Konfessor - 17
annehmen, wenn aber doch, würde es mir sehr viel bedeuten.«
Schließlich löste er seinen Blick von den Flammen und sah ihr in die Augen. »Ich bin mir bewusst, dass du nicht weißt, was gespielt wird, noch wer du überhaupt bist, und schon gar nicht, was du hier bei mir verloren hast. Mehr als alles auf der Welt wünsche ich mir, ich könnte dir alles erklären. Du hast einen Albtraum hinter dir und hättest es verdient, alles zu erfahren, aber im Augenblick kann ich es dir einfach nicht erklären. Ich bitte dich, mir zu vertrauen.«
Sie wich seinem Blick aus. Sie konnte es nicht ertragen, ihm in die Augen zu sehen.
»In der Zwischenzeit möchte ich dir ein Geschenk machen.« Kahlan schluckte. »Was ist es denn?«
Richard langte zu seiner anderen Seite hinüber, holte etwas hervor und hielt es ihr im trüben Schein des Feuers hin. Es war ihre kleine Statuette, die sie im Garten des Lebens hatte zurücklassen müssen, als sie die Kästchen für die Schwestern holen sollte.
Es war die Schnitzerei einer Frau mit stolz durchgedrücktem Rücken, in den Nacken geworfenem Kopf und an den Seiten zu Fäusten geballten Händen - eine Verkörperung des Widerstandes gegen Kräfte, die sie zu unterdrücken versuchten, eine Schnitzerei, die Edelmut und Kraft verströmte.
Die gleiche Statue hatte sie schon einmal besessen, es war ihr wert vollster Besitz gewesen. Es war nicht dasselbe Exemplar, und doch war es das. Sie erinnerte sich an jeden Bogen, jeden Schwung. Diese glich ihr aufs Haar, nur war sie ein Stückchen kleiner. Dann sah sie die Holzspäne überall auf dem Boden. Er hatte die Nacht damit zugebracht, sie ihr zu schnitzen. »Ich habe sie Seele getauft«, sagte er mit vor Gefühl brechender Stimme. »Würdest du sie von mir annehmen?«
Fast ehrfürchtig nahm sie sie aus seinen Händen entgegen und drückte sie an ihr Herz. Dann brach sie in Tränen aus.
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»Ehe wir einen Krieg vom Zaun brechen«, erklärte Richard mit kaum hörbarem Flüstern, »muss ich in den Palast zu der Stelle, wo das Buch versteckt liegt. Ich muss es zuerst zurückhaben, für den Fall, dass irgendetwas schiefgeht.«
Kahlan atmete hörbar aus, während sie die Entschlossenheit in seinen Augen abschätzte. »Also gut, aber es gefällt mir nicht. Das Ganze fühlt sich an wie eine Falle. Sind wir erst einmal drinnen, wäre es ein Leichtes, uns in einen Hinterhalt zu locken. In dem Fall würden wir uns den Weg nach draußen freikämpfen müssen.«
»Wenn wir es müssen, werden wir es eben tun.« Kahlan wusste nur zu gut, wie Richard mit einem Schwert - oder auch einem Broc - umzugehen wusste, aber dies war etwas anderes. »Und du glaubst, wenn wir hier drinnen in eine Falle gelockt werden, wird dir dein Schwert etwas nützen gegen eine Hexe, die uns überall auflauern könnte?«
Er löste den Blick von ihren Augen und sah sich erneut in dem Flur um. »Die Welt steht kurz vor dem Untergang - für all die unbescholtenen Menschen, die das Leben lieben und sich nichts sehnlicher wünschen, als es zu genießen, und das schließt dich und mich ein. Ich habe keine andere Wahl. Ich muss dieses Buch beschaffen.« Er beugte sich vor, um den schlecht beleuchteten Flur auch in der anderen Richtung einsehen zu können. Kahlan konnte das näherkommende Echo von den Stiefelschritten patrouillierender Soldaten hören. Bislang war es ihnen mehrfach gelungen, ihnen aus dem Weg zu gehen. Richard war überaus geschickt darin, durch dunkle Gänge zu schleichen und sich vor den Augen aller unsichtbar zu machen. Sie drückten sich in den schmalen Schatten des zurückversetzten Türdurchgangs, bemüht, sich dabei so dünn wie möglich zu machen. Die vier Gardesoldaten, in ein Gespräch über die Frauen unten in der Stadt vertieft, bogen um die nahe Ecke und schlenderten an ihnen vorüber, viel zu sehr damit beschäftigt, mit ihren Eroberungen zu prahlen, um die beiden in der dunklen Türnische zu bemerken. Kahlan hielt den Atem an und konnte kaum glauben, dass sie einer Entdeckung entgangen waren. Sie hielt den Griff ihres Messers noch immer fest umklammert. Kaum waren die Gardisten hinter der nächsten Ecke verschwunden, ergriff Richard ihre Hand und zog sie hinter sich her auf den Flur. Durch einen weiteren dunklen Gang gelangten sie zu einer schweren Tür, vor der sie stehen blieben. Die Haspe war mit einem Schloss versehen. Richard, das Schwert bereits in der Hand, schob die Klinge hinter den Riegel und drehte, die Lippen fest zusammengepresst, das Schwert
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