Konfessor - 17
»Den Schlangengesicht umgebracht hat.« »Ach, diesen York.« Johnrock überlegte einen Moment. »Glaubst du wirklich, diese Typen essen Menschen?«
Richard sah ihn an. »Wenn ihnen die Lebensmittel ausgehen, werden sie dazu übergehen, die Toten zu verspeisen. Und wenn ihnen die ebenfalls ausgehen und sie hungrig genug sind, werden sie eben eine neue Ernte einfahren.«
»Glaubst du denn, dass ihnen die Lebensmittel ausgehen werden?« Richard war sich dessen sogar sicher, mochte es aber nicht offen aussprechen. Er hatte den D’Haranischen Truppen Anweisung gegeben, nicht nur sämtliche Nachschubkonvois aus der Alten Welt zu zerstören, sondern diese auch ihrer Fähigkeit zu berauben, ihre gewaltige, in den Norden einfallende Invasionsstreitmacht mit Nachschub zu versorgen. »Ich meinte lediglich, dass es schlimmer sein könnte als diese Eier.« Johnrock betrachtete seine Eier in neuem Licht und gab ihm schließlich grummelnd recht. Er machte sich daran, eines seiner Eier zu pellen, und wechselte das Thema. »Glaubst du, sie werden uns zwingen, bei Regen zum Ja’La anzutreten?«
Richard schluckte einen Mundvoll Ei hinunter, bevor er antwortete. »Schon möglich. Lieber spiele ich eine Partie und werde dabei warm, als den ganzen Tag hier frierend rumzusitzen.« »Vermutlich.«
»Außerdem«, fuhr Richard fort, »je eher wir damit beginnen können, die wegen des Turniers hergekommenen Mannschaften zu besiegen, desto eher erhalten wir eine Chance, gegen die Mannschaft des Kaisers anzutreten.«
Die Aussicht lockte ein Schmunzeln auf Johnrocks Gesicht. Richard war völlig ausgehungert, trotzdem zwang er sich, es langsam anzugehen und das Mahl so gut es ging zu genießen. Während sie die Schalen abpellten und schweigend aßen, hielt er ein Auge auf die Aktivitäten in der Ferne. Selbst in diesem Regen waren die Männer mit allen möglichen Arbeiten beschäftigt. Der Lärm der Hämmer auf den Essen übertönte das monotone Geräusch des Regens und den Hintergrundlärm aus Gesprächen, Gebrüll, Streitereien, Gelächter und mit lauter Stimme erteilten Befehlen.
Das riesige Feldlager erstreckte sich über die Azrith-Ebene bis hin zu dem für Richard sichtbaren Teil des Horizonts. Wenn man auf dem Boden kauerte, war es schwierig, viel von dem dahinterliegenden Teil des Lagers zu sehen. Er konnte einige Wagen ausmachen, sowie etwas weiter dahinter in der mittleren Distanz die größeren Zelte. Pferde ritten vorüber, während von Maultieren gezogene Wagen sich einen Weg durch die in ständiger Bewegung befindlichen Menschenmassen bahnten. Vor den Kochzelten hatten sich lange Schlangen wartender Fußsoldaten gebildet, die im Regen einen erbärmlichen Anblick boten. Über alldem thronte der Palast des Volkes auf seinem Hochplateau. Selbst im trüben Licht dieses grauen Tages hoben sich sein kunstvolles Mauerwerk, seine prachtvollen Türme und ziegelgedeckten Dächer vom Schmutz ebenjener Armee ab, die aufmarschiert war, um ihn zu zerstören. Angesichts des rauchgeschwängerten Dunstes, der über dem Feldlager der Imperialen Ordnung aufstieg, des Regens und des verhangenen Himmels wirkten die Hochebene und der auf ihr stehende Palast wie eine entrückte noble Erscheinung. Mitunter verdichtete sich für Momente der Dunst, und der gesamte Palast verschwand im grauen Dämmer wie hinter einem Vorhang, als hätte er sich an den wimmelnden Horden sattgesehen, die gekommen waren, ihn zu entweihen. Für einen feindlichen Angriff gegen den hoch auf dem Plateau gelegenen Palast existierte kein ohne Weiteres benutzbarer Zugang. Die seitlich an der Felsenklippe hinaufführende Straße war für einen wirkungsvollen Angriff viel zu schmal, außerdem gab es eine Zugbrücke, die man, da war sich Richard sicher, bestimmt längst hochgezogen hatte. Und selbst wenn nicht: Ganz oben gab es massive Mauern, die schon für sich genommen unüberwindbar waren und vor denen es kaum Platz gab, um eine Angriffsformation von angemessener Stärke in Stellung zu bringen.
Herrschte nicht gerade Krieg, zog der Palast des Volkes Handelsverkehr aus ganz D’Hara an; unablässig trafen Versorgungsgüter für die dort lebenden Menschen ein. Wegen seiner Funktion als Handelszentrum strömten Menschen in Scharen in den Palast, um dort einzukaufen und ihre Waren feilzubieten. Für sie alle führte der Weg in den Stadtpalast durch das Innere des eigentlichen Hochplateaus. Treppen und Promenaden nahmen die gewaltigen Mengen von Besuchern und Händlern auf, zudem
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