Kommissar Pascha
fragte er, während er die Steine wieder aufstellte.
»Doch, doch. Wir warten auf die Rechtsmedizinerin.«
»Wir?«, fragte Robert nach.
»Ich und meine zwei Frauen.«
»
Deine
Frauen?«, lachte Robert amüsiert auf. Er wusste, wie sein Freund das meinte, dennoch ertappte er ihn gerne dabei, wie er sich als Pascha gebärdete.
»Isabel und Jale. Die zwei aus meiner Abteilung, was glaubst du denn?«, erklärte Zeki und lachte mit, als ihm bewusst wurde, dass sein Freund ihn wieder einmal dabei erwischt hatte, wie er eine gewisse männliche Überheblichkeit zum Ausdruck brachte.
»Kahve?«,
fragte Robert, immer noch lachend.
»Unbedingt!«
Bevor er aufstand, um den türkischen Kaffee zu kochen, überraschte er Zeki mit einer unerwarteten Frage. »Wann kommt denn Aydin?«
»Woher weißt du, dass mein Sohn kommt?«, fragte Zeki verdutzt.
»Schon mal was von Telefon gehört?«
»Hat er dich angerufen?«
»Nein, Selma hat sich gemeldet.«
»Und?«
»Nichts und. Sie hat gefragt, wie es mir geht.«
»Wie es
dir
geht?«
»Zeki! Frauen sind so. Die rufen an und fragen, wie es einem geht.«
Mehr wollte Robert zu dem Thema nicht sagen. Auch wenn Zeki vor Neugier platzte, drängte er seinen Freund nicht. Männerfreundschaften durfte man nicht überstrapazieren.
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22
S tefan Tavuk drückte auf die unscheinbare, im roten Neonlicht glänzende Klingel neben dem Guckloch. Der Eingang des Sultans Harem war mächtig hoch, wobei der Großteil der Konstruktion realistisch echt als osmanisches Palasttor an die Hauswand gemalt war. Eine Frau in weißem Trainingsanzug mit dem Künstlernamen Antonia öffnete mit freundlichem Lächeln und erledigte in Windeseile die Anmeldeformalitäten. Sie kassierte, stempelte die Rabattkarte ab und händigte dem Stammgast den Spindschlüssel aus.
Es war ruhig, sphärische Musik unterstrich das orientalische Ambiente, das Flair aus Tausendundeiner Nacht. Stefan Tavuk zog sich aus und verstaute die Sporttasche im Spind. Er legte den Ehering ab und dachte an seine Hochzeit vor dreizehn Monaten mit Derya. Die Ehe war problembeladen. Deshalb nahm er sich mindestens ein Mal im Monat Zeit für sich. Bisschen Sauna, bisschen Massage, bisschen Sex. Daran war sie selbst schuld. Das Beste an der ganzen Misere war, resümierte er schwitzend in der Sauna, ihren Nachnamen angenommen zu haben. Als Stefan Tavuk hatte er endlich Karriere gemacht, auch wenn es dafür notwendig war, Gül Güzeloğlu zu erpressen. Sein Fachwissen als Metzger war bei der Scheinbewerbung als Geschäftsführer der Döner-Delüks-Filiale in der Landwehrstraße hilfreich gewesen. Eindruck machte er aber bei der kaufmännischen Leitung mit seinem Nachnamen und seiner anatolischen Ehefrau. Er bekam die Anstellung. Mit Arbeitsvertrag und allem, was dazu gehörte, inklusive einer Geheimklausel, nach der er den Laden in zwei Jahren für eine lächerliche Summe übernehmen würde.
In diesem Moment bemerkte er, dass eine dunkelhäutige Schönheit mit Saunatuch über dem Schoß den Platz neben ihm eingenommen hatte. Ihre Schulter berührte die seine. Sein Blick wanderte von ihren freiliegenden, wohlgeformten Brüsten über den Hals, die aufgerichteten Brustwarzen bis zu ihren glattrasierten Beinen. Die Frau erhob sich, ohne das Tuch festzuhalten. Es rutschte zu Boden, so dass sie nackt vor ihm stand.
Stefan Tavuk war es vergönnt, direkt auf Augenhöhe zu begutachten, was eben noch im Verborgenen lag. Er nahm ihre verschwitzte Hand und führte sie aus der Sauna, hinauf über eine mit weichem Teppichboden ausgelegte Treppe in den ersten Stock, dort in einen großzügigen Raum, der auf den stimmungsvollen Namen Sultans Delight getauft war. Stefan war voller Leben und Lust, nie wäre er auf die Idee gekommen, dass es ihm so ergehen könnte wie seinem Partner Bülent Karaboncuk, der tot aus dem Eisbach gefischt wurde.
Stefan Tavuk ließ seiner Haremsdame den Vortritt, dann folgte er ihr. Ohne dass die Frau es merkte, blickte er sich um und entschied sich, den Tresorschlüssel in dem Samowarkessel zu deponieren. Er würde beide Hände brauchen, um die Zeit mit der Frau genießen zu können.
Es dauerte nicht lange, bis die Klingel an der Eingangstür des Sultans erneut gedrückt wurde. Antonia unterbrach die Lektüre des
Playboys
und schaute lächelnd durch das Guckloch.
Pius Leipold, der sich einen Al-Capone-Hut aufgesetzt hatte, um nicht erkannt zu werden, stand an der Tür und lächelte zurück.
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23
A n Schlaf war in
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