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Komoedie des Alterns

Komoedie des Alterns

Titel: Komoedie des Alterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scharang
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Holz gestapelt sei, nicht aber Lehmziegel. Das sei, habe Mustafa scharf entgegnet, tatsächlich ein Problem, welches jedoch die Architektin lösen müsse, sie habe ja, größenwahnsinnig wie sie sei, für alles eine Lösung parat.
    Mustafa hatte Freudensprung die Amerikanerin vorgestellt, die, als sie hörte, er komme aus Österreich, gelangweilt wirkte und meinte, sie habe höchstens eine halbe Stunde Zeit. Freudensprung beeilte sich, über die ersten Tage des Lebens und der Arbeit auf der Farm zu erzählen, wobei sich das Gemüt der Amerikanerin erhellte bis zur Ausgelassenheit. Sie habe, wie sie eingestand, befürchtet, daß man aus Österreich, einem Land, das den Ruf habe, Kulturland zu sein, deshalb hierherkomme, um das alte Kulturland Ägypten zu suchen, und daß der Österreicher in ihr, der Amerikanerin, eine devote Komplizin zu finden gehofft habe, devot, weil sie ja aus einemNicht-Kulturland stamme, wie Europäer glaubten, nicht ahnend, daß auch die Amerikaner vor lauter Hingabe an die Tradition kaum mehr eine Gegenwart hätten.
    Mustafa ließ, nachdem er dem Österreicher den Schlüssel zur Lagerhalle übergeben hatte, die beiden allein, ja er ging, als hätte er einen plötzlichen Entschluß gefaßt, überstürzt und grußlos weg. Die Amerikanerin nannte Freudensprung den Grund: Mustafa hatte ihr vor Wochen einen Heiratsantrag gemacht. Er hatte die Sache von allen Enden her erwogen. An dem einen Ende, hatte Mustafa gesagt, stehe seine große Liebe zu ihr, an dem anderen die große Notwendigkeit für seine Firma, über eine international renommierte Architektin zu verfügen. Er selbst habe eine Lizenz, zu planen und zu bauen, und so importiere er zwar Baumaterial, seiner Firma fehlten aber ausländische Architekten und Bauunternehmer als Teilhaber, wodurch ihm viel Geld verlorengehe. Die beiden Enden der Sache, die große Liebe und die große Notwendigkeit, seien, was man selten erlebe, dabei, zu einer Einheit zusammenzuwachsen, es sei nun an der Amerikanerin, diese Notwendigkeit einzusehen, was er als Beweis ihrer Liebe verstünde.
    Die Amerikanerin, sie hieß Jenna Vanzetti, hatte den Antrag nicht abgelehnt, aber zu bedenken gegeben, daß sie bereits verheiratet sei, allerdings auch eingeräumt, daß das kein Hindernis sei, sie könne sich scheiden lassen; sie lebe jedoch nicht nur mit ihrem Mann, sondern auch mit zwei Freunden zusammen, abwechselnd, nie würde sie das Risiko eingehen, nur einen Mann oder einen Freund zu haben, zu schmerzlich sei es, verlassen zu werden; würde sie sich scheiden lassen, wären drei Männer ihre Freunde und Mustafa ihr Mann. Er habe sich, erzähltesie Freudensprung, beleidigt gezeigt, anstatt sie ernst zu nehmen.
    Diese Geschichte berichtete sie dem Österreicher nebenher, während sie die Holzbestände prüfte, die für den Bau von Baracken vorgesehen waren. Auch Vanzetti bezeichnete Holz als Baumaterial in der Wüste für nicht geeignet, schwächte aber dieses Urteil, als sie den Österreicher verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen sah, sogleich ab und versicherte ihm, mit dem Material für zwei Baracken zumindest eine bewohnbare in kurzer Zeit zimmern zu können, wobei es darum gehe, dem Gebäude eine Innen – und eine Außenhaut zu geben, damit die Hitze, die durch die Außenschicht dringe, durch einen Kanal abziehen könne, dasselbe gelte für das Dach, es müsse in zwei Schichten gewissermaßen über dem Gebäude schweben.
    Freudensprung ging erlöst auf sie zu und küßte sie. Sie erwiderte den Kuß. Am nächsten Morgen erwachten sie in Vanzettis Hotelzimmer und lachten über die List, mit welcher Freudensprung die weibliche Aufsichtsperson im dritten Stock des Hotels übertölpelt hatte, eine Person, wie sie in jeder Etage jedes Hotels der Stadt obligatorisch war, um über die Sittlichkeit der Gäste zu wachen. Jenna Vanzetti hatte bei der Aufsichtsperson über Herzbeschwerden geklagt, Freudensprung hatte sich als Arzt der amerikanischen Botschaft ausgegeben und behauptet, in dem Karton, den er unter dem Arm trug, befinde sich ein Defibrillator. Tatsächlich waren in dem Karton einige Flaschen Rotwein, erstanden beim Italiener um die Ecke, dessen Firma eine Lizenz für Elfenbeinhandel hatte.
    So jedenfalls hatte Sarani diese Geschichte imGedächtnis. Außerdem erinnerte er sich, daß der Österreicher während des Festes zu ihm sagte, er sei mit der Absicht nach Kairo gefahren, sich zu verlieben; er kenne das Vorurteil, Liebe könne man nicht

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