Konny Reimann
erschienen.
Nachdem unser armer eloquenter Vogel zu einem ungeahnten Problem herangewachsen war, warteten weitere Fallstricke auf uns. Die Wahl unserer Umzugsfirma war nicht eine unserer glorreichsten Entscheidungen im Leben. Aber wie hätten wir ahnen sollen, dass sie den Umzug mit unserer Unterschrift und vor allem der hundertprozentigen Vorkasse weitgehend als abgeschlossen betrachten würden? Zunächst mussten wir einen Container für all unsere Sachen aussuchen. Wir nahmen einen 20 Fuß großen Kasten. Hätten wir damals schon gewusst, dass ein doppelt so großer nur 500,– Euro teurer war, hätten wir sicher den größeren genommen. So ließ ich ein paar Sachen meiner Werkstatt zurück oder verkaufte anderes, was ansonsten mitgekommen wäre. Die Umzugsfirma half uns dabei nicht. Auch das Verschiffen des Containers mit den Relikten unseres Schenefelder Lebens musste im Prinzip von uns organisiert werden. Die Überführung der Autos bereitete zusätzlich zahlreiche administrative Probleme, deren Lösung wir selbst suchen mussten. Ich weiß noch, dass für die Behörden allein schon der Herstellungsort der PKW am Ende entscheidend für einen erfolgreichen Versand war. Warum, weiß kein Mensch. Zunächst einmal mussten wir herausfinden, dass es so war, nach Gründen fragten wir zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr.
Der Airstream und der Hamburger Pick-up trafen am 23. September bei uns in Amerika ein. Eigentlich hätten beide schon um einiges früher ankommen sollen, doch das Schiff „Takayama“, auf dem die beiden stummen Passagiere waren, landete auf der Überfahrt mitten im Sturm „Ivan“, der zu der Zeit Meer und Land unsicher machte. Bei der Ankunft war am Auto eine Tür kaputt. Gut, dass wir versichert waren, und noch besser, dass die Umzugsfirma das nicht interessierte. „Wir bearbeiten das“ war mehr als einmal die Losung, mit der sie den Vorgang in die Leichenstarre beförderten. Wir haben viel Geld ausgegeben und am Ende nicht mal für die Schäden etwas davon zurückerhalten. Ein Traum.
Nicht etwa, dass der Spuk mit der Ankunft des Containers in Amerika – Houston, um genau zu sein – ein Ende gehabt hätte. Die alles Geld verschlingende neunköpfige Hydra namens Umzugsfirma versuchte nach der Ankunft die Abholung des Containers immer weiter hinauszuzögern, wohlwissend, dass jeder Tag, den der Container in Houston ab Tag 5 nach der Ankunft stehen bleiben würde, ihnen vertraglich 100,– $ bringt. Zahlbar von ... uns – wem sonst? Ein ums andere Mal führten Ausreden und fadenscheinige Behauptungen dazu, dass der große Kasten mit all unseren Habseligkeiten in Houston blieb. Ich weiß nicht mehr wie, aber irgendwie gelang es uns, die Ladung gerade noch rechtzeitig auf den Weg nach Gainesville zu bringen. Doch dort angekommen, musste, ebenfalls laut Vertrag, der ganze Krempel in zweieinhalb Stunden ausgeladen werden. Für jede weitere Stunde würden noch mal 100,– $ anfallen. Während der Fahrer ein vermutlich verdientes Nickerchen machte, schleppten wir in rekordverdächtigem Tempo unser materielles Dasein ins Haus, und nach knapp sechzig Minuten musste ich den mürrisch die Augenlider hebenden Fahrer aus seinen texanischen Träumen reißen.
Ein Grund, warum das Herausholen unserer ganzen Sachen so flott ging, war, dass wir nicht etwa alles in das Haus räumten, sondern nur die Hälfte des Krempels. Die andere Hälfte gehörte schlicht nicht ins Haus. Es waren mein gesamtes Werkzeug, meine Baumaterialien, die Teile meiner Werkstatt – und wir sprechen hier nicht von einer üblichen kleinen Werkstatt, wie sie jeder zweite in seinem Haushalt haben dürfte. Meine Werkstatt war satt – ein Tempel aus Stahl und Holz, der nur den Zweck hatte, denjenigen zufriedenzustellen, der bauen wollte, was ihm in den Sinn kam. Alles musste umsetzbar sein. Dementsprechend viel hatte in die Werkstatt und später in den Container hineinpassen müssen. Ins Haus in Gainesville passte das dann natürlich nicht mehr hinein. Sollte es auch nicht, denn eine Werkstatt war ohnehin schon lange auch in unserer neuen Heimat geplant.
Bis es so weit war, am Ende ungefähr nach drei Monaten, fand mein gesamtes mitgenommenes Handwerker-Hab-und-Gut sein Zwischenlager in unserem Garten. Vor dem Haus. Als Dach fungierte eine große Plane, und dieser verhüllte Riese, acht mal zehn Meter groß, harrte dort vor unserer Tür der Dinge, bis ich mit dem Bau der Werkstatt im Garten anfing. Christo und Jeanne-Claude
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