Konfessor - 17
weitgehend ungenutzt. Gleichwohl muss es erledigt werden, ehe sich jemand auf der Suche nach ihr oder der Frau, die wir getötet haben, dorthin verirrt. Arbeitet so zügig wie irgend möglich.«
Der Soldat strich sich mit der Hand über seinen kahlrasierten, tä- towierten Schädel. »Na schön. Aber für die Vertuschung eines so geringfügigen Schadens scheint mir das eine Menge Arbeit.« Er zuckte die Achseln. »Schließlich wird kein Mensch wissen, woher der Schaden rührt, sofern er überhaupt entdeckt wird. Wahrscheinlich wird man denken, er stammt noch von früher. Es hat in der jüngeren Vergangenheit einige Auseinandersetzungen im Palast gegeben.« Es schien Schwester Armina nicht eben zu behagen, dass sie sich von diesem Soldaten kritisieren lassen musste. »Seine Exzellenz möchte verhindern, dass jemand von oben bemerkt, wo wir einen Eingang gefunden haben. Das ist für ihn von höchstrangiger Bedeutung. Soll ich ihm vielleicht erklären, Eurer Meinung nach lohnt die Arbeit die Mühe nicht, und er soll sich keine Sorgen machen?« Der Soldat räusperte sich. »Nein. Natürlich nicht.« »Außerdem erhalten wir dadurch einen Ort, an dem wir uns aufstellen und vorbereiten können, ohne dass jemand weiß, dass wir uns bereits unmittelbar auf der anderen Seite dieser dünnen Marmorwand befinden.«
Er verneigte kurz sein Haupt. »Ich werde mich augenblicklich um die Sache kümmern, Schwester.«
Nicci wurde übel. War die Öffnung erst mit einer Marmorplatte verschlossen, würde die Imperiale Ordnung, für die Bewohner des Palasts unsichtbar, einen Eroberungstrupp von beträchtlicher Größe dort zusammenziehen können. Niemand würde wissen, dass der Feind einen Weg nach drinnen gefunden hatte, da man davon ausging, dass die Imperiale Ordnung vor einem Angriff erst die Rampe fertig stellen musste. Die Verteidiger im Inneren des Palasts würden überrumpelt werden.
Ein schmerzhafter Stoß bewog Nicci, weiterzugehen. Schwester Armina zog es vor, sie über diese schmerzhaften Stiche zu lenken, anstatt ihr einfach zu sagen, wo sie abbiegen musste. Es ging durch endlose, ausnahmslos aus Steinquadern errichtete und mit einem Fassgewölbe versehene Flure, die bestimmte Gruppen von Räumlichkeiten und Systeme von Durchgängen miteinander zu verbinden schienen. Als sie um eine Ecke bogen, erblickte Nicci in der Ferne eine von Fackeln beschienene Personengrappe. Im Näherkommen sah sie eine Leiter, die sich nach oben in der Dunkelheit verlor. Längst hatte sie begriffen, wo sie sich befanden, und wohin ihr Weg sie führte. Kaiserliche Gardisten hatten sich um eine in das Fassgewölbe gebrochene Öffnung massiert, ausnahmslos Elitesoldaten, die sich bestens auf ihr Handwerk verstanden.
Beim Gedanken, was sich am oberen Ende dieser Leiter befand, drohten Niccis Beine nachzugeben.
Einer der kaiserlichen Gardisten, der Nicci offensichtlich wiedererkannte, trat zur Seite, ohne auch nur einen Moment die Augen von ihr zu lassen. »So klettere schon hinauf!«, kommandierte Schwester Armina.
22
Nicci gelangte an einer Stelle ins Freie, bei der es sich offenbar um eine gewaltige, in den Boden der Azrith-Ebene gegrabene Grube handelte. Was sich jenseits der Erdund Felswände befand, konnte sie nicht erkennen. Das war aber auch nicht nötig, um zu wissen, was dort oben war.
Von Fackeln beschienen, erhob sich jenseits des Grubenrandes die eindrucksvolle Rampe in den kalten Nachthimmel, eine Rampe aus Erde und Geröll, überragt nur vom dunklen Schatten der fernen Hochebene mit dem Palast des Volkes obendrauf, der aussah, als würde er bis zu den Sternen reichen.
Der Grubenboden bestand aus einem verwirrenden Labyrinth unterschiedlicher Erhebungen, offenbar das Resultat der mühevollen Schufterei verschiedener Arbeitstrupps beim Ausheben des für die Rampe benötigten Baumaterials. Jetzt war von diesen Arbeitern nichts zu sehen. Offenbar hatten sie die Katakomben beim Graben an der Stelle, wo sie jetzt stand, entdeckt.
Die Arbeiter mochten längst verschwunden sein, stattdessen wimmelte es jetzt allenthalben von Soldaten. Die, die sie sah, gehörten nicht den regulären Truppen der Imperialen Ordnung an, die kaum mehr als ein schlecht organisierter Mob brutaler Schläger waren. Dies waren die Berufssoldaten, die erfahrenen Krieger aus Jagangs unmittelbarer Umgebung, die vertraute Kerntruppe von Männern, die ihn über die Jahre bereits auf zahlreichen Feldzügen begleitet hatten. Und weil sie sich schon seit jeher in seiner
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