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Kommt Schnee

Kommt Schnee

Titel: Kommt Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Bestandteil der Basler Machtmaschine. Wie ein Zahnrad in einer Tinguelymaschine. Würde man es herausnehmen, wäre die ganze Maschine kaputt. Sollte er ihn bitten, seinen Ton zu mäßigen? Nein, danke! Windler machte Karrieren und zerstörte sie. Und Kohler beabsichtigte Karriere zu machen. Das war sein Ziel, daraus leitete er seine Strategie ab. Deshalb konnte Windler tun, was er tat. Der Baselbieter Beamte war sich im Klaren darüber, dass er sich genauso gut vor eine vorwärts rollende Dampfwalze hätte legen können, wenn er versucht hätte, sich gegen Windler zu stellen. Adieu Erster Staatsanwalt hätte das bedeutet. Adieu Justizdirektor. Geflundert von Windler wäre seine Karriere beendet gewesen, bevor sie noch richtig begonnen hatte. Ohne Windlers Segen würde er in dieser kleinen großen Stadt höchstens noch Deutsch-Nachhilfestunden geben können oder Feldenkraismethodenlehrer werden, vielleicht (grad) noch ein befristetes Kleinpensum als Gewerbeschullehrer ergattern können. Also schwieg Kohler, denn er hatte keine Lust, seine Zukunft als Penner unter einer der vielen Brücken in Basel zu verbringen.
    Auch Baumer und Heinzmann schwiegen. Allerdings aus anderen Gründen. Windler war nicht wichtig für sie. Eine unerwartete Steigung auf ihrem Weg zur Auflösung des Falls. Zwar steil, aber letztlich zu überwinden.
    Endlich ging Windlers Sermon seinem Ende zu. »Ich habe Ihnen gesagt, dass der Fall abgeschlossen ist«, erinnerte der Chef der Kriminalpolizei an seine Weisung. »Alles ist in bester Ordnung. Auch der Herr Staatsanwalt« – Windler gelang ein Lächeln und eine nette Handbewegung zu Kohler – »ist dieser Meinung.« Er blickte Kohler freundlich an. »Sie sind doch auch der festen Überzeugung, dass niemand zu Schaden gekommen ist?«
    Damit musste Kohler Farbe bekennen. Ihm schoss sofort prickelnde Hitze in den Kopf. Rote Flecken bildeten sich auf seinen Backen. Er schluckte. Dann räusperte er sich, um Zeit zu gewinnen. »Nun ja. Gut. Hhm«, sagte er. »Wie also schon Herr Windler sagt, also, es ist niemand zu Schaden gekommen.« Er beeilte sich, sofort in schnellem Tempo nachzuschieben, »also, natürlich, was ich meine, ist, dass eine ganz schlimme Sache passiert ist. Zwei Tote also, aber die Sache ist geklärt. Der Serbe ist von einem Drogensüchtigen im Affekt, ich betone Affekt, erschlagen worden. Dieser wiederum wurde dann in Notwehr erschossen.«
    Windler bellte die beiden Polizisten an. »Und darum will ich nicht, dass Sie, Heinzmann, Ihre Nase und Sie Baumer, Ihre schäbig langen Füße in Dinge hineinstecken, die Sie nichts angehen.« Er war dicht an Baumer herangetreten, schaute mit verächtlich verzogenem Mund auf dessen übergroße Füße hinunter, dieses sichtbare Zeichen eines Ungenügens im Wettbewerb der Schönheiten. Windler sagte zu den Füßen: »Der Fall ist abgeschlossen. Lassen Sie Gomez in Ruhe. Ich verbiete Ihnen, weiter zu ermitteln.« Damit drehte er sich zum Staatsanwalt, dessen Achselhöhlen bereits nass geschwitzt waren und der fürchtete, dass man seinen Angstschweiß riechen konnte. »Sagen Sie diesen zwei Schmierlappen, dass es von übergeordnetem Interesse ist, in Basel keine ausländischen Geschäftsleute zu belästigen. Na, los, sagen Sie es ihnen!«
    Kohler bekam Panik. Er fürchtete, dass man ihm seine Angst ansehen konnte. Schweißperlen bildeten sich nun auch auf seiner Stirn, dicht am Haaransatz. Er getraute sich aber nicht, sie wegzuwischen. Das wäre zu verräterisch gewesen.
    Windler hatte seine eigenen Leute als Schmierlappen bezeichnet. Fettig verdreckte, alte Putzlappen. Ein übles Schimpfwort. Das war schlimm. Viel schlimmer als diese Geifereien von Windler war für den Staatsanwalt aber, dass ihm der Chef der Basler Kriminalpolizei einen direkten Befehl gegeben hatte. Zumindest hatte Kohler es so verstanden. Und damit hatte er ein echtes Problem. Formal hatte Windler ihm grundsätzlich nichts zu befehlen. Traugott Buser war sein Chef. Doch für den Staatsanwalt aus dem Baselbiet war Traugott Buser nur ein typischer Baselbieter Bauer. Eine Nuss. Ein Provinzler. Einer, der in Rümlingen oder Zeglingen angesehen war – auch wenn selbst das nicht einmal sicher war. Ihm, Kohler, konnte er längerfristig keine Karriere ermöglichen. Vielleicht konnte er ihm einmal ein größeres Büro besorgen. Wirklich weiterbringen konnte ihn hingegen nur Windler. Der hatte Beziehungen nach weit oben. Doch was tun? Man musste vorsichtig bleiben. Buser hatte genug

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