Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
Vom Netzwerk:
angeglotzt.«
    Gøran starrte sie an, sie sah mehrere rote Streifen in seinem Gesicht und auf seiner einen Hand. Er ging zu seinem Tisch zurück. Verwirrt blieb sie stehen und lauschte der Musik. Hatte Gøran sich mit jemandem geprügelt? Er war doch sonst nicht so sauer. Er war ein lebhafter, redseliger Typ mit allzuviel Selbstvertrauen. Vielleicht hatte er sich mit Ulla gestritten. Ulla war angeblich schlimmer als ein tasmanischer Teufel, wenn sie wütend wurde. Linda wußte nicht, was das für ein Tier war, aber offenbar hatte es Krallen. Gøran und Ulla waren seit einem Jahr zusammen, und Karen sagte immer, daß damit die Probleme anfingen. Linda zuckte mit den Schultern und setzte sich ans Fenster. Die Clique schaute in eine andere Richtung, und sie fühlte sich nicht willkommen. Verwirrt schlürfte sie ihre Cola und starrte aus dem Fenster. Sollte sie Jacob anrufen und von diesem Zwischenfall erzählen? War der wichtig? Aber das mußte Jacob entscheiden. Sie sollte ihn doch anrufen, wenn ihr etwas einfiel. Jetzt hatte sie Gørans Auto gesehen, und das hatte Ähnlichkeit mit dem anderen.
    Guten Tag, hier ist Linda.
    Hallo, Linda. Da bist du wieder? Hast du noch mehr zu erzählen?
    Ich weiß nicht, ob es wichtig ist. Aber es geht um den Wagen. Ich frage mich, ob es vielleicht ein Golf sein könnte.
    Hast du einen ähnlichen gesehen?
    Ja. Eben erst.
    In Elvestad?
    Ja, aber nicht denselben, ich kenne doch den Besitzer, aber er hat Ähnlichkeit. Wenn du verstehst, was ich meine.
    Sie verlor sich in Träumen. Grübelte und grübelte. Wie viele rote Autos gab es in Elvestad? Sie dachte nach. Gunder Jomann fuhr einen roten Volvo. Aber sonst? Sie zerbrach sich nun wirklich den Kopf. Der Arzt. Der hatte einen roten Kastenwagen, ungefähr so einen wie Einar. Sie nippte an ihrer Cola und sah aus dem Fenster. Horchte auf die Stimmen am anderen Tisch. »Eloise« war zu Ende. Einar klapperte mit Aschenbechern und Gläsern. Sie war sicher, daß er zu Hause auch immer einen Lappen in der Hand hielt. Er wischte Tische und Bänke und Fensterrahmen und Frau und Kinder und alles ab. Aber Gøran mit den roten Kratzern. Der hatte ihr wirklich angst gemacht.
     
    Anders Kolding war fünfundzwanzig. Schmächtig gebaut, mit braunen Augen und einem kleinem Mund. Er trug eine zu große Taxifahreruniform und weiße Tennissocken in schwarzen Mokassins. Seine Augen waren rotunterlaufen.
    »Ihr Kleiner?« fragte Sejer.
    »Er schläft im Auto. Ich wollte ihn jetzt nicht wecken. Er hat Koliken«, erklärte der Vater. »Und ich arbeite Schichtdienst. Ich schlafe zwischendurch im Wagen.«
    Er legte ein stark abgegriffenes Portemonnaie auf den Tisch. Das Leder war verschlissen.
    »Dieser Mord in Elvestad – haben Sie davon gehört?«
    »Ja.«
    Er blickte Sejer schuldbewußt an.
    »Sind Sie je auf die Idee gekommen, es könnte die Frau sein, die Sie hingefahren haben?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Kolding rasch. »Ich meine, nicht sofort. Ich fahre jede Menge Leute. Und viele Ausländer.«
    »Erzählen Sie alles über diese Frau und die Fahrt, woran Sie sich noch erinnern«, sagte Sejer. »Wirklich alles.« Er machte es sich in seinem Sessel bequem. »Und wenn kurz vor Elvestad ein Igel über die Fahrbahn geflogen ist, dann sagen Sie das auch.«
    Kolding grinste. Wirkte etwas weniger angespannt und griff wieder zu seinem Portemonnaie. Spielte daran herum, während er nachdachte. Das mit der Inderin hatte ihn bis in seine Träume verfolgt. Aber das sagte er nicht.
    »Sie kam mit einem großen braunen Koffer auf mein Auto zu. Fast widerwillig. Sie sah sich die ganze Zeit um, als ob sie überhaupt nicht losfahren wollte. Ich nahm ihren Koffer und wollte ihn in den Kofferraum packen, aber das wollte sie nicht. Sie war total verwirrt. Schaute auf die Uhr. Schaute sich um, zum Eingang. Ich wartete also geduldig. Ich war auch müde, ich hätte durchaus so lange einnicken können. Ich öffnete die Tür, aber sie wollte nicht einsteigen. Ich fragte, ob sie auf jemanden wartete, und sie nickte. Dann stand sie eine Weile vor der offenen Autotür. Und wollte wieder zum Kofferraum. Ich machte ihn auf, und sie machte sich an ihrem Koffer zu schaffen. Daran war eine braune Aktentasche befestigt. Die nahm sie ab und stieg dann endlich ein. Sie saß auf der Sitzkante und starrte aus dem Fenster. Starrte zur Wartehalle hinüber, starrte die anderen Taxis an und schaute immer wieder auf die Uhr. Ich war langsam auch verwirrt. Wollte sie nun ein Taxi oder

Weitere Kostenlose Bücher