Kommissar Pascha
ausgegeben und problemlos erfahren, dass die verwundete Polizistin um zwölf Uhr entlassen werde. Er wartete in seinem 3 er- BMW . Er wartete gerne. Warten war für ihn die Vollendung mentaler Anstrengungen.
Um kurz nach halb zwölf erblickte er im Rückspiegel einen jungen Mann, den er von der Isar her kannte. Je näher er kam, desto deutlicher wurde die Ähnlichkeit mit dem türkischen Polizisten, der ihn gejagt hatte. Besser so, entschied er spontan, als wieder eine böse Überraschung mit der dummen Polizistin zu erleben, die als Heldin gefeiert wurde.
Als der junge Mann an seinem Auto vorbeikam, öffnete er langsam die Tür, stieg aus und trat dem Nichtsahnenden mit dem Knie in den Bauch, hielt den nach Luft Schnappenden mit der rechten Hand davon ab, hinzufallen, öffnete gleichzeitig mit der Linken die hintere Tür und verpflanzte ihn in den Wagen. Sobald der Mann auf dem Rücksitz lag, gab er ihm mit der Faust einen Hieb ins Gesicht. Der junge Mann stöhnte auf. Es folgte ein weiterer Schlag, der ausreichte, um Demirbileks Sohn außer Gefecht zu setzen.
Ohne Aufsehen erregt zu haben, fuhr der Deutsche davon.
Cengiz packte ihre Sachen, die ihr Chef vorbeigebracht hatte, in die Reisetasche und verließ das Krankenzimmer. Sie freute sich darauf, Aydin gleich wiederzusehen. Was für ein Glück sie hatte, einen echten Istanbuler kennenzulernen, der verdammt gut aussah, Deutsch sprach und auch noch nett war – sie mochte München, kam ihr leichten Herzens in den Sinn. Als in dem Moment einer der von ihr beauftragten Wohnungsmakler anrief, schaltete sie ihr Handy auf stumm. Sie dachte nicht daran, so schnell bei den Demirbileks auszuziehen. Dann dankte sie Allah, und sicherheitshalber auch Gott, dafür, den Schuss überlebt zu haben. Sie versprach den Göttern hoch und heilig, in Zukunft besser auf sich aufzupassen.
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N ach einer Stunde kam Aydin wieder zu Bewusstsein. Eng angelegte Fesseln verbanden seine Hände mit einem Heizkörper. Die Wohnung, in der er aufwachte, war leer. Benommen sah er nach oben zu dem vergitterten Fenster, es war geschlossen. Der Geruch von frischer Wandfarbe hing in der Luft. Doch das Weiß an den Wänden war kaum zu erkennen. Verblüfft bestaunte er trotz brennender Schmerzen die drei Wandseiten direkt in seinem Blickfeld. An den Wänden hingen mit Reißnägeln befestigte Mini-Polaroids. Das müssen Tausende sein, schätzte er beeindruckt. Auf jeder Aufnahme war Gül Güzeloğlu, die er aus der Klatschpresse kannte, zu sehen und ein ihm unbekannter junger Mann. Die Polaroids an seiner Wandseite waren heruntergerissen. Sie lagen verstreut auf dem Boden.
Der Deutsche bemerkte aus den Augenwinkeln, wie seine Geisel zu sich kam. Da sich in der leeren Wohnung kein Tisch mehr befand, hatte er den PC auf dem Boden aufgebaut. Bäuchlings steckte er für die Internetverbindung einen WLAN -Stick in den USB -Anschluss des Rechners. Der Strom war zum Glück nicht abgeschaltet worden. Das Bild der Webcam auf seinem Monitor war hervorragend, zufrieden richtete er die Kamera auf Demirbileks Sohn aus. Seine Geisel positionierte er dabei genau in der Bildmitte, das Fenster und die Polaroids waren außerhalb des Ausschnittes nicht zu sehen.
Scheiße, ängstigte sich Aydin, wo bin ich, was ist passiert, was will der Mann von mir? Sein Magen schmerzte von dem Tritt, der ihn ohne Vorwarnung getroffen hatte. Der zweite Schlag ins Gesicht war das Letzte, woran er sich erinnern konnte. Sprechen konnte er nicht, ein übelriechender Stoffknäuel steckte in seinem Mund. Er hatte unendlichen Durst und befürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Auf seine flehenden Laute reagierte der Mann mit der Maske nicht. Er ignorierte ihn völlig, als wäre er allein in dem Zimmer. Dann schien der Mann mit dem Aufbau des PCs und der Webcam fertig zu sein. Er nahm ein Handy, das Aydin als das seine erkannte.
Der Deutsche wartete, bis der Sekundenzeiger seiner Armbanduhr die volle Stunde anzeigte. Es war auf die Sekunde genau fünfzehn Uhr, als er Zeki Demirbileks Nummer wählte.
Demirbilek stieg gerade die Treppe hoch, als sein Handy klingelte. Er wollte Weniger berichten, dass türkische Kollegen nach München unterwegs waren, um sie bei der Jagd nach dem
Alman,
dem Deutschen, zu unterstützen.
Es war Cengiz, die sich erkundigte, wo Aydin steckte. Demirbilek wusste es nicht und fand es genauso merkwürdig wie sie, dass sein Sohn sie versetzt hatte. Um sie aufzumuntern, beauftragte er sie, das
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