Konfessor - 17
kreisende Bewegung mit dem Finger. »Nein. Von davor.«
Rachel runzelte die Stirn. »Aus dem Waisenhaus?«
Die Frau machte ein kleines bestätigendes Geräusch. Sie schien plötzlich sehr traurig.
Zusammen beobachteten sie die zuckenden, tanzenden Flammen, deren Schein auf die Felswand und den kleinen Unterschlupf aus Föhrenzweigen fiel. In der Ferne stimmten Kojoten ihr langgezogenes, einsames Geheul an. Wann immer es zu hören war, war Rachel froh über das Feuer. Ohne es hätte sie eine leichte Beute für Wölfe und Ähnliches abgegeben.
Ganz in der Nähe zirpten und summten Käfer, Motten wirbelten in Kreisbahnen durch das Licht. Tanzende Funken stiegen in den Nachthimmel, so als hätten sie es eilig, sich zu den Sternen zu gesellen. Rachel wurde schläfrig.
»Ich wette, die Fische sind gar«, sagte die Frau mit ihrer fröhlichen Stimme.
Sie rutschte nach vorn und rollte den kleinen Schlammofen mithilfe eines Stöckchens aus dem Feuer. Dann breitete sie die geöffneten Blätter auf dem Boden aus, so dass zu guter Letzt die Fische drinnen zum Vorschein kamen. Sie waren dampfend heiß und zerfielen fast. Die Fremde brach ein Stück ab und kostete, stöhnte dann vor Entzücken über den köstlichen Geschmack. Dann legte sie den Rest der kleinen Forelle auf ein Blatt und hielt ihn Rachel hin. Diese starrte auf die Hand. Immerhin hatte sie behauptet, nichts von ihren Fischen zu wollen. »Danke, aber ich habe meine eigenen Vorräte. Du solltest deinen Fisch selber essen.«
»Unsinn, es sind mehr als genug da. Bitte, möchtest du mir nicht beim Essen Gesellschaft leisten? Nur ein kleines Stück? Schließlich durfte ich auch dein Feuer benutzen, das dich einiges an Mühe gekostet hat. Es ist das Mindeste, was ich tun kann.«
Rachel starrte auf den köstlich aussehenden Fisch auf dem Blatt in der Hand der Frau.
»Also, wenn es dir nichts ausmacht, nehme ich mir einen.« Die Frau lächelte, und augenblicklich schien die Welt ein besserer Ort. Rachel fand, dass es das Lächeln einer Mutter war, erfüllt von der einfachen Freude über das Wunder des Lebens. Sie versuchte den Fisch nicht hastig hinunterzuschlingen, wobei ihr zur Hilfe kam, dass er dampfend heiß war, das und die spitzen, kleinen Gräten. Es war so ein gutes Gefühl, endlich wieder etwas Warmes in den Magen zu bekommen, dass ihr vor Freude beinahe die Tränen gekommen wären. Kaum hatte sie den Fisch verspeist, reichte ihr die Frau den nächsten. Rachel nahm ihn ohne Zögern an. Sie musste dringend etwas essen und redete sich ein, stark sein zu müssen, damit sie zügig weiterreiten konnte. Der zarte Fisch legte sich wärmend über das bohrende Hungergefühl tief in ihrer Magengrube und löste es auf. Rachel verspeiste noch vier weitere Fische, ehe sie gesättigt war.
»Treib dein Pferd morgen nicht zu forsch an«, riet ihr die Frau. »Sonst wird es sterben.«
Rachel machte ein erstauntes Gesicht. »Woher willst du das wissen?« »Ich habe mich mit deinem Pferd bekannt gemacht, als ich durch dein Lager kam. Es ist in einem beklagenswerten Zustand.« Rachel fühlte sich schuldig wegen des Tieres, aber sie hatte es doch so eilig. Sie durfte sich auf keinen Fall aufhalten lassen und musste so schnell wie nur irgend möglich reiten.
»Wenn ich langsamer reite, werden sie mich erwischen.« Die Frau neigte den Kopf zur Seite. »Wer wird dich erwischen?« »Die gespenstischen Kobolde.«
»Aha. Verstehe.«
»Sie sind hinter mir her. Ich brauche es nur ein bisschen langsamer angehen zu lassen, und schon holen sie auf.« Tränen stachen Rachel in den Augen. »Ich möchte nicht, dass diese gespenstischen Kobolde mich erwischen.«
Plötzlich war die Frau ganz dicht neben ihr und legte beschützend einen Arm um sie. Das Gefühl war so unglaublich angenehm, dass Rachel in der tröstlichen Geborgenheit des Armes zu weinen anfing. Dabei war sie doch so sehr in Eile und hatte solche Angst. »Wenn du das Pferd zu Tode hetzt«, fuhr die Frau mit ihrer sanften, freundlichen Stimme fort, »werden dich die gespenstischen Kobolde doch wohl ganz sicher erwischen, oder was meinst du? Geh es einfach ein bisschen langsamer an. Du hast Zeit genug.« Rachel schmiegte sich in die Armbeuge der Frau. »Weißt du das auch ganz bestimmt?«
»Aber ja. Du musst dem Pferd Gelegenheit geben, wieder zu Kräften zu kommen. Es zu Tode zu hetzen hilft dir nicht weiter. Vertrau mir, in dieser gottverlassenen Gegend möchtest du nicht ohne Pferd sein.« »Weil mich dann die
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