Kontaktversuche
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»Muß mich getäuscht haben…«
Dabei wußte ich, daß ich mich nicht getäuscht hatte… Es war
ausgeschlossen, daß ich in der Konditorei jemand anderen
gesehen hatte. Ebenso fern lag mir der Gedanke, daß Stoitschkow mich anschwindelte… Ich begriff nicht, was vorging. In dem Moment, wo der finster blickende Gast die Konditorei verließ, kam eine junge Flau im Minirock herein. Am Eingang wären sie fast zusammengestoßen, doch der Mann fing sich auf
den Zehenspitzen ab und brummte etwas vor sich hin. Die junge Frau ging langsam durch das Lokal, als suche sie
jemanden mit dem Blick, dann setzte sie sich an den freien
Tisch in der Ecke. Fast niemand beachtete sie – es war zu heiß,
als daß die Leute ohne Not Neugier gezeigt hätten. Lediglich
die Serviererin stellte für sich fest, daß sie sich nicht zu beeilen
brauchte – die war nicht gekommen, um vor der Sonne Schutz
zu suchen oder um etwas zu trinken, die war da, um zu warten.
Folglich mochte sie warten.
Sie schwatzte weiter mit dem Mädchen an der Bar. Sie stand
mit dem Rücken zu der Wartenden, und obwohl kein besonderer Anlaß dafür vorlag, empfand sie doch leichte Unruhe. Ja, ein junger Mann hatte an demselben Tisch Kaffee getrunken, aber sie erkannte noch keinen Zusammenhang zwischen
ihm und ihrer Unruhe.
Über der Bar hing ein großer Spiegel, in dem das ganze Lokal
zu sehen war. Die Serviererin bemerkte, daß der unrasierte
Mann am Tisch gegenüber schon ein paarmal nervös die Hand
hob, drehte sich um und ging würdevoll zu ihm hin. Große
Sache – noch einen kleinen Kognak. Als ob die Welt unterginge, wenn er ihn nicht in diesem Augenblick trank!
Sie brachte den Kognak und knallte das Glas wortlos vor ihn
auf den Tisch, damit er kapierte, wenn er konnte.
Dann ging sie zu dem Barmädchen zurück.
»Wenn ich was Neues anziehe«, sagte das Barmädchen,
»sieht man mir’s sofort an, daß ich’s gerade erst angezogen
habe. Aber die dort in der Ecke scheint in Kleidern auf die Welt gekommen zu sein. Warum sind manche Frauen so ele
gant?«
Sie hatte ein liebes Gesicht mit schönen Augen, aber die lange Nase machte es häßlich.
Die Serviererin war zu faul, sich umzudrehen, sie hob nur den
Kopf und schaute in den Spiegel. Die Neugekommene wartete
geduldig. Sie saß auf der Stuhlkante und hatte ihre langen, bis
weit über die Knie entblößten Beine übereinandergeschlagen. »Ich mag künstliche Wimpern nicht!« sagte die Serviererin
abfällig. »Man weiß nie, was einem passieren kann. Wenn man
gar mal weinen muß…«
Die Wimpern der jungen Frau in der Ecke waren Natur, sie
hatte nicht einmal Lippenstift aufgelegt, aber die Hitze machte
die Serviererin gehässig. Auch ihr Zorn auf den Unrasierten
mit seinem Kognak war noch nicht verraucht. Um so mehr, als
ihr selbst künstliche Wimpern nicht standen, und das war eine
richtige Ungerechtigkeit.
»Nein… Schau nur, wie hübsch sie ist. Kein Lack auf den
Haaren, und trotzdem glänzen sie. Mein Gott, warum bin ich
nicht auch so ein Püppchen!«
»Die habe ich, glaub’ ich, schon mal wo gesehen«, sagte die
Serviererin auf einmal ernst. »Aber ja! Der, mit dem sie vorige
Woche dagewesen ist, war vor einer Weile hier, ist aber wieder
gegangen.«
Dieses Mal war sie nicht zu faul, sie drehte sich um und musterte sie abschätzend.
»Sie ist es! – Eine ganze Stunde haben sie in der Ecke rumgeknutscht. Deshalb hat sie sich wieder dorthin gesetzt. Wir
beide sind auch jung, aber die bietet was… Stört sie nicht viel,
daß das Lokal voll ist. Solche Langbeinigen, Langhaarigen
gibt’s die Menge… Aber der Junge! Die heutigen sind wie die
Spatzen, keinen Mumm, aber dicke tun, bloß viel Wind um
nichts… Aber der hat mir gefallen.«
Der Unrasierte rutschte wieder auf dem Stuhl hin und her und
hob die Hand.
»Ja doch, hab’s gesehn!« sagte die Serviererin gereizt. »Bin
schließlich keine Rakete.«
Seine Ungeduld störte sie beim Schwatzen. Sie ging hin, um
ihm einen Kognak zu bringen, doch es stellte sich heraus, daß
er zahlen wollte, und sie wurde wütend: »Als ob nur Sie zahlen
wollten!«
Dann kehrte sie zu dem Barmädchen zurück, stand einen Augenblick reglos da, seufzte und fuhr fort. »Ich mag solche
Männer«, sagte sie träumerisch und meinte damit selbstverständlich nicht den Unrasierten. »Hab’ noch keinen gesehen,
dem ein grauer Anzug so gut gestanden hätte. Aber sie hat ihn
ganz zerknautscht, daß er aussah wie ein Landstreicher. Anstatt
daß er sie, hat sie ihn! Das begreife,
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