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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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hören?«
    »Einen bellenden Hund.«
    »Sonst nichts? Rufen, Schreien? Oder Lachen vielleicht?«
    »Sonst nichts.«
    »Das Auto«, sagte Skarre. »Versuchen Sie, sich daran zu erinnern.«
    »Ja. Es war rot.«
    »Rot kann so vieles sein. Was für eine Art Rot?«
    »Knallrot. Wie ein Feuerwehrauto.«
    »Gut«, sagte Skarre. »Ist Ihnen an dem Auto irgend etwas aufgefallen, als Sie vorübergefahren sind? Saß jemand drin?«
    »Nein. Es war leer. Ich habe hineingeschaut.«
    »Schilder?«
    »Norwegische. Aber an die Nummer kann ich mich nicht erinnern.«
    »Aber es stand mit der Vorderfront zu Ihnen, so, als ob es aus dem Ortskern von Elvestad gekommen sei?«
    »Ja«, sagte Linda. »Aber es stand schräg.«
    »Standen die Türen offen?«
    »Die auf der Beifahrerseite.«
    »Konnten Sie ins Auto hineinsehen? War es innen hell oder dunkel?«
    »Dunkel, glaube ich. Ich bin mir nicht sicher. Aber der Lack war ganz hell.«
    »Sie haben aber keine Ahnung, welche Marke oder welches Modell es gewesen sein könnte?«
    »Nein.«
    »Und Sie sind ganz sicher, daß niemand Sie gesehen hat?«
    »Ganz sicher«, sagte sie. »Die beiden waren nur miteinander beschäftigt. Und ein Fahrrad macht ja auch keinen Lärm.«
    Skarre dachte kurz nach. Dann lächelte er sie an.
    »Wenn Sie mir noch etwas sagen wollen, dann rufen Sie die Wache an. Diese Nummer.«
    Er reichte ihr eine Karte. Sie griff begierig danach. Jacob, stand darauf. Skarre. Sie ärgerte sich darüber, daß er schon gehen wollte, das ganze Gespräch hatte keine zehn Minuten gedauert. Er gab ihr die Hand und bedankte sich. Seine Hand war warm und fest.
    »Morgen werden wir Sie bitten, uns die Stelle zu zeigen, wo Sie die beiden gesehen haben. Und wo das Auto gestanden hat. So genau Sie das können. Ist Ihnen das recht?«
    »Natürlich«, rief sie begeistert.
    »Dann schicken wir morgen vormittag einen oder zwei Kollegen.«
    »Na gut«, sagte sie enttäuscht.
    Sie ballte die Faust um seine Karte. Wußte, daß ihr nicht mehr einfallen würde. Ihre Erinnerungen waren vage, unklar und undetailliert. Sie sprach ein Stoßgebet, in der Hoffnung, daß ihr noch mehr einfiele, daß sie sich im Traum an etwas Entscheidendes erinnerte. Sie mußte diesen Mann wiedersehen. Er gehörte ihr. Auf einen wie ihn hatte sie gewartet. Alles stimmte. Sein Gesicht, die Haare, die blonden Locken. Die Uniform. Sie legte den Kopf schräg und schlug züchtig die Augen nieder, das konnte sie gut.
    Wenn Sie mir noch etwas sagen wollen !
    Wie konnte er das gemeint haben? Er konnte alles damit gemeint haben. Sie schloß ab und lief ins Wohnzimmer. Versteckte sich hinter dem Vorhang und folgte ihm mit Blicken. Wir schicken einen oder zwei Kollegen vorbei. Ha! Sie lief ins Bad und putzte sich die Zähne. Rannte die Treppe hoch. Trat vor den Spiegel in ihrem Zimmer und bürstete sich mit langen Zügen die Haare. Die luden sich auf und knisterten elektrisch.
    »Ach, er heißt Jacob«, sagte sie zum Spiegel gewandt. »Wie alt er ist? Irgendwas in den Zwanzigern, aber auf keinen Fall dreißig. Natürlich sieht er gut aus. Am Samstag treffe ich ihn, dann gehen wir vermutlich ins Børsen. Ich komm da nicht rein? Mit einem Polizisten als Begleiter komme ich überall rein! Ob ich verliebt bin? Aber total und rundum.« Sie betrachtete ihre glühenden Wangen. »Eins kann ich dir sagen, Karen, diesmal ist es ernst! Diesmal werde ich sehr weit gehen, um das zu kriegen, was ich will. Wirklich sehr weit !«
    Wieder hörte sie draußen ein Motorgeräusch. Einen kräftigen, pochenden Dieselmotor, vertraut und plötzlich unwillkommen. Ihre Mutter war im Anmarsch. Sie löschte das Licht und schlüpfte unter die Decke. Sie wollte jetzt nicht reden. Wenn die Mutter das hier erführe, würde sie alles an sich reißen wollen. Die Leitung übernehmen. Aber wer hier die Zeugin war, das war Linda. Wie wurde das noch genannt? Kronzeugin. Ich bin Jacobs Kronzeugin, dachte sie und schloß die Augen. Ihre Mutter öffnete unten die Tür, Linda hörte das Schloß klicken. Sie atmete so gleichmäßig, wie sie konnte, als die Mutter hereinschaute. Dann war wieder alles still. In Gedanken war sie bei Karen. Ich fahr jetzt los. Ich melde mich morgen. Sie setzte sich auf ihr Fahrrad. Das erste Wegstück, bis zur Hauptstraße, ging leicht abwärts. Es war angenehmes, mildes Wetter. Als sie über den Asphalt rollte, war das Fahrrad nicht zu hören. Ich fahre in dem schönen Wetter dahin. Ruhig Blut behalten, alles registrieren, links ist Wald, rechts

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