Kommissar Morry - Die Woelfe
wußte es ja.“
Seine Niedergeschlagenheit wandelte sich plötzlich in lodernden Haß. „Warum nehmen Sie denn den anderen nicht fest?“, schrie er zornig. „Wir haben ja nur seine Befehle ausgeführt. Er aber hat alle Verbrechen angestiftet. Er war vom Geld geblendet. Er wollte unbedingt reich werden. Er redete solange auf uns ein, bis wir seine Schandtaten mitmachten.“
„Ich weiß“, sagte Kommissar Morry sanftmütig. „Ich kenne den Herrn, von dem Sie eben sprachen, Mr. Berriman. Und glauben Sie mir, ich werde mich höchstpersönlich seiner annehmen.“
25
Sidney Römer und Daisy Horway saßen noch immer im Salon der Hotelwohnung zusammen. Sie sprachen kaum ein Wort miteinander.
„Was wollen wir eigentlich noch hier?“, fragte Daisy Horway plötzlich in die beklemmende Stille hinein. „Wir haben dem Kommissar doch alles gesagt, was wir wußten. Warum sollen wir hier auf ihn warten?“
„Ich weiß nicht“, murmelte Sidney Romer achselzuckend. „Vielleicht will Morry etwas Wichtiges mit uns besprechen.“
„Jetzt in der Nacht?“, fragte Daisy Horway ungläubig. „So wichtig kann doch gar nichts sein. Ich würde am liebsten in mein Zimmer gehen und mich schlafen legen. An Dienst ist ja heute doch nicht mehr zu denken.“
Sie sahen immer wieder durch die halboffene Tür in den Flur hinaus, wo Clement Rembolt gelegen hatte. Er war inzwischen von der Polizei weggeschafft worden. Aber noch immer hing ein gespenstischer Hauch über dem Korridor. Das düstere Fluidum des Verbrechens ließ sich nicht vertreiben.
„Das ist er“, rief Sidney Romer erleichtert, als er Schritte im Korridor hörte. „Das ist der Kommissar. Na, endlich. Ich bin froh, wenn ich diesen Raum verlassen kann.“
Es war wirklich Kommissar Morry, der zu ihnen in den Salon trat. Sein Gesicht hatte den ernsten Ausdruck wie immer, wenn ein schwieriger Fall unmittelbar vor dem Abschluß stand. Nachdenklich ließ er sich in einen Sessel fallen.
„Sie haben also den Mörder gesehen, Miss Horway, als Sie heute Abend vor dieser Wohnung standen?“, fragte er gespannt.
„Ja, Sir.“
„Würden Sie ihn wiedererkennen?“
„Unbedingt, Sir! Ein solches Gesicht vergißt man nicht.“
Kommissar Morry wandte sich Sidney Romer zu. „Sie kennen den Mörder ja auch“, murmelte er zerstreut. „Ich bitte Sie beide, mich später zum Flugplatz Croydon zu begleiten. Der Mörder will mit der Maschine DC 203 das Land verlassen. Er hat unter dem Namen Kirk Orban einen Platz gebucht.“
„Woher wissen Sie das alles?“, fragte Sidney Romer erstaunt.
Kommissar Morry lächelte. „Das war nicht schwer“, sagte er bescheiden. „Judd Bramas hat mir den Gefallen getan, seinen Auftraggeber zu verraten. Er erzählte mir, daß er ihm einen falschen Paß verschafft habe, der auf den Namen Kirk Orban laute. Alles weitere war ein Kinderspiel. Ich erfuhr vom Flugbüro West, daß ein gewisser Kirk Orban mit dem Nachtflugzeug London verlassen will. Die Maschine startet um 11.55 Uhr. Also genau fünf Minuten vor Mitternacht.“
„Wie seltsam“, murmelte Sidney Romer schaudernd. „Dann ist es also für den Mörder fünf Minuten vor zwölf. Seine letzte Stunde bricht an.“
Kommissar Morry mahnte zum Aufbruch. „Es wird Zeit“, sagte er. „Kommen Sie! Wir wollen fahren.“
Sie nahmen schon wenige Minuten später im Dienstwagen Kommissar Morrys Platz. Ein stämmiger Konstabler übernahm das Steuer. Der Wagen setzte sich rasch in Fahrt. Es war eine ziemlich weite Strecke bis zum Flugplatz Croydon. Die Minuten reihten sich zu Viertelstunden. Es wurde halb zwölf Uhr, bis endlich das hell erleuchtete Flughafengebäude vor ihnen auftauchte. Der Konstabler bremste. Er stellte den Wagen unauffällig hinter der Umgehungshecke ab.
„Los!“, sagte Morry. „Wir wollen es kurz und schmerzlos machen. Wir stellen uns an die Schranke der Zollsperre.“
Das taten sie. Morry mußte seinen Ausweis zeigen. Dann durften sie passieren.
Vor ihnen lag das weite Flugfeld. Die Maschine DC 203 stand startklar auf Rollfeld IV. Eben begann der Lautsprecher zu tönen.
„Achtung, Achtung! Die planmäßige Maschine nach Brüssel startet in fünf Minuten. Die Fluggäste werden gebeten, ihre Plätze einzunehmen.“
„Jetzt“, sagte Morry mit einem tiefen Atemzug. „Jetzt ist es so weit. Nun muß sich zeigen, ob die Gerechtigkeit den Sieg davonträgt.“
Sie standen an der Schranke und blickten jedem Fluggast scharf ins Gesicht. Einer nach dem ändern passierte
Weitere Kostenlose Bücher