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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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wohlbehalten mit mehr Vitalität, als sie aufbringen konnte, und sie beneidete ihn. Gemeinsam gelangten sie hinter der Baumgruppe ins offene Gelände und entdeckten dort Farrell.
    Die Gegend bot nicht die geringste Tarnungsmöglichkeit, und sobald sich herausstellte, daß sie nicht tot im Wagen lagen, wußte General Perdido, daß sie nicht weit sein konnten. In einiger Entfernung sah Mrs. Pollifax das Dach einer Hütte, wieder ein ausgetrocknetes Bachbett und einen Stall, in dem die Ziegen oder Hühner nachts untergebracht waren. Ein Gegenstand in der Ecke dieses Stalles erregte ihre Aufmerksamkeit. Es war ein zweirädriger, primitiver Holzkarren, der bis oben mit Heu gefüllt war.
    »Da«, flüsterte sie, und stumm bewegten sie sich auf diesen Karren zu, ohne genau zu wissen, was sie mit ihm anfangen sollten.
    Zum Glück stand der Karren nicht im Blickwinkel der Hütte, in der vermutlich die Bauern wohnten, und er war rundum das einzige, was sie verbergen konnte. Da standen sie und starrten ihn ziemlich dumm an, bis Mrs. Pollifax begriff, daß Farrell und der Dschinn völlig erschöpft waren und es an ihr war, die Lage in die Hand zu nehmen.
    »In den Karren«, rief sie und zerrte das Heu heraus. »Rasch, beide.«
    »Und Sie?« fragte Farrell.
    »Die wissen nicht, daß ich Bauernkleider trage«, sagte sie und hoffte aus ganzem Herzen, daß sie nicht irrte. »Außerdem suchen sie nach drei Menschen.« Rücksichtslos stapelte sie das Heu über die beiden. »Um Himmels willen, rührt euch nicht.«
    Einer antwortete mit einem Niesen.
    »Und nicht niesen«, befahl sie wütend. Das Flugzeug kreiste über dem Wäldchen, in dem sie den Wagen verlassen hatten, und sie bemerkte erst jetzt, daß sich über den Bäumen eine schwarze Rauchwolke erhoben hatte. Dann brannte also der Wagen noch, aber die Überreste würden bald genügend abgekühlt sein, um eine Durchsuchung zu gestatten. Jedenfalls konnte sie nicht unbegrenzte Zeit hierbleiben. Mrs. Pollifax betrachtete den Karren prüfend, ließ den Blick über die Gegend schweifen und stieß dann den Stein unter den Rädern fort. Sie holte tief Atem, griff nach der Deichsel und zog an.
    Sie befand sich mitten in der Wiese, als ein zweites Flugzeug über ihr hinwegflog. Mrs. Pollifax blickte auf, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. »Ein Wasserflugzeug«, dachte sie aufgeregt.
    »Und wo es Wasserflugzeuge gibt, muß auch Wasser sein.«
    Wasser!

 
    20
    Nachdem Mrs. Pollifax zehn Minuten lang vom Karren geschoben worden war und ihn weitere zehn Minuten lang gezogen hatte, mußte sie sich eingestehen, daß sie weder ein Ochse noch jung genug war, die Arbeit eines Ochsen zu leisten. Der Boden war uneben, und nachdem er vorher wenigstens die Rücksicht besessen hatte, abschüssig zu sein, hatte er jetzt begonnen anzusteigen. Am entmutigendsten aber war das Maisfeld, das sich vor ihr ausbreitete.
    Die Vorstellung, es umgehen zu müssen, war niederschmetternd.
    Mrs. Pollifax hielt an, legte die Deichsel nieder, wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und sagte laut und verzweifelt:
    »Ich kann euch einfach nicht mehr ziehen.«
    Als erster tauchte der Dschinn aus dem Heu auf. »Ganz richtig«, sagte er knapp. »Farrell hat eine Ruhepause auch dringend nötig. Am besten, wir kriechen in den Mais und rasten ein wenig.«
    Das war eine sehr schlechte Idee. Mrs. Pollifax wußte es, und der Dschinn wußte es sicher auch, denn falls das brennende Auto General Perdido abgelenkt hatte, dann bestimmt nicht für lange.
    Und doch gab Mrs. Pollifax zu, daß sie keine andere Möglichkeit hatten. Erschöpft, wie sie war, konnte sie einfach nicht mehr weiter, und selbst ihr Denken war abgestumpft. Es strengte sie schon an, auch nur den Vorschlag des Dschinns zu überlegen, und jeder Instinkt sagte ihr, daß ein klarer Verstand nötig war, um es mit der Verschlagenheit des Generals aufzunehmen. »Ja«, sagte sie nur, trat zurück und überließ es dem Dschinn, Farrell aus dem Heu zu helfen.
    Farrell sah aus wie ein Gespenst, aber zumindest war er geistesgegenwärtig genug, die Lage mit einem Blick zu erfassen und zu sagen: »Wir dürfen keine Halme knicken, wenn wir ins Feld kriechen. Und der Karren kann hier nicht stehen bleiben.«
    Die glänzenden Vogelaugen des Dschinns funkelten wie immer halb spöttisch, halb neugierig. Er schob beide Hände in die Ärmel, verneigte sich und sagte: »Gehen Sie nur, ich bringe den Karren weg und verwische beim Zurückkommen Ihre

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