Konny Reimann
hatten, sahen wir uns am zweiten Tag zusammen mit den Kindern die ersten fünf Häuser an. Sie hatte schon welche vorsortiert, die wir uns leisten konnten, aber bis auf ein paar einzelne Räume, Tapeten und Details hier und da war kein Haus dabei, das uns übermäßig gefiel. Im Gegenteil, oft waren ganze Armeen von Flöhen stolze Bewohner, mit denen wir nicht bereit waren, unser zukünftiges Domizil zu teilen. Plüschteppiche, Filz und Dreck forderten von uns ein Höchstmaß an Fantasie, wie ein gemütliches amerikanisches Zuhause auszusehen hätte, konnten uns aber nicht wirklich überzeugen.
Das Haus Nummer sieben in der Buck Street am zweiten Besichtigungstag gefiel uns schließlich allen auf Anhieb gut genug und war auch preislich in Ordnung. Damals war der Dollar-Kurs immerhin noch 1:1 zum Euro, ein richtiges Schnäppchen war ohnehin quasi ausgeschlossen. Schon an unserem dritten Tag in Amerika konnten wir also auch diesen Punkt abhaken. Dachten wir zumindest. Wie viel Arbeit tatsächlich noch auf uns wartete, stellte sich erst später heraus, unter anderem auch in der Zeit, als ich im August schon wieder in Hamburg war, um etwas in Gang zu setzen, was uns alle noch viel Kraft und Nerven kosten sollte.
Kurz bevor wir den Vertrag unterschreiben wollten, eröffnete uns Jan, dass die Gegend, in der das Haus stand, nicht wirklich zu den besseren der Stadt zählt. Im Gegenteil, dort seien vor kurzem Leute erschossen worden, und auch sonst sei sein Vertrauen in die Nachbarschaft nicht wirklich groß. Wir waren schockiert. Gerade noch froh darüber, dass wir eine langwierige Suche abwenden konnten, sollte dieses sicher geglaubte Pferd jetzt auf einmal lahmen? Konny Reimann und seine Familie in einer Gegend voller Krimineller? Hm. Wir fuhren noch einmal in die Gegend, sahen uns alles genau an und sprachen mit dem Vorbesitzer und der Maklerin. Beide beruhigten uns und versicherten, die Nachbarschaft sei sicher und ruhig, es seien bisher keine großen Zwischenfälle passiert und die Einschätzung unseres Freundes sei falsch. Am Ende schien uns das plausibel und Jans Sorge unberechtigt, und so unterschrieben wir. Auch wenn wir später nicht vollkommen unbeschadet aus der Buck Street wieder wegzogen, hatte sich Jan erneut als unzuverlässig herausgestellt, und das nicht zum letzten Mal. Aber das sind andere Geschichten, zu denen ich noch kommen werde.
Zwei Wochen im Juli wohnten noch die alten Besitzer in unserem neuen Heim, dann konnte Manu mit den Kindern mit der Renovierung beginnen. Statt einer kleinen „Aufhübschung“ schrie das Haus aber nach einer Generalüberholung. Dinge mussten herausgerissen werden, neue Farbe den Räumen Leben einhauchen und die Flöhe sich wohl oder übel eine neue Unterkunft suchen. Außerdem gab es dort bis dahin nur sogenannte „Window Units“, also Fenstergeräte für die Kühlung. Diese waren weder wirtschaftlich noch auf Dauer erträglich, da sie einigen Krach machten, wenn sie erst mal liefen. Es dauerte allerdings am Ende fast ein Jahr, bis ich Zeit hatte, mich darum ordentlich zu kümmern und eine Klimaanlage einzubauen. Eigentlich komisch, wo ich doch genau das gelernt und zudem einen Job bei einem Klimaanlageninstallateur hatte. Die Anlage hat dann Kühlung und Heizung übernommen. Zwei Gasöfen mussten dafür zusätzlich das Feld räumen, die bis dahin mühsam versucht hatten, unser Haus zu heizen, und das von lediglich zwei Zimmern aus, in denen sie ihren Posten hatten.
Manu und die Kinder machten unser neues Haus flott, wohnten aber die ersten Wochen noch in dem Wohnwagen, den wir mit dem Pick-up 2002 in Texas gekauft und in den USA stehen gelassen hatten. Den Wohnwagen stellten sie kurzerhand direkt neben das Haus. Später, als unser Hamburger Airstream-Wohnwagen kam, nahm dieser den Platz ein, und der andere Trailer wanderte auf die Straße davor. Unser „Anwesen“ sah jetzt fast aus wie ein Trailerpark. Irgendwann, ungefähr sechs Monate danach, sollte schließlich unser Nachbar von gegenüber immer öfter ein Auge auf den Wohnwagen am Straßenrand werfen, bis er ihn schließlich kaufen wollte. Der schnellste und einfachste Verkauf, den wir je abwickelten, wie es schien. Das gute Stück musste einfach einmal über die Straße gezogen werden. Da der Mann jedoch etwas knapp bei Kasse war, einigten wir uns mit ihm auf eine Ratenzahlung. Ein halbes Jahr lang ging das auch gut, bis seine monatlichen Geldtransfers ausblieben. Wir warteten noch eine Weile, bis
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