Kommissar Steen 01 - Unruhe
Sohn sitzt wegen Mordes an einem NATO -Soldaten im Gefängnis. Ich habe ihm die Möglichkeit verschafft, ihn zu sehen. Eine Hand …«
»… wäscht die andere. Was ist dabei herausgekommen?«
»Der Jungadler erzählte mir, Davidi habe ihn um Hilfe gebeten, die Spuren eines Mordes zu verwischen. Ein ausländischer Journalist sei mit Stanca Gutu zusammen gewesen, und es müsse wie ein Unfall aussehen.«
»Und warum hat der Clanchef ihm geholfen?«
»Davidi war hier unten offenbar nicht irgendjemand. Er stand bei der lokalen Bevölkerung hoch im Kurs, weil er nicht einfach in alte Gewohnheiten verfallen, sondern sauber geblieben war, nachdem man ihn ausgewiesen hatte. Und der Jungadler hatte ein paar Mal versucht, ihn anzuheuern – ohne Erfolg.«
»Davidi hat also mit sich selbst bezahlt?«
»Davon muss man wohl ausgehen. Ich habe ihn nicht dazu bringen können zu sagen, was er dafür tun musste.«
»Aber warum hat Davidi das getan? Warum ließ er Sonne nicht einfach hochgehen?«
»Hier unten ist das alles nicht so einfach. Er mag den Respekt der albanischen Bevölkerung genossen haben, die beinahe in einer Parallelgesellschaft lebt, aber wenn er zu sehr ins Scheinwerferlicht der makedonischen Behörden geraten und der Mord zu einer großen Sache geworden wäre, hätte er leicht im Knast landen können. Das hätte das endgültige Ende seiner Träume bedeutet, nach Dänemark zu kommen und seinen Sohn wiederzusehen. Und das war das Einzige, woran Enver Davidi dachte, jedenfalls wenn man dem Jungadler Glauben schenkt.«
»Und mit Geld konnte man also ein totes Mädchen beiseiteschaffen?«
»Geld, kleine Gefälligkeiten, ein Stück vom Kuchen, aber da will ich meine Nase nicht reinstecken, sonst sind meine Tage hier unten gezählt, jedenfalls läuft das so.«
»Wie können wir sicher sein, dass das alles so stimmt?«
»Sicher sein können wir nicht, aber wir haben sein Wort, und darauf ist in diesen Breitengraden normalerweise Verlass. Außerdem bekam er den Adler.«
»Was?«
»Davidi wurde der Adler tätowiert, als er sich der Organisation des Jungadlers anschloss. Das machen die immer so. Das albanische Nationalsymbol. Du weißt schon, wie die Russenoder die Rocker. Man bekommt sein kriminelles Tauglichkeitszertifikat in die Haut gestochen, damit man weiß, wo man hingehört.«
Der Adler und das Datum auf Davidis Brust.
Axel bedankte sich und beendete das Gespräch.
Am dritten Tag bekam er Besuch von John Darling. Er kam, um Axels Aussage zu Sonnes Tod aufzunehmen.
Ob er beide Morde gestanden habe, wollte Darling wissen. Axel erinnerte sich an Sonnes Bemerkung über Piver, der mit ins Netz gegangen sei, weil er im Besitz eines Videos gewesen war.
»Ja, er hat beide gestanden. Ohne Zweifel. Er hat sie beide umgebracht.«
Axel erzählte ihm, was er über Stanca Gutu wusste. Das stellte Darling zufrieden. Die Steine passten zusammen und ergaben ein Bild.
Der große Mann stand am Fenster und sah hinaus.
»Es ist schon seltsam, wenn man bedenkt, wie lange wir ihn gekannt haben. Ich habe hundertmal mit ihm gesprochen. Ohne etwas zu merken – außer der Antipathie, die man Journalisten gegenüber ja immer empfindet, die einen nicht in Ruhe lassen.«
»Aber diese Erfahrung machen wir ja nun nicht zum ersten Mal, oder? Man kann niemandem hinter die Stirn sehen.«
»Die Zeitungen haben keinerlei Hemmungen, über ihn zu schreiben, die wildesten Spekulationen über Sonnes Motive, da würden selbst hart gesottene Verschwörungstheoretiker neidisch werden. Außerdem sind schon die ersten Geschichten über seine Vergangenheit und seine Karriere im Umlauf.«
»Was genau?«
»Das Übliche. Als Kind hat er Spinnen die Beine ausgerissen, Zündeleien, Demütigungen beim Militär, du kennst das ja. Und alte Kollegen erzählen, dass er unbedingt der ganz große Kriegsreporter sein wollte, der von den Krisenherden dieser Welt berichtet, aber nie über Kosovo und Makedonien hinausgekommen ist, von da an aber ein anderer war und krankgeschrieben und letztlich gefeuert wurde. Stimmungsschwankungen, Wutanfälle und Konzentrationsprobleme, bis er eine Chance zunächst als Volontär bei Ritzau bekam, dann bei BT und schließlich als Kriminalreporter beim Ekstra-Bladet, wo er vier Jahre lang gearbeitet hat. Die Arschgesichter verweigern uns Zugang zu seinem Büro und seinem Computer, von wegen Pressefreiheit, aber wir gehen davon aus, dass das Landgericht im Laufe des Nachmittags eine Verfügung in unserem Sinne
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