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Konny Reimann

Konny Reimann

Titel: Konny Reimann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Friedrich
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und irgendeinen seiner Bäume abholzen.
     
    Also fuhr ich nach Valley View und lief mit einer Axt in den Wald, um einen schönen Weihnachtsbaum von seiner Herde loszueisen. Das Problem war nur: Werner hatte allerlei Bäume in seinem Wald, aber keine wie auch immer geartete Tanne.
    Ich kam nach Hause, Baum auf der Schulter, lief ins Wohnzimmer und fing an, die Konifere zu „installieren“. Es war zwar keine Tanne, mehr so eine Art Karaoke-Version davon, aber sie war dunkelgrün, hatte Nadeln, und wir waren zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr pingelig. Wir hatten die „Konny-fere“ kaum fertig geschmückt – ich weiß nicht mal mehr, ob Manu oder ich, bunte Bomben oder silberne Hippie-Haare –, da gaben die schmächtigen Zweige des Möchtegern-Weihnachtsbaumes nach, und er drohte aus den Latschen zu kippen. Ich hatte Weihnachten anders in Erinnerung ... Obwohl, wenn ich an meine Mutter und ihren zarten und brüchigen Baum denke ... Aber wir hatten schon andere Probleme gelöst, da würde so ein schüchterner Grünling uns nicht das Fest verderben. Irgendwie fanden wir eine Balance, tarierten den Schmuck aus wie die Satteltaschen eines zu voll bepackten Esels und konnten kurz vor knapp mit unserem ersten Weihnachten in Texas beginnen.
     
    Für unser erstes Silvester fuhren wir dann extra aus der Stadt raus. Neben gewissen Traditionen wie Weihnachtsschmuck und inzwischen auch dem Rodeo gibt es bei mir nämlich kein Silvester ohne Knallerei. Feuerwerk muss sein. Silvester ohne Raketen ist wie Reiten ohne ein Pferd. Glücklicherweise erfuhren wir noch rechtzeitig, dass man in Gainesville keine Raketen zünden darf und wir uns hierfür einen Platz außerhalb der Stadt würden suchen müssen. Zwischen Gainesville und Denton gab es einen Picknickplatz, der hierfür geeignet schien. Zu der Zeit hatten wir gerade Besuch von unseren Freunden Martina und Christian, die ebenfalls kurz davor waren, auszuwandern. Manu hatte die beiden in einem Internet-Forum kennengelernt. Martina war damals schwanger mit einem kleinen Jungen, den sie später Ben genannt haben. Also fuhren wir mit unseren Gästen aus der Stadt raus, und ich baute an besagtem Ort unsere kleine Einweg-NASA-Station auf. Punkt zwölf Uhr leuchtete ich mit den Geschossen den Himmel aus. Ganz nebenbei galt es ja auch noch, unser erstes erfolgreiches US-Halbjahr zu feiern.
     
    Kaum war unser Feuerwerk in der Luft, machten wir auch schon das erste Mal Bekanntschaft mit der Polizei – happy new year, Mr. Reimann. Die Beamten waren allerdings sehr höflich und wiesen uns darauf hin, dass auch an diesem Ort derartiges Abbrennen von Raketen untersagt war. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zeigte ausgerechnet an Silvester, wo der unbegrenzte Spaß sein Ende hat. Manu und ich zuckten mit den Schultern: „We didn’t know that.“ Statt uns aber nur zurechtzuweisen, hatten die Polizisten eine noch bessere Idee: Sie sagten uns, dass ganz in der Nähe eine alte Kirche an einer Kreuzung sei, bei der wir ungestört und ungehindert alles in den Abendhimmel schicken könnten, was uns einfiele. Sie erklärten uns, dass die Raketen selbst an Silvester verboten seien, weil sie ansonsten den Verkehr zu sehr beeinflussen und die Autofahrer ablenken würden. Die Kirche dagegen war schon lange nicht mehr in Betrieb, etwas ramponiert und tatsächlich das einzige Haus weit und breit. Auch Autos kamen hier nur selten entlang, die Luft für das Feuerwerk schien also rein zu sein. Da waren wir also am Ende eines aufregenden Jahres, neben einer verlassenen Kirche mitten in der texanischen Prärie, und feuerten ein bisschen Licht gen Himmel. Wir standen unter dem Leuchten im weiten Nachthimmel von Nordtexas und waren glücklich.
     

     
    ie Kinder hatten sich nach einem halben Jahr mit der englischen Sprache nicht nur angefreundet, sie beherrschten sie anscheinend fast perfekt. Besser als Manu und ich, wie ich befürchte. Beiden gefiel die Lockerheit und Freundlichkeit der Amerikaner gut, und somit war es auch keine allzu große Schwierigkeit für sie, neue Freunde zu finden. Selbst an die zeitweilige Begleitung ihres Lebens durch die Fernsehkameras hatten sie sich gewöhnt. Man darf das nicht unterschätzen, beide hatten sich innerhalb kurzer Zeit mitten in Texas und mit einem TV-Sender an der Seite wiedergefunden. Nicht eben die übliche Entwicklung in einem Teenager-Leben. Aber während ihnen das am Anfang noch komisch vorkam, hatten sie sich doch spätestens mit Beginn des

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