ihm wurde plötzlich klar, welche Bewandtnis es mit diesem Vorwärtsreißen hatte. Instinktiv zuckten seine Hände zum Hals hin. Aber es war zu spät! Wie ein scharfes Messer fraß sich die Drahtschlinge in seine Haut am Hals ein, und er verlor das Bewußtsein. Seine Gier nach Geld hatte er mit dem Tode bezahlen müssen. Der Mörder aber zog sein Opfer hinter die Mauer, an die er vor Minuten den noch lebenden Hugh Martiway gedrückt hatte und ließ ihn dort einfach liegen. Als Warnung für die anderen, die sich morgen früh für mein Eigentum zu interessieren gedenken! dachte er und wandte sich ohne Hast vom Ort des Grauens ab. Wenig später stand er in dem einsamen Haus vor dem Kamin und hielt in seinen Händen das handliche, etwa ein Kilo schwere Päckchen. Zwei Menschenleben hatte der Besitz des Pulvers schon gekostet. Und wie würde es weitergehen? Das waren aber nicht die Gedanken des Mörders; er beschäftigte sich lediglich mit der Wahl eines neuen Verstecks. In dem Loch im Kamin konnte das Päckchen nicht mehr bleiben, das war ihm klar, denn er konnte nicht ständig auf der Lauer liegen. Außerdem bestand die Möglichkeit, daß außer den jetzigen Mitwissern seines Versteckes noch weitere Personen davon Kenntnis erhielten. Also mußte die Beute an einen anderen Platz gebracht werden. Aber es fiel dem Mörder nicht im Traum ein, nun dieses Päckchen aus dieser ihm vertrauten Straße zu bringen. Warum er es nicht tat, das war ebenso unverständlich wie es die Taten eines sich im Blutrausch befindlichen Irren sind.
Wenige Minuten später lag das Päckchen zwar immer noch in demselben Raum, aber es hatte diesmal unter einer Bohle des Fußbodens Platz gefunden. Hier würde es kaum gefunden werden. Zufrieden mit diesem neuen Versteck lachte der Mörder vor sich hin und verließ das Haus. Er passierte ohne jede Regung des Gewissens die Stelle, an der sein Opfer lag. Im Osten graute bereits der Morgen. Scotland Yard hatte ein weiteres Rätsel zu lösen.
7
Diese Nacht hatte es auch sonst noch in sich. Nicht nur in der ,Red Latern' von Millwall, jener Spelunke, von der aus Hugh Martiway direkt in den Tod gelaufen war, ging es in dieser Nacht hoch her. Nicht nur hier hatten einige Gangster ihre Köpfe zusammengesteckt und von dem ominösen Päckchen leise gesprochen. Auch sonst spukten Überlegungen über den Inhalt des wertvollen Päckchens in den Hirnen
mehrerer Unterweltler. Namentlich interessierte es jene dunklen Gestalten, die sich seit langem um
Weitere Kostenlose Bücher