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Kommissar Morry - Ich habe Angst

Kommissar Morry - Ich habe Angst

Titel: Kommissar Morry - Ich habe Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Auszahlung des Sterbegeldes nichts im Wege. Sie wollen doch den Scheck haben, nicht wahr? Oder wollten Sie mich etwa privat besuchen?”
    „Nein", stammelte Lydia Scott mit blassen Lippen. „Nein ... ich wußte ja gar nicht, daß Sie hier sind . . . ich hätte sonst . . . ich wäre sonst nie ..."
    Jack Havard holte die Versicherungspolicen aus dem Nebenraum, rechnete einige Tabellen durch und schrieb schließlich einen Scheck aus.
    „Hier", sagte er. „Die Sache geht vorläufig in Ordnung. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?"
    Lydia Scott blickte vor sich auf den Boden nieder.
    „Ich hätte damals auf Ihren Rat hören sollen", sagte sie leise, „dann wäre mir viel erspart geblieben."
    Jack Havard zuckte mit den Schultern. Er wirkte in dieser Sekunde fremd und abweisend. Kühl geleitete er die junge Witwe zur Tür. Dann kehrte er zu seinem Schreibtisch zurück. Lydia Scott aber hetzte durch die Gänge, als hätte sie glühende Kohlen unter den Füßen. Sie stürmte die Treppe hinunter. Sie rannte durch den Ausgang ins Freie und fiel atemlos in das Auto Alban Lampards. Sie konnte kaum reden. Ihre Brust hob sich unter verkrampften Atemzügen.
    „Was ist denn?" fragte Alban Lampard unruhig. „Hat irgend jemand Verdacht geschöpft? Wurden Sie einem Verhör unterzogen? Oder will man mit der Auszahlung noch warten, bis die Polizei . . .?“
    „Nein", würgte Lydia Scott mühsam hervor. „Es ging alles in Ordnung. Hier ist der Scheck. Sie können ihn haben ..."
    „Nein“, wehrte Alban Lampard schroff ab. „Erst holen Sie das Geld von der Bank. Lassen Sie mal sehen. Hm. Ich fahre Sie hin."
    Lydia Scott fühlte sich müde wie nie zuvor in ihrem Leben. Sie war restlos ausgepumpt. Das unerwartete und peinliche Wiedersehen mit Jack Havard hatte ihre Nerven derart mitgenommen, daß sie noch immer an allen Gliedern zitterte. Aber auch jetzt noch gehorchte sie Alban Lampard, als sei sie seine Sklavin und habe nie einen eigenen Willen besessen. Sie ging in die Schalterhalle der Central Bank. Sie löste den Scheck ein. Sie bekam anstandslos die riesige Summe von zwanzigtausend Pfund ausbezahlt. Die vielen Banknotenbündel füllten ihre Stadttasche bis zum Bersten. Als sie wieder im Auto Alban Lampards Platz nahm, warf sie die kostbare Tasche achtlos in die Polster.
    „Was wollen Sie jetzt noch von mir?" fragte sie mit erloschener Stimme. „Werden Sie mich jetzt endlich in Frieden lassen?"
    Alban Lampard griff hungrig nach der Tasche.
    Er riß den Bügel auf und wühlte mit gierigen Fingern in dem Geld herum.
    „Es gehört mir", zischelte er durch die Zähne. „Ich habe Ihnen die Stelle bei Norbert Scott verschafft. Ich habe die ganzen Fäden gelenkt. Sie selbst hatten kaum etwas zu tun. Aber ich will nicht kleinlich sein. Sie können das persönliche Erbe Norbert Scotts behalten. Sie bekommen auch das Geld, das Sie aus dem Hausverkauf erlösen. Sind Sie damit zufrieden?"
    „Ich will gar nichts haben", sagte Lydia Scott tonlos. „Nehmen Sie auch das andere." Und nach kurzer Pause fügte sie hinzu: „Lassen Sie mich aussteigen. Halten Sie bitte an!"
    Alban Lampard stoppte wirklich. Es war das erste Mal, daß er ihr einen Wunsch erfüllte. Aber noch ehe sie den Schlag öffnen konnte, hielt er ihren Arm fest.
    „Warten Sie noch einen Moment", zischelte er. „Es könnte sein, daß die Polizei doch noch Verdacht schöpft. Ihr Mann starb nämlich etwas zu früh. Er hätte noch drei Wochen leben sollen, dann wäre sein Tod weniger auffällig gewesen. Lydia Scott biß die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Ihr Hirn zuckte unter unerträglichen Schmerzen. Sie hatte eine panische Angst, irrsinnig zu werden . . .
    Alban Lampard kramte Papiere und einen Reisepaß aus seiner Brieftasche. „Eine Lydia Scott darf es in Zukunft nicht mehr geben", murmelte er mit schiefen Blicken. „Sie werden von jetzt an Lydia Blomfield heißen. Tragen Sie diese Papiere stets bei sich. Die Polizei kann Ihnen dann nichts anhaben. Und noch etwas: Geben Sie sofort Ihr Zimmer in dieser Pension auf. Ich habe Ihnen eine Wohnung beschafft. Hier ist die Adresse. Melden Sie sich dort sofort unter Ihrem neuen Namen an."
    Er drückte ihr die Papiere in die Hand und ließ sie aussteigen. Aus schmalen, stechenden Augen blickte er ihr nach, wie sie sich hastig entfernte. Sie lief davon, als sei der Teufel hinter ihr her. Sie ist Wachs in meinen Händen, dachte Alban Lampard. Sie wird auch in Zukunft alles tun, was man ihr befiehlt. Ich werde

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