Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
Vom Netzwerk:
immer waren in seinem Gesicht und auf der Hand, die das Glas hielt, dünne rote Streifen zu sehen.
    »Wir dachten, ihr hättet euch vielleicht gefetzt«, sagte Frank. »Wo du doch noch immer ein bißchen, wie soll ich sagen, im Gesicht gezeichnet bist.«
    Gøran lächelte. »Das war die Töle. Manchmal messen wir unsere Kräfte. Das Tier will immer wieder wissen, wer hier der Chef ist.«
    »Ach? Und was sagen die Bullen?«
    »Die wollen mit allen reden. Also, haltet euch bereit.« Gøran schloß die Hände um seinen Krug.
    »Hast du das gehört, Einar?«
    »Hier waren sie schon.« Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Sie haben einen lockigen Schulbuben geschickt. Ich kann euch sagen, mir haben vielleicht die Knie gezittert!«
    »Der war auch bei mir«, sagte Gøran. »Besonders clever kam der mir nicht vor.«
    »Die cleveren verschwinden bei der Kripo«, meinte Frank.
    Mode dachte angestrengt nach. »Ich wüßte ja gern, ob die so ein Täterprofil machen«, sagte er. »Das ist doch jetzt in Mode. Und das Schlimme ist, daß es zumeist zutrifft.«
    »Du«, sagte Nudel. »Wir sind hier nicht in Chicago.«
    »Nein. Aber trotzdem.«
    Mode redete verträumt weiter, er schien laut zu denken. »Und ich frage mich, ob Mörder gewisse Automarken bevorzugen. Ich meine, sag mir, was du fährst, und ich sage dir, wer du bist.«
    Die anderen grinsten, denn sie kannten Modes Vorliebe für schnelle Schlußfolgerungen, wenn es um Autos ging.
    »Nehmt doch mal Volvo«, sagte Mode jetzt. »Ein Volvo ist ein typisches Altmännerauto. Wie Mercedes. Denkt an Jomann und an Kalle Moe, dann seht ihr, daß das stimmt. Einer, der einen französischen Wagen fährt, hat einen gewissen Stil und Sinn für Komfort und Eleganz. Aber er ist total unpraktisch. Französische Autos sehen toll aus, sind aber die Hölle, wenn sie repariert werden müssen. Leute mit japanischen Karren sind praktisch veranlagt, haben aber kein Gefühl für Stil und Eleganz.«
    Die anderen dachten an Franks Auto und prusteten los.
    »Und dann haben wir den BMW«, sagte Mode nachdenklich. »Das sind die Jungs, die zuviel verlangen. Ein BMW ist die pure Demonstration. Während englische Wagen oft von etwas femininen Typen gefahren werden. Und dann gibt’s noch Opel«, sagte er. »Opel zeugt von praktischer Veranlagung und Selbstvertrauen. Gar nicht zu reden von Saab.«
    Wieder gackerte alles los. Mode fuhr einen Saab.
    Er trank einen Schluck Bier und starrte Gøran an. »Und was Skoda und Lada betrifft, da sag ich lieber gar nichts.«
    »Bleibt der Golf«, sagte Nudel und sah die anderen an.
    Gøran lauschte mit überkreuzten Armen.
    »Golf«, sagte Mode, »ist sehr interessant. Golf wird von Menschen mit Temperament gefahren. Bei ihnen muß alles schnell gehen, und sie sind immer in Bewegung. Sind beim Gaspedal und überall sonst flink dabei. Und vielleicht ein bißchen hitzig.«
    »Ich finde, du solltest dich der Polizei zur Verfügung stellen«, sagte Einar vom Tresen her. »Bei deinen Menschen- und Autokenntnissen. Du bist doch unersetzlich.«
    »Das weiß ich«, kicherte Mode.
    Einar schloß die Spülmaschine und knipste das Licht dreimal an und aus. Die jungen Männer grunzten unzufrieden, aber sie leerten eilig ihre Gläser und brachten sie zum Tresen. Niemand widersprach Einar. Ab und zu staunten sie darüber.
     
    Es wurde spät. Das Licht verschwand, und die Bäume waren schon zu schwarzen Silhouetten geworden. Gunwald nahm den Hund an die Leine und stapfte zum Waldrand. Er brachte es nicht über sich, die Wiese zu überqueren, er hielt sich am Rand. Der Beagle keuchte mit hängender Zunge neben ihm her.
    »Na los, Dicker«, sagte Gunwald. »Du brauchst Bewegung und ich auch.«
    Sie gingen zum Norevann hinunter. Nach hundert Metern blieb Gunwald stehen und drehte sich um. Starrte zurück zur Wiese. Die Stille quälte ihn, aber er begriff nicht, warum. Das, was passiert war, hatte ihn gewaltig erschüttert. Alle im Ort waren ihm bekannt. Jetzt hatte ein Fremder Tod und Verderben gebracht. Wenn es denn ein Fremder war. Gunwald hatte noch nie Angst vor der Dunkelheit gehabt. Er schüttelte den Kopf und ging weiter. Das war jeden Abend seine feste Route. Sie gab ihm das Gefühl, dem fetten Hund gegenüber seine Pflicht getan zu haben. Und es war gut, den zu haben. Er war vielleicht keine große, starke Persönlichkeit. Und kein Kandidat für eine Hundeschau und auch nicht gerade gehorsam. Er war einfach nur stumme Gesellschaft. Leise Pfoten. Die vertraute

Weitere Kostenlose Bücher