Kommissar Pascha
ich ein paar Aufnahmen zusammengestellt. Sie ist vierundzwanzig Jahre, hat in London Design studiert, aber ohne Abschluss, eine schillernde Gestalt, seht selbst.«
Cengiz projizierte das erste Foto an die Wand. Die männlichen Polizisten pfiffen anerkennend. Die Aufnahme zeigte Gül mit neunzehn Jahren als Schönheitskönigin in knappem Bikini.
»War mir klar, dass euch das gefällt, liebe Kollegen. Für die Kolleginnen ist auch was dabei, kein Sorge«, scherzte Cengiz und wechselte zu einem anderen Foto. Es zeigte Gül ein paar Jahre später in dunkelgrauem Business-Outfit mit ernstem Gesicht neben ihrem Vater bei der Einweihung eines Döner-Delüks-Ladens in Bochum. Es folgte ein Paparazzi-Foto, auf dem Gül in Antalya auf einer Yacht in enger Umarmung mit einem jungen Mann und dessen fast nackter Knackhintern zu sehen war – sehr zum Gefallen der Ermittlerinnen. Danach projizierte Cengiz eine freundlich lächelnde Gül in bravem Sommerkleid, umstellt von kreischenden Kleinkindern bei der Einweihung eines Kindergartens in Berlin-Kreuzberg. Auf der nächsten Aufnahme posierte Gül auf dem Titelfoto eines türkischen Hochglanzmagazins bei ihrem Auftritt im Speed. Die Magazinmacher hatten die Pose gewählt, wie sich Gül das Dildo-Mikro obszön zwischen die Beine hielt. Zwei schwarze Balken bedeckten Güls Brüste. Das letzte Foto schließlich zeigte Gül als seriöse Rednerin bei einer Benefizveranstaltung auf einem Podium. Hinter ihr hörten aufmerksam eine Reihe Männer zu, darunter Florian Krust.
Cengiz deutete mit einem Kugelschreiber auf Krust und erklärte: »Das ist Florian Krust, die rechte Hand der Güzeloğlus, was das Geschäftliche betrifft. Übrigens ist er auch Lobbyist für türkisch-deutsche Wirtschaftsbeziehungen.« Dann schaltete sie den Laptop aus.
»Ihr habt ja gesehen, dass Gül in der Öffentlichkeit ganz schön exaltiert auftritt. Pius und ich haben sie observiert, doch sie ist uns am Hauptbahnhof entwischt. Nach den gesichteten Überwachungsvideos ist sie in die S 6 Richtung Tutzing gestiegen. Die Fahndung nach ihr läuft. Was wir definitiv wissen, ist, dass sie das erste Opfer aus dem Eisbach kannte. Ali Karaboncuk behauptet, dass sein getöteter Bruder Gül erpresst hat. Als Schweigegeld hat er monatliche Zahlungen als sogenannter Geschäftsführer des Sultans Harem erhalten. Das Gehalt wurde auf eine Bank in Adana überwiesen. Herr Demirbilek hat das ja schon erwähnt. Ich habe die Aufgabe, alles zu ihrer Person und zur Familie Güzeloğlu herauszufinden. Wer mag mir dabei helfen?«
Leipold grinste, als er die Hände seiner beiden Freunde Herkamer und Stern in die Luft schnellen sah. Er wog ab, ob sie es wegen der neuen, hübschen Kollegin taten oder wegen der Zielperson Gül Güzeloğlu, dessen Leben zu durchleuchten sicher zu den eher interessanten Aufgaben zählen dürfte.
»Gut, Herkamer und Stern kümmern sich um die Familie Güzeloğlu. Maria hilft euch dabei«, entschied Demirbilek und schreckte mit der Anweisung die etwa fünfzigjährige, füllige Beamtin auf. Maria Buchner nickte zur Bestätigung.
Cengiz setzte sich und gab Vierkant ein Zeichen, zu übernehmen. Vierkant räusperte sich mehrfach, stand aber nicht auf, sondern begann, geistesabwesend in ihrer Umhängetasche zu kramen. Unruhe entstand im Raum. Demirbilek erkannte wie die anderen die Nervosität seiner Kollegin und blickte kurz zu Weniger. Dann ging er zu ihr.
»Soll ich übernehmen?«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Ja, bitte«, flüsterte Vierkant zurück, »ich schaff das vor so vielen Leuten nicht.«
Demirbilek klopfte ihr sanft auf die Schulter und wandte sich der Runde zu.
»Ich mach’s kurz, Leute. Kollegin Vierkant war heute bei der Bank von Bülent Karaboncuk. Von seinem Bruder haben wir die Information, dass er dort einen Tresor angemietet hat …«, setzte Demirbilek an, als im Rücken der Besprechungsteilnehmer die Tür aufflog.
Gül Güzeloğlu trug ein einfaches schwarzes Kleid mit hohem Kragen. Zwischen dem Stoff und dem schwarzen Kopftuch, das mit Pailletten besetzt war, lugte ein Stück ihrer weißen Bluse hervor. Die Ähnlichkeit mit einer Nonne wurde durch ihr Make-up so offensichtlich, dass Demirbilek zwangsläufig ihre Erscheinung als Provokation interpretierte. Ihr Auftritt zeigte Wirkung bei den Beamten. Sie hatten sich zu ihr umgedreht und staunten ungläubig. Die per Fahndung gesuchte Frau, deren Fotos sie eben noch bewundert hatten, sorgte in den grauen Diensträumen für
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