Konny Reimann
endgültig keine Gespräche mehr führen. Der deutsche Vertrag war zu Ende, aber das Handy habe ich später in Amerika noch eine Weile benutzt. Damit war auch diese Leine gekappt. Eine neue, amerikanische Nummer, Internet-Verbindung und alle neuen Zugänge zu unserer Familie meldeten wir während der Renovierung an. Ebenso besorgten wir uns neue Möbel, stellten sie aber erst ins Haus, als wir auch sicher waren, dass alle Flöhe das Weite gesucht oder das Zeitliche gesegnet hatten.
Jetzt konnte das amerikanische Leben richtig losgehen.
6. DAS ERSTE JAHR
er erste Job, den ich in Amerika gemacht habe – freiberuflich, versteht sich – war eine relativ große und umfangreiche Auftragsarbeit mit weitreichenden privaten Folgen. Wir lebten seit etwa zwei Monaten in Amerika. Eines Tages unterhielt ich mich etwas länger mit Werner, dem Rancher, auf dessen Grundstück Jan wohnte. Werner war schon vorher so nett gewesen und hatte uns seine Adresse zur Verfügung gestellt, als wir für das Konsulat eine amerikanische Postadresse für den weiteren Briefverkehr angeben mussten. Die Behörden brauchten eine erste wirklich offizielle Adresse, allein schon, um sicherzugehen, dass wir nach dem Green-Card-Erhalt nicht einfach übersetzen und auf den Straßen Amerikas auf gut Glück durchstarten würden.
Wie sich herausstellte, war Werner äußerst interessiert daran, was ich für Arbeit suchte und was ich im Gegenzug bereit war zu leisten, wo meine Fähigkeiten lagen. Auch er schien auf deutsche Tugenden zu vertrauen und bot mir an, einen lange fälligen Zaun um seine Ranch zu ziehen. Ich sagte ihm, dass das eine Menge Arbeit bedeuten würde, schließlich umfasste sein Gebiet eine Menge Land. Da der Kontakt ursprünglich über Jan zustande gekommen war, schien es mir nur logisch und fair, den Auftrag mit ihm durchzuführen. Zudem war Jan mit dem Beschlagen von Pferden nicht eben voll ausgelastet und konnte Bargeld gebrauchen. Also fing ich an, alles zu planen, und erstellte ein Angebot, was wir für Material benötigen und wie viele Arbeitsstunden am Ende anfallen würden. Werner sah sich das Angebot an, es schien ihm professionell zu sein, und er willigte ein. Anschließend begann ich mit den Vorbereitungen und schwor auch Jan auf den Job ein. Ich trug die Verantwortung für die korrekte Fertigstellung und wollte meinen ersten Auftrag in Amerika genauso solide und pünktlich ausführen wie den letzten und alle davor in Deutschland auch. Ich setzte uns das ehrgeizige, aber machbare Ziel, mit dem Zaun in sechs Wochen fertig zu sein. Die Aufregung stieg, als der erste Arbeitstag nahte. Mit Jan hatte ich mich für sieben Uhr früh an der Stelle verabredet, wo wir mit dem Zaun anfangen würden. Ich kaufte das gesamte Material ein und ließ es an die Baustelle liefern. Pünktlich um kurz vor sieben Uhr morgens kam ein Fahrer im Las-ter zur besagten Stelle auf Werners Anwesen. Um Punkt sieben begann ich damit, die Sachen vom Laster zu laden. Eisenrohre von insgesamt 25 Tonnen Gewicht warteten auf mich. Es war Viertel nach sieben, als ich das erste Mal auf die Uhr schaute. Kein Jan. Wo blieb der Mann? Egal, weiter. Es blieb mir nichts anderes übrig, der Fahrer musste wieder los. Ich räumte und schleppte und bereitete alles Nötige vor. Als Erstes musste ich die Eisenrohre zersägen und auf Maß schneiden. Ein einziges Rohr war dabei vierzehn Meter lang und wog einhundert Kilo. Viertel vor acht. Acht. Halb neun, kein Jan. Ich rief ihn an und fragte ihn, wo er bliebe. Er sagte, er sei unterwegs und müsse noch dringend etwas erledigen, sei aber gleich da. Nun gut, meine Laune hellte sich dadurch nicht unbedingt auf, aber sei’s drum, fang ich eben alleine an, dachte ich mir.
Es war eine immens anstrengende Arbeit, und eine helfende Hand wäre nicht nur nett, sondern schlicht notwendig gewesen. Einige Dinge konnte man einfach alleine kaum schaffen. Es ging gegen Mittag, als ich Jan erneut anrief.
„Noch ein, zwei Sachen, dann bin ich gleich da!“
„Jan, wir hatten eine Verabredung um sieben Uhr früh, ich stehe hier und muss für dich mit arbeiten. Wir müssen uns ranhalten, wenn wir alles schaffen wollen.“
„Kein Problem, bin sofort da!“
Der Tag verging, und ich versuchte alles aus mir herauszuholen. Es war später Nachmittag, als ich Jan ein letztes Mal anrief. Mit irgendwelchen neuen fadenscheinigen Argumenten entzog er sich der Sache und sagte, er würde morgen dabei sein.
Am zweiten Tag stand jemand
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