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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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möglich, einen Menschen umzubringen, ohne Spuren zu hinterlassen? Und diese Person, die eine Zeugenaussage gemacht hatte, stammte sie aus dem Ort? Die Presseleute machten sich Notizen, daß die Tinte nur so spritzte. Sejer steckte sich ein Fisherman’s Friend in den Mund. Ihm traten die Tränen in die Augen.
    »Liegt der Obduktionsbericht schon vor?«
    »Nein. Er wird sehr lang ausfallen.«
    »Unmöglich, ein Bild von ihr zu machen?«
    »Vollständig unmöglich.«
    Stille, während alle ihre Phantasie spielen ließen.
    »Soll das heißen, daß Sie diesen Mord als besonders verabscheuungswürdig bezeichnen würden? Im Vergleich zur sonstigen norwegischen Kriminalgeschichte?«
    Sejer schaute sich im Raum um. »Ich sollte mich sicher davor hüten, verschiedenen Fälle und ihre Grausamkeitsgrade miteinander zu vergleichen. Dieses Recht hat nur die Tote. Aber, ja. Wir haben es hier mit einem Maß an Brutalität zu tun, das mir bisher in meiner polizeilichen Laufbahn erspart geblieben ist.«
    Er konnte sich die Schlagzeilen schon vorstellen. Zugleich dachte er daran, was er in der Stunde, die diese Pressekonferenz nun schon dauerte, alles hätte schaffen können.
    »Was den Täter angeht«, fragte jemand, »gehen Sie davon aus, daß der Mann – oder die Männer – aus dem Ort stammen? Oder aus der Gegend?«
    »Dazu können wir noch gar nichts sagen.«
    »Wieviel wissen Sie, das Sie uns nicht erzählen wollen?« fragte eine Frau.
    Sejer konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Kleinigkeiten.«
    In diesem Moment entdeckte er hinten im Raum Skarre. Dessen Haare standen zu Berge. Er versuchte, Ruhe zu bewahren, während die restlichen Fragen beantwortet wurden. Holthemann neben ihm hatte Skarre ebenfalls entdeckt. Er beugte sich zu Sejer herüber und flüsterte: »Skarre hat etwas. Er ist ganz rot im Gesicht.«
    Und dann war es endlich vorbei. Sejer zog Skarre auf den Flur.
    »Laß hören«, sagte er atemlos.
    »Endlich hab ich einen Fund gemacht. In der Taxizentrale. Eins von den Taxis ist am 20. um zwanzig vor sechs von Gardermoen nach Elvestad gefahren. Den Namen des Fahrers haben wir auch. Ich habe mit seiner Frau gesprochen, er kann jeden Moment nach Hause kommen. Ich habe hinterlassen, daß er sofort hier anrufen soll.«
    »Wenn dieser Typ eine Uhr hat, hätte er schon längst anrufen müssen. Wie heißt er?«
    »Anders Kolding.«
    »Taxi von Gardermoen nach Elvestad. Das kostet doch sicher ein Vermögen?«
    »Zwischen tausend und fünfzehnhundert«, sagte Skarre, »aber Jomann hatte ihr ja Geld gegeben. Norwegisches und deutsches.«
    Sie warteten, aber das Telefon blieb stumm. Sejer wartete dreißig Minuten, dann wählte er die Nummer noch einmal. Ein Mann meldete sich.
    »Kolding.«
    »Polizei. Wir warten auf Sie.«
    »Das weiß ich. Das weiß ich.«
    Eine junge Stimme. Hektisch. Im Hintergrund war wütendes Kindergeschrei zu hören.
    »Sie müssen sofort auf die Wache kommen.«
    »Jetzt? Sofort?«
    »Jetzt sofort, wenn das möglich ist. Erzählen Sie mir von dieser Tour nach Elvestad.«
    »Naja, ich habe eine Ausländerin nach Elvestad gefahren. Wie hieß die Straße noch? Blindvei. Aber da war niemand zu Hause. Also ist sie wieder eingestiegen und hat mich gebeten, im Ortskern zu halten. Bei einer Kneipe.«
    »Ja?«
    »Und da ist sie ausgestiegen.«
    »Sie ist bei der Kneipe ausgestiegen?«
    »Sie ist in die Kneipe gegangen, um ganz genau zu sein. Einars Kro hieß die«, fiel ihm noch ein.
    »Haben Sie sie danach noch einmal gesehen?«
    »Himmel, nein. Ich bin zurückgefahren.«
    »Hatte sie Gepäck?«
    »Einen großen braunen Koffer. Sie hat es kaum geschafft, den die Treppe hochzuschleppen.«
    Sejer dachte kurz nach. »Sie haben ihr also dabei nicht geholfen?«
    »Hä?«
    Weiterhin wütendes Geschrei im Hintergrund.
    »Sie haben ihr also nicht geholfen, den Koffer die Treppe hochzutragen?«
    »Nein. Ich wollte so schnell wie möglich zurück in die Stadt. Das sind viele tote Kilometer.«
    »Und das war das letzte, was Sie von ihr gesehen haben?«
    »Ja.«
    »Dann gehe ich davon aus, Sie bald zu sehen, Kolding. Ich habe schon einen Stuhl für Sie bereitgestellt.«
    »Aber ich habe nicht mehr zu erzählen. Meine Frau muß gleich los, und wir haben ein hysterisches Baby. Ich kann jetzt nicht.«
    »Sie sind noch nicht lange Vater, nehme ich an?«
    »Seit drei Monaten. Es ist ein Junge.«
    Er hörte sich nicht glücklich an.
    »Bringen Sie ihn mit«, sagte Sejer. »So einfach ist das.«
    »Ich soll den Kleinen

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