kommt wie gerufen
griff nach einer Tortilla und biß entschlossen hinein.
»Das sind Anhänger Mao Tsetungs«, sagte Farrell. »Kuba ist heutzutage voll von ihnen.« Warnend legte er einen Finger an die Lippen, schlich auf Zehenspitzen in eine Ecke des Raumes und drückte das Gesicht fest an die Bretter. Kopfschüttelnd kehrte er zurück. »Zu finster. Aber ich habe draußen ganz deutlich ein Flugzeug landen hören, während die versucht haben, Sie ins Bewußtsein zu holen.«
»Ein Flugzeug«, sagte Mrs. Pollifax stockend. »Dann befinden wir uns auf einem Flugplatz? Welcher kann das sein?«
Er zuckte die Schultern, setzte sich und kaute an seiner Tortilla.
»In einer sternklaren Nacht könnte ich mich orientieren. Ich glaube, man hat uns in einen abgelegenen Winkel von Mexiko verschleppt, wo die Roten eine geheime Startpiste angelegt haben, von denen sie mehrere besitzen sollen.«
Argwöhnisch erwiderte Mrs. Pollifax: »Sie scheinen ja trefflich unterrichtet zu sein. Woher wissen Sie das alles, wenn Sie nicht zu ihnen gehören?«
Er grinste. »Sie trauen mir nicht? Damit machen Sie selbst mich zum erstenmal mißtrauisch, Herzogin. Aber man hat auch mich entführt, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Von einem Rendezvous fortgefischt, das ich mit der schönen Miß Willow Lee hatte, diesem Miststück!«
»Ich muß schon bitten!« sagte Mrs. Pollifax entrüstet.
»Verzeihung«, sagte er nach einem flüchtigen, amüsierten Blick auf sie. »Aber sie ist es wirklich. Beste Verbindung in Peking.«
»Und mit einer solchen Frau waren Sie verabredet?« Mrs.
Pollifax war erstaunt.
Er grinste. »Meine Teuerste, ich wußte alles über sie, als ich ihr das erstemal begegnet bin. Was ich allerdings nicht ahnte und was mir jetzt allmählich dämmert, ist, daß auch sie über mich bestens im Bilde war. Aber wie sind Sie in diese Sache geraten?«
Die Frage traf Mrs. Pollifax zutiefst. Sie dachte bei sich: »Ich bin hier, weil ich eines Tages Geranien aufs Dach getragen und mein Leben so sinnlos gefunden habe.« Und plötzlich lachte Mrs. Pollifax, obwohl sie sich eben noch kleinwinzig vorgekommen war und sich auch ein bißchen gefürchtet hatte. »Ich habe kein Recht, mich zu beklagen, ja nicht einmal, mich zu fürchten«, hielt sie sich vor.
»Zwar habe ich keine Ahnung, was mir bevorsteht, und in meinem Alter kann das besonders peinlich sein, aber ich habe mir ein kleines Abenteuer gewünscht und genau das habe ich jetzt.« Mit einem Schlag wurde sie gelassen und furchtlos. »Ich glaube, das spielt wirklich keine Rolle«, erwiderte sie. »Aber vermutlich bin ich hier, weil ich in Mexico-City in einem kleinen Laden ein Buch kaufen wollte.«
Farrell bedachte sie mit einem sonderbaren Blick. »Doch nicht im El Papagayo«, sagte er gedehnt.
Sein Gesicht schwamm auf sie zu und versank dann. Sie hörte ihn mit schwerer Zunge lallen: »Verdammt, die müssen das Zeug in die Tortillas getan haben.«
Mrs. Pollifax nickte weise. Gerade so viel Nahrung, daß sie nicht verhungerten, und dann Drogen in den Speisen, um sie wieder zu betäuben. Sehr geschickt, dachte sie, und war diesmal vorsichtig genug, sich zu setzen, um nicht auf den Fußboden zu fallen. »Ich bin schon sehr routiniert«, dachte sie stolz und lächelte sogar leise, als sich die vertraute Finsternis über sie senkte und Farrell und ihr Bewußtsein verschluckte.
6
Carstairs befand sich am Vormittag des 20. August bei einer Besprechung mit einem Beamten des Außenamtes, als Bishop ihm einen Becher schwarzen Kaffee und eine Meldung aus dem Fernschreiber brachte: CARSTAIRS. DRINGEND. »Trinken Sie lieber zuerst den Kaffee«, riet er ihm trocken, und Carstairs sah ihn mißmutig an, ehe er zu lesen begann:
LEICHE IDENTIFIZIERT ALS RAFAEL DE GAMEZ. INHABER BUCHLADEN PAPAGEI, CALLE EL SIGLO, MEXICO-CITY. WURDE GESTERN NACHT 19. AUGUST IM KANAL ENTDECKT. TODESURSACHE MESSERSTICHE ODER ERTRÄNKEN. POLIZEI SCHÄTZT TOD TRAT ZWEI TAGE FRÜHER EIN, 17. AUGUST. ERHEBUNGEN IM GANGE.
Carstairs starrte die unpersönlichen, schwarzen Buchstaben an und fühlte, wie er wütend wurde. Kein Mensch verdiente einen solchen Tod, und es genügte ihm nicht immer, daran zu denken, daß seine Leute sich über ihre Risiken im klaren waren.
Sobald er sich wieder in der Gewalt hatte, hob er den Kopf und sagte beherrscht: »Ich wünsche die vollständigen Unterlagen darüber. Stammt diese Meldung von der Polizei in Mexico-City oder von unserem Freund in Monterey?«
»Monterey«, antwortete Bishop
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