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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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hat.«
    »Aber sie ist auf jeden Fall an der Stelle umgebracht worden, wo sie gefunden worden ist«, sagte Sejer.
    »Aber wenn sie nun zu zweit waren? Wenn in der Kneipe jemand gesessen hat, als Poona gekommen ist?«
    »Du meinst, daß beide sich an ihr versucht haben, und daß einer dann losgezogen ist und die Sache zu Ende geführt hat?«
    »Ja. So ungefähr.«
    Sejer legte vorsichtig den Koffer ins Auto.
    »Skarre. Wir müssen den Inhalt überprüfen. Und du nimmst dir Gøran Seters Freundin vor.«
    »Sehr wohl, Chef.«
    Sejer verdrehte die Augen.
    »Sie arbeitet im Einkaufszentrum, in der Parfümerie«, sagte Skarre.
    »Das macht sich doch gut, was? Ein Muskelprotz und eine Schminkpuppe, ein Paar wie aus dem Bilderbuch.«
    »Mach, daß du loskommst«, befahl Sejer.
    »Warum quengelst du eigentlich so rum?«
    »Du hast gesagt, er habe Kratzer im Gesicht gehabt. Also sieh dir sein Alibi an.«
     
    Der Koffer war nicht abgeschlossen. Zwei breite Riemen waren um ihn herum festgezurrt. Sejer drückte auf die Schnappschlösser. Zweimal war ein scharfes Klicken zu hören. Dann hob er den Deckel hoch. Nasse Kleidungsstücke und Schuhe waren zu sehen. Einen Moment lang starrte er die exotischen Farben an. Türkisgrün, zitronengelb, orange. Und Unterwäsche. Sie sah ganz neu aus und war ordentlich in Plastiktüten verpackt. Zwei Paar Schuhe. Ein geblümter Kulturbeutel. Eine Tüte mit Haargummis in verschiedenen Farben. Eine Bürste. Ein Morgenmantel, rosa und glatt wie Seide. Alles war ordentlich und dicht gepackt. Die wenigen Habseligkeiten sahen im Besprechungszimmer verlassen und seltsam fehl am Platze aus. Und zugleich wirkten sie überwältigend. Sie hatte alles in Jomanns Schlafzimmer in die Schubladen legen wollen. Die Bürste auf die Kommode, den Kulturbeutel ins Badezimmer. Die Schuhe in einen Schrank. In Gedanken hatte sie das alles vor sich gesehen, wie sie auspackte, während der Mann ihr half. Und bei ihrem Tod war sie nur tausend Meter von diesem Ziel entfernt gewesen.
    In der braunen Aktentasche fanden sie Poonas Papiere. Reiseversicherung und Paß. Auf dem Paßbild war sie sehr jung, sie sah fast wie ein junges Mädchen aus. Und schaute ernst vor sich hin.
    »Das gehört Jomann«, sagte Sejer. »Also vorsichtig damit umgehen. Es ist alles, was ihm bleibt.«
    Die Männer nickten. Sejer dachte an seine Frau Elise. Ihre Bürste lag noch immer auf der Ablage unter dem Spiegel, sie lag dort seit dreizehn Jahren und konnte nicht entfernt werden. Alles andere hatte er weggeräumt. Kleider und Schuhe. Schmuck und Handtaschen. Aber nicht die Bürste. Vielleicht würde auch Jomann die Bürste unter einen Spiegel legen. Daß Gegenstände so wichtig sein konnten. Er verließ das Zimmer und rief das Krankenhaus an. Dort wurde bestätigt, daß Jomann am Bett seiner Schwester saß.
     

IM EINKAUFSZENTRUM WAR VIEL LOS. 
    Seltsam, daß Gunwald bisher überlebt hat, dachte Skarre. Er hielt Ausschau nach der Parfümerie und entdeckte zwischen Schlüsseldienst und Wollstand einen Tresen. Eine junge Frau saß dahinter und las. Skarre ließ seine Blicke über Flaschen und Krüge und Tuben und Schachteln wandern. Wozu die wohl alle gut sind, fragte er sich. Ein bescheidenes Regalfach war für Herren reserviert. Er musterte die Flaschen und schaute zu Ulla hinüber.
    »Was würden Sie mir empfehlen?« fragte er. »Wenn ich gut riechen möchte.«
    Sie sprang auf und musterte ihn mit Kennerinnenmiene.
    »Hugo Boss ist gut. Und Henley. Kommt ein wenig darauf an, ob Sie Aufsehen erregen wollen oder nicht.«
    »Ich möchte immer Aufsehen erregen«, sagte Skarre eifrig.
    Sie griff nach einer Flasche. Öffnete den Verschluß und betupfte sein Handgelenk. Er schnupperte brav daran und lächelte ihr zu.
    »Du meine Güte«, sagte er dann lachend. »Das hier ist aber frech. Was kostet das?«
    »Dreihunderteinundneunzig«, war die Antwort.
    Skarre verschluckte sich.
    »Vergessen Sie nicht, daß hinter einem solchen Duft jahrelange Forschungen liegen«, sagte sie sachlich. »Da wird immer wieder neu experimentiert, bis die Kiste endlich klappt.«
    »Mm«, sagte Skarre. »Sind Sie Ulla?«
    Sie blickte ihn überrascht an.
    »Ja. Die bin ich.«
    »Polizei«, sagte er. »Sie können sich sicher denken, warum ich komme.« Ulla war ziemlich breitschultrig und hatte einen beeindruckenden Busen, der echt zu sein schien. Ansonsten war sie schmal, hatte lange Beine und ein überaus kunstfertiges Make-up.
    »Ich muß Sie leider enttäuschen«, sagte

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