Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommissar Morry - Die Woelfe

Kommissar Morry - Die Woelfe

Titel: Kommissar Morry - Die Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
zuvor.
    Sie wollen mich mürbe machen, dachte Sidney Römer niedergeschlagen. Sie kommen und gehen, wie es ihnen beliebt. Sie spielen mir ein Theater vor. Sie wollen, daß ich wieder nach Tootham komme. Das ist mir völlig klar. Er wollte schon wieder in seine Wohnung zurückkehren, aber dann überlegte er es sich doch anders und stieg die Treppe in den vierten Stock hinunter. Es war alles genauso wie in der vorigen Nacht. Vier Türen waren geschlossen, die fünfte stand offen. Nirgends brannte Licht. Von der offenen Tür her wehte ein kalter, muffiger Luftzug. Sidney Romer schaltete das Flurlicht ein, ging auf die offene Tür zu und ließ den Kerzenlüster aufflammen. Noch im gleichen Moment prallte er betroffen zurück. Auch im großen Klubsaal bot sich ihm der gleiche Anblick wie gestern Nacht.
    Auf der leuchtenden Perserbrücke, die von der Tür zu dem hufeisenförmigen Tisch führte, lag ein Mann mit seltsam abgespreizten Armen und wachsgelbem Gesicht. Aus einer klaffenden Schädelwunde sickerte zähes, klebriges Blut. Auf der Perserbrücke stand eine dunkle Lache. Sidney Römer preßte stöhnend die Fäuste in die Augenhöhlen.
    „Bin ich denn wirklich wahnsinnig?“, keuchte er unter fiebrigen Atemzügen. „Kann ich mich denn auf meine Augen nicht mehr verlassen? Ist denn mein Geist so verwirrt, daß ich nur noch Gespenster sehe?“
    Obwohl ihm unsäglich davor graute, raffte er sich doch auf und trat in den hellerleuchteten Klubsaal ein. Langsam, Schritt für Schritt, ging er auf den Toten zu. Er beugte sich nieder. Er tastete nach den schlaffen Händen. Er stieß den Zeigefinger in die klebrige Nässe auf dem Teppich. Er beugte sich über das verfallene Gesicht des Toten. Obwohl es maßlos entstellt war, glaubte er es zu erkennen.
    „Charles Clay“, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Es ist Charles Clay.“
    Er taumelte auf und lief in den langen Flur hinaus. Seine Haare waren wirr und zerrauft, sein Gesicht naß von Schweiß. Mit fahrigen Händen tappte er nach dem Hörer des Haustelephons. Er hatte ihn kaum abgenommen, da meldete sich auch schon die Stimme des Nachtportiers. „Kommen Sie sofort in den vierten Stock herauf“, befahl Sidney Romer mit schriller Stimme, in der noch immer Angst und Erregung zitterte. „Versäumen Sie keine Zeit. Fahren Sie mit dem Lift!“ Noch ehe der verblüffte Nachtportier Zeit zu einer Antwort fand, warf Sidney Romer den Hörer auf die Gabel. Dann wartete er. Er stellte sich mit dem Rücken an die Wand und behielt ungeduldig den Lift im Auge. Scheu irrten seine Blicke an der offenen Tür des Klubsaals vorüber. Er spürte, wie sein Herz laut und dröhnend gegen die Rippen schlug. Dann endlich hielt die erleuchtete Liftkabine vor ihm. Der Nachtportier trat heraus. Er blickte erschrocken auf seinen neuen Chef.
    „Was ist, Sir?“, fragte er in banger Ahnung.
    „Im großen Klubsaal“, stotterte Sidney Romer, „liegt ein Mann mit eingeschlagenem Schädel und . . .“
    „Mein Gott“, ächzte der Portier fassungslos. „Soll das denn immer so weitergehen, Sir! Sie mußten sich doch erst gestern davon überzeugen, daß Sie sich getäuscht haben. Es wird auch heute nicht anders sein. Sie gehören in ärztliche Pflege, Sir! Ihr Zustand ist äußerst bedenklich. Rufen Sie um Gottes willen nicht mehr die Polizei. Wir würden uns unsterblich lächerlich machen. Der Ruf des Hotels steht auf dem Spiel.“
    „Halten Sie den Mund", schrie Sidney Romer gereizt. „Kommen Sie mit! In ein paar Sekunden werden Sie anders reden.“
    Der Nachtportier ging kopfschüttelnd hinter Sidney Römer auf die offene Saaltür zu. Er glaubte noch immer an eine Halluzination seines Chefs. Er schwankte zwischen Mitleid und Ärger. Aber bald wandelten sich seine Gefühle im Bruchteil einer Sekunde. Verstört blieb er an der offenen Tür stehen. Seine Augen weiteten sich in panischem Schrecken. Seine Lippen bewegten sich murmelnd, ohne ein vernünftiges Wort hervorzubringen.
    „Kommen Sie näher!“, schrie Sidney Romer unbeherrscht. „Genauso ist es gestern gewesen. Halten Sie mich nun noch immer für einen Narren? He, reden Sie! Bin ich etwa verrückt?“
    „No, Sir“, stammelte der Portier. „Es ist Charles Clay, der da vor uns liegt. Er war zweiter Vorsitzender des Klubs. Man hat ihn . . . man hat ihn ermordet. Wir müssen sofort Scotland Yard verständigen, Sir!“
    „Tun Sie das“, befahl Sidney Romer schroff. „Ich werde hier an der offenen Tür bleiben. Ein

Weitere Kostenlose Bücher