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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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knipste die Lampe aus und verkroch sich unter der Decke. Dieser Mann, der das Schreckliche getan hatte, würde doch niemals zu ihrem Haus kommen. Sicher war er untergetaucht. Dreihundert Menschen hatten das Hinweistelefon angerufen. Sie war nur eine von dreihundert. Doch dann hörte sie etwas. Es war ganz deutlich und keine Einbildung. Ein Schlag gegen die Hauswand. Sie fuhr im Bett hoch. Blieb sitzen und horchte atemlos. Es folgte eine Art schleppendes Geräusch. Übelkeit stieg in ihr hoch. Sie saß vornübergebeugt im Bett und griff sich an die Brust. Draußen war jemand! Im Garten! Sie setzte die Füße auf den Boden, war zur Flucht bereit. Gleich würde sich jemand unten an der Haustür zu schaffen machen. Ihre Ohren rauschten, sie konnte nicht denken. Dann war wieder alles still. Sie erhob sich und blieb dann zitternd stehen. Das Zimmer war dunkel. Sie ging zum Fenster und schob zwei Finger hinter den Vorhang. Starrte durch den schmalen Spalt. Zuerst war da nur Schwärze. Doch dann gewöhnten ihre Augen sich an die Finsternis, und sie sah die Bäume und das schwache Licht aus der Küche, das sanft auf den Rasen fiel. Und dann sah sie einen Mann. Er starrte zu ihrem Fenster hoch. Sie rannte in eine Ecke und blieb dort keuchend stehen. Das ist die Strafe, dachte sie. Jetzt wollte er sich dafür rächen, daß sie angerufen hatte. In blinder Panik rannte sie die Treppe ins Erdgeschoß hinunter. Packte das Telefon und wählte Jacobs Nummer, die Privatnummer in der Nedre Storgate, die sie auswendig konnte. Sie schluchzte in den Hörer, als er sich meldete.
    »Hier ist jemand«, flüsterte sie verzweifelt. »Er steht draußen im Garten und starrt zu meinem Fenster hoch.«
    »Verzeihung«, sagte er, »mit wem spreche ich?«
    »Linda!« rief sie. »Ich bin allein zu Hause. Da steht ein Mann im Garten!«
    »Linda?« fragte Skarre. »Was sagen Sie da?«
    Seine Stimme war eine große Erleichterung. Sie brach in Tränen aus. »Ein Mann. Er hat versucht, sich hinter den Bäumen zu verstecken, aber ich habe ihn gesehen.«
    Skarre hatte endlich begriffen, was los war, und schaltete auf einen sachlichen, beruhigenden Tonfall um. »Sie sind allein zu Hause und glauben, jemanden gesehen zu haben?«
    »Ich habe jemanden gesehen! Ganz deutlich. Und gehört hab ich ihn auch. Er stand ganz dicht vor dem Haus.«
    Jacob Skarre hatte so etwas noch nicht erlebt. Er dachte kurz nach. Beschloß, sie zu beruhigen, vermutlich war sie einfach überspannt.
    »Woher haben Sie meine Privatnummer?« fragte sie.
    »Aus dem Telefonbuch.«
    »Ja, natürlich. Richtig. Aber, verstehen Sie, ich bin jetzt nicht im Dienst.«
    »Aber was soll ich machen, wenn er ins Haus will?«
    »Haben Sie die Tür abgeschlossen?«
    »ja.«
    »Linda«, sagte er. »Gehen Sie ans Fenster. Sehen Sie nach, ob er noch immer dort draußen steht.«
    »Nein.«
    »Jetzt gehen Sie schon!«
    »Ich trau mich nicht.«
    »Ich warte hier. Ich leg nicht auf.«
    Linda schlich sich zum Fenster und starrte hinaus in den Garten. Der lag leer und verlassen da. Eine Weile schaute sie nur verwirrt vor sich hin, dann ging sie langsam zum Telefon zurück.
    »War er da?«
    »Nein.«
    »Dann haben Sie sich das vielleicht alles nur eingebildet. Weil Sie Angst haben.«
    »Sie halten mich für hysterisch. Aber das bin ich nicht.«
    »Nein. Das glaube ich auch nicht. Aber das, wovor Sie sich fürchten, das wird nicht passieren, Linda.«
    »Alle wissen, was ich gesagt habe«, schluchzte sie. »Das ganze Dorf.«
    »Und jetzt sind sie gemein zu Ihnen?«
    »Ja.«
    Sie umklammerte mit aller Kraft den Hörer. Er durfte nicht auflegen. Sie wollte bis zum Morgen mit Jacob reden.
    »Hören Sie zu, Linda«, sagte Skarre eindringlich. »Viele Menschen sind zu feige, um anzurufen. Sie sehen zwar allerlei, wollen aber um nichts in der Welt in irgendwas hineingezogen werden. Sie haben Mut gehabt, Sie haben gesagt, was Sie wissen. Und uns eine mögliche Automarke genannt, mehr nicht. Da kann niemand Ihnen irgendwelche Vorwürfe machen.«
    »Nein. Aber ich denke an Gøran«, sagte sie. »Der ist sicher böse.«
    »Dazu hat er keinen Grund«, sagte Skarre. »Wissen Sie was? Ich schlage vor, daß Sie jetzt ganz schnell wieder schlafen gehen. Und morgen sieht dann alles gleich ganz anders aus.«
    »Werden Sie den Garten denn nicht untersuchen?«
    »Das ist sicher nicht nötig. Aber ich kann auf der Wache anrufen und sie bitten, einen Kollegen zu schicken, wenn Sie das wirklich wollen.«
    »Ich will lieber, daß Sie

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