Kommissar Steen 01 - Unruhe
gibt, seiner Gefängnisstrafe, seiner Kriminalität. Wir wissen, dass er mehrere Male in Dänemark war. Und wenn du sagst, er habe Kontakt mit dir aufgenommen, dann macht mich das sehr neugierig, denn das ist ein Muster, das wir sehr häufig bei Leuten aus der Drogenszene beobachten, die ausgewiesen wurden – nicht unbedingt, dass sie wieder hierherkommen, aber dass sie weiter in der Branche tätig sind und mitmischen, wenn es darum geht, den Drogenhandel aus dem Ausland zu steuern. Deshalb brauche ich deine Hilfe. Sagt dir das irgendetwas?«
»Ich weiß nichts über sein heutiges Leben. Wir hatten fast keinen Kontakt, aber ich glaube nicht, dass David den Drogenhandel gesteuert hat. Dazu war er viel zu unorganisiert. Er war nicht in der Branche tätig, wie du das nennst. Das glaube ich jedenfalls nicht.«
»Wie war eure Beziehung?«
»Was soll ich sagen? Ihr habt ihn abgeschoben, was meinst du also mit Beziehung? Er durfte nicht hier sein, er durfte seinen Sohn nicht sehen. Ich hatte nicht das Geld, Louie zu ihm zu bringen, wir hatten also keine Beziehung.«
»Ich muss mehr darüber wissen, wie du heute lebst.«
»Was meinst du?«
»Job, Partnerschaft, Louies Schule. Ich brauche ein paar Fakten.«
»Wieso das? Stehe ich unter Verdacht?«
»Nein, das tust du nicht, aber ich muss wissen, wo und wie ich dich erreichen kann, wenn es notwendig sein sollte, und ob noch andere Familienmitglieder involviert sind. Du wirst nicht verdächtigt, aber ausschließen kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts.«
»Es muss merkwürdig sein, einen Job zu haben, in dem man nie Vertrauen zu den Menschen hat.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich arbeite als Krankenpflegerin, sodass ich mich um Louie kümmern kann. Mein Verdienst ist okay, es läuft. Louie geht in die Schule im Frederikssundsvej. Ich bin Single. Ein Jahr nach Davids Abschiebung hatte ich mal eine Beziehung, aber die ging schief. Sonst noch was?«
»Im Moment nicht. Kann ich deine Handynummer haben, bitte?«
Sie tauschten Nummern aus. Er erhob sich vom Sofa und stand nun vor ihr. Sie war sehr anziehend, schön auf eine verletzliche und zerbrechliche Art, die Durchsichtigkeit der Augen und die sanfte Form der Lippen. Sie roch schwach nach Schweiß, Salz und weicher Haut. Ihre Hand war warm und feucht, als sie sich verabschiedeten.
In der Tür blieb er stehen, während sie die Tassen vom Tisch nahm.
»Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass dein Name Laila war, als wir uns damals begegnet sind.«
In ihrem Blick lag keinerlei Wärme, als sie den Kopf hob und sagte:
»Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass dein Name Bulle war.«
20
Es war kurz vor zwölf, und Axel schaltete das Autoradio ein, aber es kam nichts über den Mord. Vielmehr überboten sich Vertreter sämtlicher politischen Parteien darin, die Unruhen der letzten Nacht zu verurteilen und Vorschläge zu präsentieren, welche Mittel der Polizei zur Verfügung gestellt würden, um die Zügel straffer anzuziehen. Als ein innenpolitischer Sprecher des bürgerlichen Lagers verlangte, die Polizei solle mit Wasserwerfern ausgerüstet werden, schaltete Axel das Radio aus. Er fuhr über die Nørrebrogade in Richtung Innenstadt. Am Jugendzentrum standen viele Neugierige und Trauernde herum, und noch immer waren die Überreste der nächtlichen Feuer zu sehen, einzelne verbrannte Autos in den Seitenstraßen. Ansonsten hatten sich die Straßen wieder ihre Alltagskleidung übergestreift; die farbenprächtigen zweisprachigen Schilder der Straßenläden und die Warentische hatten die Bürgersteige zurückerobert.
Sein Handy klingelte. Ein Anruf aus Skopje.
»Stanca Gutu, einundzwanzig Jahre alt, moldawische Prostituierte, wurde am Morgen des 18. März 2001 tot im Hotel Macedonia in Tetovo aufgefunden. Erst ins Gesicht geschlagen, dann erwürgt. Der Mord wurde nie aufgeklärt.«
»Was hatte Enver Davidi damit zu tun?«
»Er wurde in dem Fall zweimal verhört und hatte Verbindungen zum Anführer des Clans, der die Hand auf Import und Verkauf von Mädchen aus Moldawien und der Ukraine hat. Waffenhandel, Drogen und andere Nettigkeiten, ein dicker Fisch hier unten. Er schaltete sich in die Sache ein und bezahlte dafür, dass der Fall zu den Akten gelegt wurde.«
»Versteh’ ich nicht. Kannst du mir das vielleicht ein bisschen genauer erklären?«
»So wie ich es verstehe, wurde dieses liebreizende moldawische Mädchen nach einer langen nächtlichen Party, in die Davidi möglicherweise verwickelt
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