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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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nenne –, Sie interessieren und erstaunen mich. Ich bin zu dem Schluß gelangt, daß Sie doch keinem Frauenrechtlerverein angehören.«
    »Das stimmt. Dafür bin ich aber Mitglied des Klubs der Gartenfreunde, des Kunstvereins, des – «
    »Gnade!« flehte er mit hocherhobenen Armen. »Wenn General Perdido das wüßte, er würde erbleichen.«
    »Welcher General?«
    Sein Blick wanderte zum Fenster. »Nur einer meiner Bekannten.«
    Er beugte sich nach vom. »Wir fliegen noch immer hoch, aber ich glaube, ich habe dort unten Lichter gesehen.« Bissig setzte er hinzu: »Begreifen Sie, worauf Sie sich eingelassen haben? Wissen Sie, wie unsere Chancen stehen?«
    Mrs. Pollifax’ Wimpern zuckten. Schon wollte sie die Arglose spielen, aber auf die Dauer war das zu mühsam. Deshalb antwortete sie sehr still: »Ja.«
    »Was, ja?« drängte er.
    Sie hoffte, er würde sie nicht anbrüllen. Würdevoll ergänzte sie: »Ich bin mir völlig klar darüber, daß wir von gefährlichen Leuten entführt worden sind, und ich Mexico-City vielleicht niemals wiedersehen werde.«
    »Und Ihren Klub der Gartenfreunde und den Kunstverein auch nicht«, sagte er grob. »Bedrückt Sie das gar nicht?«
    Mrs. Pollifax hätte ihm gern bekannt, daß sie das natürlich bedrückte. Schließlich bestand ein himmelweiter Unterschied zwischen einem beinahe erfolgten freiwilligen Schritt über die Dachkante des Wohnhauses hinaus und dem Gefühl, der Willkür offensichtlich ungemein brutaler Menschen ausgeliefert zu sein. Sie wollte nicht in einem fremden Land sterben und machte sich keine Illusionen darüber, daß Mr. Carstairs oder ihr Vaterland ihr zu Hilfe eilen würden. Sie stand auf einsamem Posten, aber sie war an Einsamkeit gewöhnt und fürchtete sich nicht davor. Was sie fürchtete, war die Vorstellung, daß sie ihre Menschenwürde verlieren könnte. Sie wußte nicht, wieviel sie zu ertragen imstande war, denn bisher waren ihr Grausamkeiten erspart geblieben. Wenn ihr Leben bald enden mußte, dann hoffte sie nur, daß sie ein ehrenhaftes Ende erwartete.
    Aber sie sah nicht ein, weshalb sie darüber mit dem Mann reden sollte, der in der gleichen Gefahr schwebte wie sie und sicher ähnliche Gedanken hegen mußte. Sie durfte sich auf keinen Fall die geringste Unsicherheit anmerken lassen. Das ist das mindeste, was das Alter für die Jugend tun kann, dachte sie. »Deshalb müssen Sie ja nicht mit mir zanken«, sagte sie gelassen. Ihr Blick fiel auf den Sitz neben Farrell, und sie rief erstaunt: »Sehen Sie doch – meine Handtasche! Man hat sie mir nicht genommen, sie steckt zwischen den beiden Sitzen.«
    »Natürlich genau durchsucht«, meinte er und reichte sie ihr. »Was ist drinnen?« Er rückte näher, als sie die Schließe aufschnappen ließ.
    Auch ihr war zumute wie beim Öffnen eines geheimnisvollen Weihnachtspakets.
    »Sie ist bedeutend leerer geworden«, nickte sie und guckte ins Innere. »Ja, sie haben ein paar Sachen herausgenommen. Ach, mein Aspirin fehlt«, stellte sie betrübt fest.
    »Äußerst verdächtig.«
    »Und Bobbys Taschenmesser haben sie auch genommen. Das ist nämlich mein elfjähriger Enkel. Aber mein Heftpflaster ist hier und meine Brieftasche und das Geldtäschchen und die Lippenstifte – oh, sehen Sie doch!« rief sie beglückt, »man hat mir meine Spielkarten gelassen.« Sie begrüßte sie wie alte Freunde und ließ sie liebevoll aus dem Karton gleiten.
    »Schwacher Trost«, brummte Farrell.
    »Ach Sie, Sie haben ja keine Ahnung, wie tröstlich die sein können«, sagte sie mit der Begeisterung einer Bekehrten. »Ich beherrsche bereits zweiundzwanzig Spielarten. Natürlich gibt es viel mehr, aber Patiencelegen ist so entspannend. Jetzt habe ich wenigstens eine Beschäftigung.« Schon legte sie die Karten auf dem Sitz im Kreise auf. »Die Schokolade hat man mir auch gelassen«, sagte sie unaufmerksam. »Essen Sie eine, wenn Sie möchten.«
    »Sie sind auch nicht besonders hungrig, wie?« fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf, ohne den Blick von den Karten zu wenden.
    Mit komischer Stimme sagte er: »Dabei sollten wir hungrig sein. Wahnsinnig hungrig sogar.«
    Mrs. Pollifax legte eine Karte nieder und sah ihn an. »Stimmt, das ist wahr«, sagte sie erstaunt. »Ich habe gefrühstückt und dann den Tee bei dem Mann getrunken und dann nichts mehr gegessen bis am Abend, und da hatte ich nur eine Schnitte Brot und eine Tortilla ohne Geschmack. Eigentlich sollte mir der Magen knurren.«
    Er zauderte, dann rollte er seinen Ärmel

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