Kommissar Morry - Lautlos kommt der Tod
tippte mit dem Zeigefinger gegen den Rand seines Hutes. Schwer stützte sich Betty Fleming auf den Arm des Kommissars, und nur langsam gingen sie die Treppe hinunter. Mit regungslosem Gesicht starrte Mrs. Fleming während der Fahrt vor isich hin und wurde sich wohl jetzt erst bewußt, welch furchtbaren Verlust sie erlitten hatte. Ihr Gesicht war fahl wirkte leer wie ausgehöhlt. Fast väterlich legte Morry seinen Arm um die Schulter der armen Frau und drückte sie ganz sanft.
Sie sollte wissen, daß ein Mensch an ihrer Seite saß, der nicht nur ein sturer Polizeibeamter war.
Der Wagen hielt. „Kommen Sie bitte, liebe Mrs. Fleming", forderte Morry die Apathische auf und war ihr beim Aussteigen behilflich.
Noch immer peitschte der Regen von dem nachtdunklen Himmel herab. Jetzt erst bemerkte Morry, daß Mrs. Fleming nicht einmal einen Mantel trug, und so legte er hastig seinen eigenen Ulster um ihre Schulter. Vor der Haustür blieb sie stehen. Auffordernd sah der Kommissar seine Begleiterin an. „Ach ja, der Schlüssel", stammelte die Frau, „ich habe ihn vergessen und die Tür hinter mir zugeschlagen."
Schon beugte sich Morry über das Schloß und versuchte, es mit einem Dietrich zu öffnen. Es gelang ihm nicht, denn das Spezialschloß widerstand allen seinen Bemühungen. „Ist denn niemand im Hause?" fragte Morry.
„Doch, der Diener "
„Na, wo ist denn der Kerl", knurrte gereizt Morry und drückte mehrere Male heftig auf die Klingel. Als sich nichts rührte, entfernte sich der Kommissar kopfschüttelnd einige Schritte und betrachtete verwundert die Fensterfront. Nur einen Augenblick zögerte er, dann stieß er entschlossen seinen Ellenbogen in eine Scheibe und öffnete danach den Riegel. Mit einem Sprung landete er im Zimmer. Als er die Haustür öffnete, fragte er sofort Mrs. Fleming, wo sich das Zimmer des Dieners befand.
„Haben Sie keine weiteren Angestellten?" forschte er im selben Atemzug.
„Doch, noch ein Hausmädchen, aber sie ist heute Nachmittag zu ihrer kranken Mutter gefahren und kommt erst übermorgen wieder zurück."
Nach diesen Worten lehnte sich Betty Fleming erschöpft gegen eine Wand, und nun geleitete sie Kommissar Morry erst einmal ins Herrenzimmer.
„Bitte, trinken Sie, Mrs. Fleming", forderte er sie auf und deutete auf die Cognacflasche, die von vorhin noch immer auf dem Tisch stand, „das wird Ihnen gut tun."
Als Morry durch die Räume schritt, grübelte er: Wo war der Diener und warum hatte der Mann sich nicht gemeldet, als er vorhin klingelte? Sollte der Kerl etwa mit den Gangstem unter einer Decke gesteckt haben? Es wäre nicht das erste Mal, daß solch ein Mann gefehlt hätte. Jetzt stand er vor der Tür des Dienerzimmers. Ein schwacher Lichtschein fiel durch den Türspalt. Entschlossen stieß er die Tür auf. Fassungslos starrte er auf einen älteren Mann, der gefesselt .und geknebelt auf dem Sofa lag. Aber noch immer war er voller Mißtrauen. Das konnte alles gestellt sein, auch solche Sachen hatte er schon erlebt. Doch das blutüberströmte Gesicht des Mannes bewies ihm, wie hart die Verbrecher ihn behandelt haben mußten. In wenigen Sekunden hatte er dem alten Mann die Fesseln abgenommen und mit einem Ruck den Knebel aus dem Mund gerissen. Einige Male atmete Bert Morgan tief durch, dann seufzte er:
„Gut, daß Sie gekommen sind Mister, lange hätte ich es nicht mehr ausgehalten ich bekam schon keine Luft mehr."
Nach diesen wenigen Worten schwieg er erschöpft.
„Ist schon gut, ist schon gut", beruhigte ihn Kommissar Morry, „aber nun versuchen Sie, mir zu berichten, was geschehen ist — ich bin Kommissar Morry!"
„Was ist mit meiner Herrschaft", flüsterte mit schwacher Stimme der Diener und wischte sich das Blut aus dem Gesicht.
Als Morry mit harter Stimme hervorstieß: „Mister Fleming ist ermordet worden", beobachtete er den älteren Mann mit scharfen Augen. Wie würde der Diener jetzt reagieren?!
„Das ist doch nicht möglich",, stammelte da auch schon Bert Morgan, „meinen guten, lieben Herrn ermordet? Sagen Sie doch, daß es nicht wahr ist, das kann doch nicht... er war immer so gut... warum hat man das getan?!"
„Das frage ich mich auch", stieß Morry grimmig hervor. „Aber nun berichten Sie, wer hat Sie so zugerichtet?"
Hilflos zuckte der alte Mann mit den Schultern, konzentrierte sich dann aber auf seine Aussage, und es gelang ihm in wenigen Sätzen das zu sagen, was Morry wissen wollte. „Also es waren zwei Männer, die Sie überfallen
Weitere Kostenlose Bücher