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Komoedie des Alterns

Komoedie des Alterns

Titel: Komoedie des Alterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scharang
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Architektin, der ägyptische Staatssekretär und der österreichische Schriftsteller servierten nicht nur Lamm, sie unterhielten die Gäste, sie stellten nicht bloß die Teller auf den Tisch, sondern machten dazu Bemerkungen der sonderbarsten Art.
    Die Amerikanerin sagte, sie bemühe sich, die Gäste rasch zu bedienen, dennoch brauche alles seine Zeit, schließlich komme das Lamm aus Neuseeland, die Fisolen aus Dänemark, die Kartoffeln aus Zypern. Das war ihr Spiel, und an dem hielt sie fest, jeder Kleinigkeit, die sie auftrug, dichtete sie eine fabelhafte Herkunft an. Mustafa hingegen mimte den ägyptischen Nationalisten, alles, was er servierte, nannte er eine Nationalspeise, aus diesem Dorf komme das Fleisch, aus jener Stadt der Fisch, aus dem übernächsten Dorf das Brot, aus der benachbarten Region das Gemüse.
    Freudensprung, erinnerte Sarani sich, hatte es schwer, neben den beiden zu bestehen, und so verzichtete er auf komische Bemerkungen und besann sich auf die Rolle des Musikers, in der er schon einmal Erfolg gehabt hatte. Konnte er zwischen den Gängen ein wenig verschnaufen, weil er keine Speisen auftrug, sondern nurGläser nachfüllte, sang er den Gästen Gstanzln vor, Vierzeiler, wie er sie an langen Winterabenden mit Sarani und anderen Freunden in obersteirischen Berghütten gesungen hatte.
    Sarani erinnerte sich, das Festmahl dennoch nicht unbeschwert genossen zu haben. Welche Gestalt die Baracken, die nun überstürzt nach Ideen der Amerikanerin gebaut werden sollten, annähmen – ob sie tatsächlich den Bedürfnissen der zukünftigen Bewohner entsprächen –, diese Frage beschäftigte ihn den ganzen Abend, während er den anderen zuliebe ausgelassen zu wirken versuchte. Die erste Baracke wurde am Tag nach dem Festessen fertiggestellt – sie war beispielhaft für alle folgenden Bauten, die auf der Farm entstanden: Schutz gegen die Hitze des Tages und vor der Kälte der Nacht. Sobald die wirtschaftliche Situation es zuließ, wurde Holz seltener verwendet.
    Freudensprung bezog nicht wie die anderen ein Zimmer in der ersten Baracke, er wohnte mit der Amerikanerin in deren Geländewagen. Die beiden schienen unzertrennlich, auch wenn Freudensprung, kaum wurde mit dem Bau der ersten Baracke begonnen, sich einer anderen Arbeit zuwandte. Er schichtete, um die zukünftigen Felder vor dem Wüstensand zu schützen, Steine, die auf seine Initiative hin mit einem Lastwagen geliefert worden waren, zu einer mannshohen Mauer. In der Planung für die ersten Monate war das nicht vorgesehen.
    In den Pausen saßen Vanzetti und Freudensprung beisammen, stets ein wenig abseits, wohl um die anderen mit ihrem Geschnatter und Geturtel nicht zu inkommodieren, sie paffte einen Zigarillo, er die Pfeife, er trank ab mittags Rotwein, verdünnt mit Wasser, mit dem frischenWasser, das aus dem Boden gepumpt wurde, sie Budweiser Bier.
    Sarani erinnerte sich, an seinem Schreibtisch im Zelt gesessen zu sein, als Sophie und Jenna hereinkamen und sich an dem anderen Tisch niederließen. Sophie, welche die Amerikanerin von der ersten Sekunde an ins Herz geschlossen hatte, versuchte, als ein Erfolg mit der Baracke sich abzeichnete, Vanzetti für das Team der Farmgründer zu gewinnen, doch die winkte, ohne nachzudenken, ab: Sie sei nur zufällig hier, sie plane noch die Dachkonstruktion der Baracke, und sobald sie sehe, daß die Handwerker das Prinzip verstanden hätten, reise sie nach New York; ein Kollege aus Berlin warte dort auf sie und brauche ihre Hilfe, er arbeite an einem Buch über das Glashaus des neunzehnten Jahrhunderts, und sie habe als erste die Glashäuser in den USA, insbesondere das gigantische in New York, von denen keines mehr existiere, erforscht; sie wisse, wo die Pläne liegen.
    Er war aufgesprungen, erinnerte Sarani sich, war von seinem Schreibtisch mit großen Schritten zu Vanzetti gegangen und hatte gesagt, ihr Kollege aus Berlin müsse Georg Loser heißen. Ruckartig stand Vanzetti auf, zwang sich aber sofort, gelassen zu bleiben, und schaute, als sie zu sprechen begann, niemanden an. Wenn sie sich in den USA oder in Europa aufhalte, sagte sie, habe sie mitunter den Eindruck, jeder kenne jeden, wenn nicht überhaupt jeder mit jedem verwandt sei. Nicht von ungefähr sei in diesen Ländern die Floskel von der kleinen Welt entstanden.
    Sie, Vanzetti, halte sich gern in rückständigen Ländern und Kontinenten auf, denn dort sei die Welt noch vielfältig und groß. In diesen Regionen zu bauen, mitbeschränkten

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