Kommissar Pascha
Anmerkung, schwoll aber kurz darauf wieder an, als Wenigers Handy schrill klingelte. Weniger schaute entnervt auf das Display und drückte den Anruf weg.
Demirbilek konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Schnell gab er Cengiz ein Zeichen, mit der Projektion zu starten. Er bemerkte, dass sie sich umgezogen hatte. Der Hosenanzug war für die Besprechung klug gewählt. Er kleidete sie nicht nur gut, er machte sie etwas älter, dachte er, damit erfahrener und seriöser. Cengiz projizierte vom Laptop Tatortfotos, Videosequenzen und gescannte Dokumente an die Wand, während Demirbilek den bisher rekonstruierten Hergang der drei Mordfälle schilderte.
Zweifelsfrei stehe fest, dass Metin Burak sowohl Karaboncuk, den Toten aus dem Eisbach, als auch Tavuk, den Toten im Sultans auf dem Gewissen habe. Die Fingerabdrücke am Hals seien ihm durch das kriminaltechnische Labor dank der gewissenhaften Arbeit von Gerichtsmedizinerin Dr. Ferner zuzuordnen. Damit seien zwar zwei Morde aufgeklärt, doch das Motiv fehle nach wie vor. Warum hat der bis dahin unbescholtene Metin Burak zwei Männer getötet, und warum hat er mit Reißnägeln das arabische Wort Teufel in die Körper gestanzt? Er erklärte weiter, dass die beiden getöteten Männer sich kannten, beide hatten eine Beziehung zu Döner Delüks. Karaboncuk war dort als Bedienung angestellt, bevor er kündigte und zu der Gebäudemanagementfirma wechselte, wo sein Bruder Ali arbeitete. Der zweite Tote, Tavuk, sollte in vier Wochen die Geschäfte einer noch nicht eröffneten Döner-Delüks-Filiale in der Landwehrstraße übernehmen. Unklar sei, warum Tavuk diesen Job bekommen habe. Der Sprecher der Unternehmerfamilie Güzeloğlu behauptet, er habe sich auf dem normalen Bewerbungsweg vorgestellt und sei genommen worden. Döner Delüks sei also die eine Verbindung der beiden Opfer untereinander, hielt Demirbilek fest und fuhr fort, dass sich die beiden möglicherweise auch von ihren Besuchen im Sultans Harem kannten. Tavuk war dort Stammgast, Karaboncuk der angebliche Geschäftsführer. Diesen Posten habe er jedoch niemals ausgeführt. Dazu würden weitere Informationen von den Kolleginnen Cengiz und Vierkant folgen, schloss er ab, beauftragte zwei Beamte, die er als gewissenhafte Rechercheure von früheren Fällen kannte, das persönliche Umfeld der beiden Toten zu überprüfen, und übergab Leipold das Wort.
Leipold begann damit, dass die Damen und Herren nicht mitzuschreiben bräuchten, da die neue Kollegin aus Berlin im jugendlichen Elan alle relevanten Informationen zu Papier gebracht habe. Das Publikum reagierte amüsiert. Leipold nickte Cengiz dankend zu und bekam als Antwort eine ausgestreckte Zunge, was bei den Ermittlern für Gelächter sorgte. Leipold fasste zusammen, dass Burak, nachdem er Tavuk erdrosselt hatte, im Handschuhfach von dessen Auto etwas gesucht haben müsse. Dabei wurde er erschossen. Laut ballistischer Untersuchung stamme die Patrone aus der Türkei.
Ein Beamter mit Hornbrille und schütterem Haar meldete sich zu Wort: »Haben unsere Laborratten herausbekommen, was für eine Waffe benutzt wurde?«
»So wie es ausschaut, ist es eine HK P 8 . Klein, handlich, äußerst zuverlässig und Ordonnanzpistole der Bundeswehr. Unser hochgeschätzter Ermittlungsleiter ist der Ansicht, dass Heckler & Koch eine Herstellungslizenz für Patronen und Waffen auch in die Türkei vergeben hat. Könnte also sein, dass der Mörder von Burak aus der Türkei stammt. Vielleicht sogar aus dem Umfeld der Armee. Zu eurer Info noch: Metin Burak war Soldat der türkischen Armee, bevor er wegen Trunkenheit im Dienst unehrenhaft entlassen wurde … Das muss alles genauer unter die Lupe genommen werden.«
»Gut, dann kümmere ich mich darum«, bestätigte der Beamte.
Jale Cengiz war an der Reihe, sie sammelte sich und fuhr mit dem Vortrag fort.
»Ihr wisst ja schon, dass ein Unbekannter die Wohnung von Bülent Karaboncuk durchwühlt und Feuer gelegt hat. Vermutlich hat derselbe Mann auch die Wohnung von Stefan Tavuk durchsucht. Das Tolle ist: Das, was
er
gesucht hat, haben
wir
heute gefunden. In dem Zusammenhang sind wir auf der Suche nach der Tochter des türkischen Unternehmers Süleyman Güzeloğlu. Einige Indizien sprechen dafür, dass sie in die Mordfälle involviert ist. Und zwar deshalb, weil sie von den beiden Ermordeten erpresst wurde. Sie heißt Gül, was im Türkischen
Rose
und auch
Lachen
bedeutet … das nur nebenbei. Damit ihr euch ein Bild machen könnt, habe
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