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Kommissar Morry - Die Woelfe

Kommissar Morry - Die Woelfe

Titel: Kommissar Morry - Die Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Morry war interessiert aufgesprungen. Scharf blickte er den Inspektor an.
    „Warum sagen Sie das erst jetzt?“, stieß er hastig hervor. „Das ist doch die wichtigste Neuigkeit an dem ganzen Fall. Sie verändert die ganze Sachlage.“ „Meinen Sie wirklich, Sir?“, fragte Inspektor Lawrence ungläubig.
    „Ganz bestimmt“, murmelte Kommissar Morry.

    4

    Am Morgen des 16. September wurde im Frauengefängnis Holloway lärmend eine Zellentür geöffnet. Eine robuste Aufseherin schob sich über die Schwelle in den kahlen Raum hinein.
    „Machen Sie sich fertig, Miss Horway“, befahl sie brummig. „Sie kommen heute zur Entlassung.“ „Ich?“, klang es hell und keck aus der hintersten Ecke der Zelle. „Das muß ein Irrtum sein, Gnädigste! Ich habe noch genau drei Monate abzubrummen. Hier, zählen Sie die Striche an der Wand. Es sind genau einundneunzig Tage.“
    „Kommen Sie!“, knurrte die Aufseherin ungeduldig. „Halten Sie hier keine langen Reden. Sie werden auf Bewährung vorzeitig entlassen. Der Rest der Strafe wird ausgesetzt. Sollten Sie natürlich wieder Dummheiten machen . . .“
    „Predigten finden nur in der Anstaltskapelle von acht bis neun Uhr morgens statt“, sagte Daisy Horway schnippisch. „Wenn ich tatsächlich entlassen werde, so können Sie sich ihr Gebrabbel sparen.“ „Ich bin“, sagte die Wärterin erbost, „wirklich froh, daß ich Sie heute los werde, Miss Horway! Sie waren der schwierigste Fall im ganzen Flügel.
    Lieber bewache ich einen Sack Flöhe als noch einmal ein Mädchen von Ihrer Sorte.“
    „Danke“, sagte Daisy Horway spöttisch, kramte ihre paar Habseligkeiten zusammen und trat mit elastischen Schritten aus dem engen Käfig heraus.
    „Walten Sie Ihres Amtes, Gnädigste! Geleiten Sie mich zur Verwaltungsabteilung!“
    Die Wärterin stieß pfeifend den Atem durch die Zähne und machte sich auf den Weg. Neben ihr trippelte, graziös und hoheitsvoll, die in einen grauen Drillich gekleidete Daisy Horway.
    „Am meisten freut mich“, sagte die Kleine vorlaut, „daß ich endlich dieses kratzende Hemd aus- ziehen kann. Ich habe echte Perlonwäsche im Koffer. Garnituren aus Paris, das Stück zu fünf Pfund. Na, Sie werden Augen machen.“
    Die Aufseherin zog es vor, die prahlerischen Worte ihres Schützlings zu überhören. Sie ging hastig, um den Weg bald hinter sich zu haben. Drei Minuten später klopfte sie mit harten Knöcheln an der Tür der Verwaltungskanzlei. Sie schaufte noch einmal tief die muffige Luft ein, bevor sie das Mädchen in den nüchternen Raum schob.
    „Ich bringe Daisy Horway zur Entlassung“, meldete sie. „Die Zelle ist in ordnungsgemäßem Zustand. Einer Entlassung steht nichts im Wege.“
    Hinter einem altertümlichen Schreibtisch erhob sich eine strenge Dame und führte das anmaßende Geschöpf, das genau neun Monate hinter den Gittern Holloways zugebracht hatte, in den Nebenraum hinaus. Sie deutete auf einen Sack, der eben von der Bekleidungskammer gekommen war.
    „Hier sind Ihre Privatsachen, Miss Horway“, sagte sie förmlich. „Überprüfen Sie alles. Wenn die Kleidung vollzählig ist, unterschreiben Sie diesen Empfangsschein.“
    Daisy Horway packte mit lauten Rufen des Entzückens ihr Eigentum aus. Die Wäsche, das Kostüm, der Mantel waren frisch gebügelt. In hellem Rosa schimmerten ihr die Pariser Kostbarkeiten entgegen. Sie streifte aufatmend den rauen Drillich ab, zog das grobe Leinenhemd aus und schlüpfte mit kokettem Lächeln in ihre eigenen Sachen. „Mein Gott, wie ich mich fühle“, rief sie begeistert aus. „Ich bin wie neugeboren. Wie sehe ich aus, Gnädigste?“
    „Hübsch genug, um die Männer zu verführen“, sagte die alte Dame bissig. „In Zukunft werden Sie das bleiben lassen, Miss Horway! Wir werden Ihnen eine Bewährungshelferin an die Seite stellen. Vergessen Sie nicht, daß Sie eigentlich noch drei Monate verbüßen müßten. Sollten Sie erneut Dummheiten machen . . .“
    „Das gleiche habe ich schon einmal gehört“, kicherte Daisy Horway belustigt und begann, sich vor dem Spiegel fertigzumachen. Sie schien recht zufrieden mit ihrem Äußeren zu sein. Kokett legte sie den Schal um den Hals und warf ihren Mantel um. „Ich werde gleich zum Friseur gehen müssen“, sagte sie blinzelnd. „Als ich hier einzog, hatte ich ganz frische Dauerwellen. Jetzt ist nichts mehr davon zu sehen.“
    Sie nahm ihr Köfferchen auf, schloß sich der gestrengen Dame an und ging wieder in die Kanzlei hinaus. Die

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