Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur
(Weibel 2007: 1).
Im Folgenden sollen künstlerische Strategien vorgestellt werden, die den Betrachter aktiv in das Entstehen eines Werkes einbeziehen
beziehungsweise Möglichkeiten aufzeigen, gängige Marktmechanismen zu durchschauen und sich diese subversiv anzueignen und
mit eigenen Inhalten und Formaten zu transformieren. Die Auswahl der vorgestellten Arbeiten reicht dabei von |248| Projekten, die vorhandene Software von Computerspielen infiltrieren und verändern bis zu digitalen
mashups
, die bestehendes Material durch Sampling und Rekombination in neue Zusammenhänge bringen und neue Lesarten generieren (vgl.
den Beitrag von Lev Manovich in diesem Band) und von Blogs, die das partizipative Potenzial des Internets für ironische Kommentare
und Reflexionen auf bestehende Medienformate nutzen bis zu subversiven Medien-Hacks, die sich kritisch mit Copyrightfragen
und frei verfügbarem Zugang zu Wissen in globalen Netzwerken auseinandersetzen. 2 Gemeinsam ist diesen künstlerischen Arbeiten, dass sie einer zunehmenden Kommerzialisierung unserer Gesellschaft nicht ablehnend
gegenüberstehen, sondern dass sie mediale Inhalte und Formate einfallsreich für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren.
Das Mitmach-Netz
Web 2.0
ist das Schlagwort, das die Veränderungen im globalen World Wide Web umschreibt. 3 Lange Zeit war das Internet ein nicht ganz einfach zu gebrauchendes System, welches ein gewisses technisches Know-how erforderte,
wenn man sich auch als Produzent betätigen und nicht nur Konsument bereitgestellter Inhalte sein wollte. Dies hat sich im
Web 2.0 grundlegend verändert. Anwender mit kaum mehr als durchschnittlichen EDV-Kenntnissen stellen eigene Beiträge ins Netz,
ein Phänomen, welches unter dem englischen Terminus
User Generated Content
ebenfalls zum Schlagwort |249| einer neuen Web-Euphorie wurde. Vereinfachte technische Anwendungen, sogenannte
Social Software
, ermöglichen es jedem durchschnittlich befähigten Nutzer, auch ohne Programmierkenntnisse an der Informationsgenerierung
im World Wide Web teilzuhaben. Es herrschen wieder Pioniertage im globalen Netz, so wie Anfang der neunziger Jahre, als das
Internet für breite Bevölkerungsschichten zugänglich wurde. Man spricht im Zusammenhang von Web 2.0 von der Demokratisierung
der Medien und trägt damit dem Phänomen Rechnung, dass sich neue soziale Gemeinschaften im Netz entwickelt haben, die mit
eigenen Regeln operieren. Die bereits erwähnte
Social Software
dient als Kommunikationswerkzeug, welches eine Interaktion und Kollaboration mehr über soziale Konventionen schafft als über
Software-Eigenschaften. Der progressive Netzwerkbegriff geht unter anderem davon aus, dass das Internet nicht nur ein Medium
zur Wirklichkeitskonstruktion ist, sondern dass es fundamental kommunikationsbasiert und damit Community- und raumbildend
ist.
Aus einer überschaubaren Gemeinschaft, die zunächst aus einer Gruppe von Internet-Enthusiasten bestand, ist eine Mainstream-Bewegung
geworden. Partizipatorische Plattformen wie MySpace, YouTube, Friendster, Second Life oder Flickr.com sind inzwischen ein
wichtiger Bestandteil der Online-Kultur. Der Unterschied zu früheren elektronischen Gemeinschaften des Internets liegt heute
darin, dass die Benutzer die Inhalte generieren, Netzwerke bilden und ihre Meinung einer globalen Öffentlichkeit gegenüber
kundtun. Das Internet in seiner heutigen Form bietet Raum für private Meinungsäußerungen und fördert einen individuellen,
persönlichen Stil. Der Gemeinschaft liegt dabei nicht nur an der Verbreitung der neuesten Nachrichten und Schlagzeilen, sondern
auch an der persönlichen Art und Weise, wie diese vermittelt werden, was eine neue Art von Authentizität schafft. Typische
Beispiele für diese Entwicklung sind die Bild- und Videoportale, wie das bekannte YouTube, aber auch die unzähligen Online-Tagebücher
und Tauschbörsen, in denen Menschen sich austauschen und ihre Meinungen verbreiten.
Mitmachen
lautet die Devise in den neu entstanden Internetportalen und -plattformen. Inhalte werden nicht mehr nur von traditionellen
Medien vorgegeben und von einem Publikum weltweit konsumiert, sondern auch von diesem Publikum selbst generiert und produziert.
Jeder einzelne Internetnutzer wird zum potenziellen Akteur im globalen Netzwerk. Aus passiven Konsumenten sind aktive Produzenten
geworden. Die Wochenzeitschrift
Der Spiegel
betitelte entsprechend einen Artikel zum
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