Komoedie des Alterns
Geländewagens trank er eine Flasche Wasser in einem Zug leer, dann einen Becher Wein, woraufhin er sich eine Pfeife anzündete und zu den Saranis ging, etwas erschöpft, sich grußlos an Sophie wandte und ihr versicherte, weder das Fest, das heute stattfinde, noch der um viele Wochen vorgezogene Barackenbau,der unter der Leitung der Frau, mit der er gekommen sei, einer amerikanischen Architektin, eben beginne, koste auch nur einen Piaster, er werde Sophie später erklären, wie er die Sache mit Mustafa eingefädelt habe.
Er bitte sie, und sie möge diese Bitte an die anderen weitergeben, die Arbeit für den Rest des Tages ruhen zu lassen, damit alle erholt zum Fest kommen und es genießen könnten. Bis zum Abend seien in der Baracke, die man nun aufstelle, zwei Zimmer fertig und zu besichtigen, am Ende der Woche werde jeder ein eigenes Zimmer beziehen.
Nun erst, erinnerte Sarani sich, habe der Österreicher sich an ihn gewandt. Zacharias wisse, habe Freudensprung gesagt, daß er Mustafa für einen Gangster halte. Nun aber sehe Heinrich: Mustafa sei auch ein umsichtiger Mann, gewissermaßen ein fürsorglicher Gangster. Nicht nur in den großen Fragen des Imports komme man nicht an ihm vorbei, auch in den kleinen Fragen des Wohlbefindens der Menschen auf der Wüstenbaustelle sei Mustafa ein wichtiger Ratgeber. Freudensprung habe gedacht, er sei der einzige, dem auffalle, daß alle, die hier arbeiteten, zwar die Arbeit, nicht aber das Leben ertrugen. Was passieren würde, habe er sich gefragt, wenn morgen drei, übermorgen fünf und überübermorgen zehn Arbeiter weggingen, weil sie es nicht mehr aushielten. Das Unternehmen wäre gescheitert, und Mustafa entgingen weitere Aufträge.
Als der in der Vorwoche Freudensprung gefragt habe, warum er sich abseits halte, sich an der Arbeit nicht beteilige, auch nicht mehr zum gemeinsamen Essen komme, habe Freudensprung geantwortet, daß es ihm Sorgen bereite, wie die Menschen von Tag zu Tag freudloserdahinlebten. Mustafa habe ihm beigepflichtet, ja, er habe sogar eingestanden, um zukünftige Aufträge zu fürchten und deshalb an sofortigen Verbesserungen des Lebens auf der Farm interessiert zu sein.
Deshalb, erinnerte Sarani sich, waren die beiden nach Kairo gefahren. Dort ließ der Österreicher sich die Baupläne und die Holzbauteile für die Wohnbaracken zeigen. Sarani hatte sie bei einer norditalienischen Firma bestellt, Mustafa hatte sie importiert. Freudensprung sah beim ersten Blick auf die Pläne, daß diese Art Unterkunft für Mitteleuropa, und auch dort nur in der kühlen Jahreszeit, geeignet war, keinesfalls für die Wüste, wo diese Holzschachteln sich zu Brutkästen aufheizen würden. Freudensprung habe Sarani erzählt, wie schwer es gewesen sei, Mustafa von der Unsinnigkeit dieses Bauvorhabens zu überzeugen. Für den sei das eine ideologische Frage gewesen und keine praktische. Mustafa zufolge gebe es einen internationalen Baustil, und Anschluß an diesen zu finden sei die Aufgabe Ägyptens wie jedes anderen Landes. Im Norden Finnlands werde nicht anders gebaut als im Süden Spaniens, da würden die Gebäude geheizt, dort gekühlt; und in der Wüste Ägyptens müßten sie eben mit besonders starken Klimaanlagen ausgestattet werden. Freudensprung habe ihm entgegengehalten, daß der Zweck der Farmgründung sei, Gemüse zu züchten, aber nicht, Strom, der für Wasserpumpen gebraucht werde, an Klimaanlagen zu verschwenden.
Mustafa, so Freudensprung weiter, habe sich aus dieser ausweglosen Situation durch einen Gedankenblitz befreit. Er habe sich einer jungen New Yorker Architektin entsonnen, die in Kairo als Gastprofessorin tätig gewesen war, mit dem Forschungsziel, herauszufinden, wieman früher in der Wüste gebaut habe und hier und dort noch baue, außerdem: ob das Leben in diesen Bauten trotz der Hitze des Tages und der Kälte der Nacht erträglich sei, und wenn ja, ob man aus dieser Bauweise Lehren für modernes Bauen ziehen könne.
Diese Hexe, habe Mustafa ausgerufen, man sollte sie aus Ägypten jagen! Sie mache die jungen Leute an den Universitäten verrückt mit ihrer Herabwürdigung der Architektur des alten Ägypten, sie verunglimpfe diese Baukunst als Totenkult, die herrlichen Pyramiden und imposanten Gräber als Ausdruck maßloser Menschenschinderei, dem gegenüber nähmen die Lehmhütten der Bauern sich edel und klassisch aus.
Das Problem bestehe darin, habe der Österreicher eingewandt, daß in der Halle, in der Mustafas Importgüter lagerten,
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