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Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Titel: Kommissar Morry - Terror um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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dümmer als Frank?“
    „Frank war der respektierte Reeder Morris. Er war ein Mann, hinter dem niemand einen Falschmünzer vermutet hätte. Er konnte es sich leisten, ein Mädchen aus gutem Haus zu heiraten. Grace Marlowe hätte die Fassade seiner Ehrbarkeit vervollkommnet. Du warst nach außen hin sein Sekretär. Du bist nicht der Mann, der eine Grace Marlowe heiraten kann. Das würde auf fallen.“
    „Niemand spricht davon, daß ich sie heiraten will“, brummte Breckwood. „Das habe ich vorhin nur so gesagt.“
    „Es wird auch nicht dazu kommen“, sagte Fred. „Wir werden dafür schon sorgen."
    „Das dürft ihr nicht!“ keuchte Breckwood und umklammerte mit den Händen die Lehne von Freds Stuhl.
    Der Dicke schaute in die Höhe.
    „Was willst du denn? Meinst du wirklich, wir würden jetzt noch ein Risiko eingehen?“
    Sie schwiegen, weil auf der Kellertreppe Schritte laut wurden. Kurz darauf betrat ein einfach gekleideter Mann den Kellerraum. Er trug einen Trenchcoat und war dabei, den Gürtel zu öffnen.
    Der Neuankömmling war hager und von ungesunder Gesichtsfarbe. Er schaute sich in der Runde um.
    „Sie haben Shippers gefunden“, berichtete er.
    „Das ist doch nicht möglich!“ rief Fred.
    „Nur keine Aufregung. Niemand wird jemals erfahren, daß es Shippers ist, den sie gefunden haben.“ Er blickte sich um. Der Mann schien völlig von Sinnen zu sein.
    Spencer verließ die Pension am nächsten Morgen. Er lief ins Dorf und fuhr von dort mit dem Bus in die Kreisstadt. Dort besorgte er sich einen zweiten Anzug, etwas Wäsche, ein paar Toilettensachen, einen Koffer und die neuesten Zeitungen. Am Nachmittag fand er sich wieder in Mrs. Sandersons Pension ein. Es war ein Glück, daß sich die Dauermieter nur zu den gemeinsamen Mahlzeiten im Speisesaal trafen. Lediglich der Oberst verbrachte die Nachmittage in dem kleinen, recht behaglichen Lesezimmer. Allerdings pflegte er niemals die dort befindlichen Bücher anzurühren. Er saß nur stumm und steif am Fenster und rauchte seine Pfeife. Spencer hatte beim Frühstück Gelegenheit gefunden, festzustellen, daß Mrs. Sandersons Schilderung der Pensionsgäste zutreffend war: es handelte sich ausnahmslos um harmlose Leutchen. Sie hatten ihn bei der Vorstellung am Frühstückstisch ein wenig mißtrauisch gemustert, aber das war nichts Ungewöhnliches. Sie mißtrauten allen Menschen, die
    jünger waren als sie. Es entging Spencer nicht, daß die junge Pensionsbesitzerin während des Frühstücks sehr auffällig zu ihm hinstarrte. Armes Ding, dachte er. Sie sucht ein bißchen Abwechslung; unter diesen Halbmumien muß sie ja allmählich verkümmern.
    Aber diese Gedanken waren nur flüchtig, sie waren genauso oberflächlich wie alle Überlegungen, die mit der Pension und ihren Bewohnern zusammenhingen. Ihm war klar, daß er nur zwei Möglichkeiten hatte: Entweder er verließ England, um den Nachstellungen der Bande zu entgehen, oder er blieb.
    Die zweite Möglichkeit gewährleistete ihm im Grunde nicht viel mehr als einen heimtückischen Tod. Aber da er es leid war, sich wie eine Ratte zu verkriechen, war er entschlossen, allen Schwierigkeiten zu trotzen. Er wußte freilich, daß es von diesem Entschluß bis zur praktischen Tat ein weiter, gefährlicher Weg war. Die Bande hatte ihn so weit gebracht, daß er einen Menschen überwältigt hatte: Frank Morris.
    Es war Notwehr gewesen, gewiß, aber der Begriff der Notwehr war ein juristischer Begriff. Das eigene Gewissen konnte man damit nicht betäuben. Damals, als Frank Morris überraschend am Eingang der Bar aufgetaucht war und Einlaß gefordert hatte, war er, Spencer Wyck, freilich der festen Meinung gewesen, daß die Stunde der Entscheidung gekommen sei. Jetzt hatte er seine Ansicht geändert und neigte zu der Überzeugung, Frank Morris habe versuchen wollen, ihn durch gutes Zureden oder furchtbarste Drohungen zur Mitarbeit zu bewegen.
    Spencer hielt Frank Morris zwar für fähig, ein Verbrechen zu begehen, aber er war gleichzeitig der Ansicht, daß der Cousin zu klug und gerissen war, um sich die eigenen Hände mit dieser Arbeit zu beschmutzen. Diese Erwägungen bedrückten Spencer. Er hatte alle Ursache, seinen Cousin zu hassen, aber es wäre ihm niemals eingefallen, ihn deswegen zu töten. Er wußte, daß bleiben Kampf bedeutete. Früher oder später würden sie ihn aufspüren. Sie konnten es sich nicht erlauben, ihn frei herumlaufen zu lassen. Er wußte zuviel. Bisher war er dem Kampf aus dem Wege gegangen.

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