Konny Reimann
Donna. Dafür, dass der Laden „Sarah’s on the Square“ und nicht „Donna’s on the Square“ heißt, gibt es eine einfache Erklärung, die bis ins neunzehnte Jahrhundert zurückreicht. Zu jener Zeit nämlich befand sich in dem Haus ein Puff. Unten war eine Art Saloon, genau wie man sich einen solchen vorstellt und wie er in zigtausenden von Western-Filmen vorkommt. Im ersten Stock, in dem heute Donna Zimmer zur Übernachtung anbietet, waren Stundenzimmer, in denen Cowboys etwas Ruhe, Entspannung und, na ja, andere Dinge finden konnten. Der ganze Laden, Saloon und Zimmer, hieß „Sarah’s“, und obwohl heute gänzlich andere Dinge dort angeboten werden, blieb der Name bestehen. Wie ich Donna kenne, hat ihr die Namensgebung sogar einen besonderen Spaß gemacht. Dort, wo einst der Saloon seine raubeinige Klientel empfing, hat Donna ein wirklich gutes Restaurant installiert. Nebenbei gibt die Frau übrigens auch noch Kochkurse, vermietet wunderschöne Zimmer in einem der alten viktorianischen Häuser der Stadt und stellt sogar eigene Süßigkeiten her. Noch so eine positiv Verrückte, die nebenbei bemerkt nicht nur einen deutschen Nachnamen hat (Hertel), sondern auch die lauteste Lache in Gainesville, vermutlich sogar in Texas, ihr Eigen nennt.
Den Job bei „Sarah’s on the Square“ bekam Janina über Dagmar Vetter und die RTL-Crew, die Donna bei ihrer Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten ausfindig gemacht hatten, wenn sie für weitere Teile der Dokumentation in Gainesville waren. Einen anderen Job hat Janina bei einer Filmproduktion angetreten. Letzteren hätte sie noch in ihren Anfangstagen nicht bekommen. Denn ihre Art, mit den Gegebenheiten hier umzugehen, hat sich definitiv geändert. Hatte sie, und auch Jason, am Anfang alles noch viel mehr beobachtet, ohne aktiv zu werden, ergreift sie jetzt mutig die Initiative, sobald sich eine Gelegenheit bietet. Und in Gainesville sind Gelegenheiten rar gesät.
Eines Tages jedoch, sie arbeitete gerade im Juwelierladen in der Stadt, zog eine Parade auf der Straße vor dem Geschäft vorbei, und Janina konnte sehen, wie ein Filmteam den Straßenumzug aufzeichnete. Sofort rannte sie nach draußen und sah sich die Filmcrew ein paar Sekunden an. Sie fragte sofort, ob die nicht eine Aufgabe für sie hätten. Die Leute mit den Kameras zögerten nicht lange und fragten, ob sie direkt mitmachen wolle. Sie könnte für einen Kameramann den Ton machen. Auch das wäre in Deutschland nahezu undenkbar. Janina willigte ein und bewarb sich anschließend mit einem selbstgedrehten Video bei der Produktionsfirma noch einmal offiziell. Sie wurde genommen und damit bestärkt, diesen Weg weiterzugehen. Im Sommer 2008 wird sie mit der Firma in Denton einen Kurzfilm drehen. Einen Horrorfilm. Hätte mir vor fünf Jahren jemand in Schenefeld gesagt, dass meine Tochter in ein paar Jahren in Texas einen Horrorfilm dreht, hätte selbst ich ihn wohl für verrückt erklärt.
obin Wilson war zwischendurch wieder mal da. Er besuchte uns, als er einen Austauschstudenten aus Eckernförde als Aushilfe beschäftigte und dachte, es wäre eine gute Idee, ihn mit Landsleuten zusammenzubringen. Die beiden kamen also, und Robin sah zum ersten Mal, was sein ehemaliger, so oft von ihm kritisierter Mitarbeiter mit seinen eigenen Händen geschaffen hatte. Ich denke, man tritt Robin nicht zu nahe, wenn man behauptet, dass er mich damals in der Anfangszeit ungerecht behandelt und etwas unterschätzt hat. Nun war er ziemlich erstaunt, was ich alles gebaut hatte. Ich merkte das, ließ mir aber nichts anmerken. Ich erklärte ihm stattdessen bei unserem Rundgang ein paar Dinge über Wärmeberechnung und was ich an modernen und teilweise ganz einfachen Sachen auf diesem Gebiet bereits hier vor Ort umgesetzt habe. Robin war beeindruckt. Aber hier ging es nicht um Konkurrenz. Schon lange nicht mehr. Wir haben inzwischen ein sehr gutes Verhältnis, nicht erst seit der Sache mit dem Schulbus. Robin kennt mich inzwischen einfach besser – und ich ihn auch. Er ist etwas eigensinnig bei seiner Arbeit, aber er ist auch ein brillanter Familienvater und ein guter Typ. Ich habe ihm am Ende offen gesagt, was er teilweise für ein schlimmer Chef für mich war. Robin konnte das nun scheinbar wesentlich besser einschätzen und reflektieren. Er sagte: „Sorry!“, und nahm mich in den Arm.
Irgendwann war er auch mal wieder in Deutschland. Es war nicht seine erste Reise dahin, aber dieses Mal sah er jemanden im
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